Schlecht: Die
Anzahl der Eingeladenen ist mir nicht bekannt (z.B. die halbe Schule?).
Gut: Sohnemann
hat nur einen einzigen Wunsch.
Schlecht: Das
komische Spiel ist erst ab zwölf. Pädagogisches Geplapper kann ich mir sparen,
ich kann es aber nicht abstellen.
Gut: Sohnemann
hat konkrete Vorstellungen über den Ablauf.
Schlecht: Sämtliche
Outsourcing-Vorschläge wie Kino etc. werden abgeschmettert. Außer Zocken gibt
es kein Programm. (Ich bin ja so raffiniert: Ich werde sie trotzdem zwingen,
die Wohnung zu verlassen. Habe eine Piñata gekauft, die wir draußen im Freien
aufhängen werden.)
Gut: Beim Zocken
sind sie leise und zerstören NICHTS (eine neue Erfahrung). Es ist egal, wie
viele Jungs daran teilnehmen.
Schlecht: Ich
finde das trotzdem ein bisschen gruselig.
Also, ich bin
eine erfahrene Event-Managerin, ich habe bereits ca. 17 Großveranstaltungs-Kindergeburtstage
überlebt; bei Kindergeburtstagen ist das ähnlich wie mit Hundejahren, also
bitte mal 7 nehmen (mindestens) = ich bin die absolute Queen in dem Metier und
bin jetzt gefühlt Einiges über 100. Daher kann mich die Vorstellung, dass eine
riesige Meute unsere Wohnung stürmt, in keinster Weise schrecken
(Geburtstags-Demenz). Es sind auch nur acht Jungs, d.h. wir sind insgesamt 10
Jungs und ein kleines Mädchen. Das kleine Mädchen ist abgehärtet, d.h. es
findet nichts dabei, als 4-Jährige zwischen lauter Riesenkerlen herumzutoben. Tja,
ein Teil von Felicitas` Freundinnen lehnt es ängstlich ab, unsere Wohnung zu
betreten, weil da die wilden Kerle wohnen. (Ich wünschte, ich könnte das auch so
machen.) Der zu Feiernde selbst lehnt (noch) die Gesellschaft von Mädchen, die
mit ihm nicht verwandt sind, kategorisch ab. Es hätte ein Mädchen gegeben, das
er zur Not als Gesellschafterin für die Schwester hätte ertragen können, aber
das hatte keine Zeit; somit nur wilde Kerle.
Vorbereitung:
ich kaufe eine Piñata, und eine riesige Menge Süßigkeiten. Außerdem eine
riesige Menge Pommes, schlimme Getränke und diese furchtbaren Chicken Nuggets.
Den Kuchen und Muffins habe ich outgesourct an Kuchenbackqueen OMA. Fertig!
Selbstverständlich fehlt die liebevolle Geburtstagsdekoration bei uns auch
nicht: Ich gebe den Kindern Luftschlangen und Luftballons zum Werkeln. Also,
fünf Kilo zerrissene Papier- und Gummiteilchen in der Wohnung, das schaut schon
geil aus, eine hochkarätige Innenarchitektin hätte es nicht besser hinbekommen.
Seufz. Ich hole Schaufel und Besen und kehre das Zeug weg.
Im Vorfeld gibt
es einen Riesenstreit, wer die Piñata befüllen darf. Bitte stellt Euch
Haareausreißen, Boxtritte, gellendes Kampfgeschrei etc. selbst vor. Mir fehlt
die Kraft, dies zu beschreiben. Dennoch halte ich an dem Projekt Piñata fest,
und zwar aus einem einzigen Grund: Nur so kann ich die Horde wenigstens für
kurze Zeit aus meiner Wohnung locken; hier drin können wir nicht riskieren,
dass diese riesigen Bengel mit einem Stock auf das fragiile Objekt zielen. Wir haben zwar
kaum noch Dinge, die noch irgendwas taugen, aber DIE wollen wir behalten − bzw.
ICH; bei meinem Mann („Mach die Piñata doch innen, das wird super!“) habe ich
den Verdacht, er freut sich schon auf Methulasalix` Ableben, um sich einen
RICHTIG RICHTIG großen Fernsehbildschirm zu kaufen: nur über meine Leiche.
