Also, vor langer, langer Zeit sind wir
ja mit idealistischen Grundsätzen angetreten. Wir behandeln unsere
Kinder freundlich und liebevoll, erklären ihnen unsere sinnvollen
Familien-Regeln, die wir konsequent beachten (denn auch wir haben
gelesen, und Konsequenz ist das A und O!). Und schon läuft der Film!
Wäre doch gelacht!
Jeder, der Kinder hat, weiß: Nun ja. Netter
Versuch. Was davon übrig bleibt: Ja, man muss konsequent sein. Da sind
sich alle einig – Eltern, ErzieherInnen, LehrerInnen etc. Schließlich
sind wir alle gereifte Erwachsene, die aufgrund ihrer Lebensweisheit
ihre Kinder sanft, aber bestimmt in die richtige Richtung lenken. Und es
klingt doch echt gut, oder nicht?
Aber nun sind wir mal ein
bisschen ehrlich. „Konsequent sein“ bedeutet in den Augen der Kinder
nichts anderes als: Sie haben durch schlimme Erfahrungen GELERNT, dass
Mama, wenn sie wieder mal austickert, ein absolut hinterhältiger
gemeiner Ober-Fiesling sein kann – nein, sein WIRD, der seine
unausgegorenen und völlig krausen Ziele wie „wir schreiben unsere
Hefteinträge in einer Form, dass es NICHT aussieht, als sei ein bizarres
Insekt durch den Ur-Schlamm gerobbt“ oder „Wer im Supermarkt mit Äpfel
herumschmeißt, kriegt Probleme, und zwar mit mir“, mit zähester
Bulldoggen-Zielstrebigkeit verfolgt und sich auch nicht von dem 501.
Versuch, dem zu entkommen, davon abbringen lässt! Ich würde mal sagen,
so wird man, der man sich eigentlich als freundlichen Zeitgenossen
auffasst, nicht wirklich gern gesehen, aber das ist halt der Job. Und
dringend notwendig, sonst ist man dem absoluten Wahnsinn geweiht.
Allerdings muss man auch warnen: Die Drohungen, die man so ausstößt,
sollte man auch durchziehen können, sonst nimmt einem keiner den bösen
Polizisten mehr ab! Stichwort „böse Falle Selbstbestrafung“: In einem
undisziplinierten Moment drohte ich Mario, ihm den Urlaub bei Oma und
Opa zu streichen, wenn er… ich weiß es nicht mehr. Aber ich erinnere
mich sehr wohl, wie ich Blut und Wasser geschwitzt habe: Was ist wenn?
Wie konnte ich nur??? Ich werde Omas und Opas Zorn auf mich ziehen, drei
Kinder gleichzeitig für WOCHEN ununterbrochen an der Backe haben, was
ist nur in mich gefahren??? Hoffentlich war die Drohung schlimm genug!!!
Zum Glück: Sie war es. Ich war nicht in der Klemme, meine Entscheidung
revidieren zu müssen. Das war lehrreich. Also, für mich. Mein Sohn, dem
bereits bekannt ist, dass ich eine konsequente
Erziehungsberechtigte/obergemeine Fiesmama sein kann, hat daraus keine
weitere Weisheit gezogen.
Geht das nicht ein wenig kollegialer?
Freundlicher? Selbstverständlich! Nur man muss manchmal den Claim
abstecken. Es geht nicht anders, ich kann nicht bei jedem Einkauf im
Supermarkt vor der Alternative stehen, ich lege 20 Euro für
Schnickschnack hin oder drei Kinder legen sich lang.
Und dann ist
auch alles gut. Also, für uns selber gut. Die Kinder sind noch immer
unvorstellbar laut, kabbeln sich wegen Kleinigkeiten, sind mal müde, mal
schlecht gelaunt, widerborstig, also in den Augen mancher garstige
Gören, aber die, die dann herummeckern, sollen es mal besser machen.
Nächster Erziehungsklassiker. Stichwort Zuckerbrot & Peitsche:
Selbst wenn man – wie ich – praktisch nie fernsieht, liebe ich den
Fernseher doch irgendwie. Ich habe meinen Ältesten eineinhalb Jahre mit
allen Mittel bearbeitet, um ihn schulisch wirklich gut zu motivieren.
Vorlesen. Selber Geschichten erzählen und auch aufschreiben. Besuche in
der Stadtbibliothek. In meinen Augen sehr lustige Bücher ausleihen
(Mario: „Da steht Lesespaß drauf. Wieso? Ich habe keinen Lesespaß!“)
Basteln. Malen. Ja, die Kinder lieben es! Aber was hat das mit Schule zu
tun? In den Augen meines Ältesten – nichts! Nach so langen fruchtlosen
Versuchen akzeptierte ich schließlich, dass wir so nicht weiterkommen.
Zeitgleich fing bei dem pädagogisch ambitionierten Sender „Super RTL“
eine Staffel „Bugs Bunny“ an. Die Koppelung von „Bugs Bunny“ an
schulisches Wohlverhalten war eine meiner pädagogischen Glanzleistungen
und katapultierte meinen Ältesten ganz nach vorn! Auch die anderen
Kinder erfüllte nunmehr allergrößte Sorge, den Ansprüchen des artigen
Bugs-Bunny-Sehers nicht zu genügen! Da hätte ich mir dieses ganze
Motivations-Bohei ja schenken können. Mei, warum nicht gleich so? Dann
ist doch alles gut, oder? Was steht dem Projekt „Durch Bugs Bunny zum
Nobelpreis“ noch entgegen? Leider, wie bei allen supertollen
Erziehungtipps, unsere Kinder. Denn Bugs Bunny elektrisiert sie derart,
dass sie über Stunden nicht mehr zu beruhigen sind und die ohnehin schon
unerträglich späte Schlafenszeit sich noch weiter verschiebt. Also,
jeden Tag Bugs Bunny, das halte ich einfach nicht aus. Daher halte ich
mich schlicht an die GOLDENE und EWIGGÜLTIGE und PERFEKTE
Erziehungsregel: Wir wurschteln uns halt weiter irgendwie durch.
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