Außerdem steht die Notaufnahme heute mal nicht auf der Agenda.
Also, erst mal
„Happy Birthday“ singen und Kerzen auspusten. Blöderweise sitzt der ANDERE auf
dem Geburtstagsstuhl und lässt sich nicht vertreiben. Dem Geburtstagskind ist
das zum Glück egal und so pustet er halt von seinem Stehplatz aus seine Kerzen
aus. Ich lasse die Truppe mampfen und dann: Zackzack, auf zur Piñata.
Meinem Mann
(offizieller Piñata-Beauftragter) schärfe ich ein, dass er erst in einer halben
Stunde zum Spielplatz nachkommen soll. „Warum?“ Irgendwie habe ich es satt,
andauernd zu debattieren. „Egal.“ Wieso hört nicht einmal mein Mann ohne
lästige Gegenfragen auf mich? Ich habe einen schwachen Moment, sowas rächt sich
natürlich.
Eine Meute
stürmt den Spielplatz, wir beiden Ölgötzen mit der Piñata hinterher. Dummerweise
habe ich die Piñata diesmal nicht selbst gebastelt (erdbebensicher, hält ewig;
Anleitung: Einen Riesenluftballon mit Schleim aus Zeitungspapierstreifen und
Wasser/Mehl-Mischung bestreichen, dies über mehrere Tage mehrmals wiederholen),
sondern gekauft. Das Kauf-Ding ist dermaßen fragil, dass es vielleicht für
einen Dreijährigengeburtstag hält. Immerhin ist mein Mann ein begabter Piñata-Artist
und schwenkt das Teil so geschickt herum, dass weder ein Kind zu Schaden kommt,
noch das doofe Ding platzt. Für 15 Minuten. Dann reißt es, die Süßigkeiten
quellen heraus, alle stürzen sich darauf und raffen ihre Schätze an sich
(inklusive einem Gast, der uns irgendwie zugelaufen ist – das passiert bei Piñata
allerdings öfter) … und schwupps … sind alle weg. Das war die Antwort auf das
„Warum erst in einer halben Stunde?“. Wir stehen wie die dummen Schafe auf dem
dummen Spielplatz, während die Jungs keine wertvolle Sekunde auf Freiluft-Aktivitäten
verschwenden und nach Hause zischen. Mein Mann und ich gucken blöd aus der
Wäsche. „Scheiß drauf, gehen wir halt auch wieder rein!“
Die Jungs sitzen
gemütlich beim Kirchenkränzchen … äh besinnungslosen Computerzocken und mampfen
Süßigkeiten. Ich glaube ja nicht, dass sie danach noch Essen zu sich nehmen
können, aber meine Tiefkühltruhe ist voll: „Wollt Ihr noch Pommes und
Nuggets?“, frage ich halbherzig. „JAAAAAAAAAAAAA!“
Aber gerne doch.
Ich gerate kurz in ein Mama-Verzückungs-Koma, als ein wohlgeratener Junge mich
fragt: „Kann ich etwas helfen?“ Hallo??? Kann ich den adoptieren/eintauschen
(heute Sonderaktion 2 für 1)? Das habe ich ja noch NIE gehört. Ich drehe durch!
Felicitas kuschelt sich an ihren Lieblings-Jungen – auf den steht sie schon seit
Jahren, und das will bei einer 4-Jährigen ja etwas heißen. Unglaublicherweise
vertilgen die Kinder riesige Mengen und verlangen immerzu nach mehr!
Auch eine neue
Erfahrung: Kinder, die selbständig auf die Uhr sehen und sagen: „Wir müssen
jetzt nach Hause!“ Mario ist ja meist relativ leicht zu orten, aber Timmy … er
hat bereits im zarten Alter von 4 Jahren geschafft, die Flucht zu ergreifen,
und tauchte erst just in dem Moment wieder auf, als ich dabei war, die Polizei
zu rufen (kein Witz). Ich glaube auch nicht, dass meine Kinder schon mal zu
irgendwem gesagt haben, sie müssten jetzt nach Hause. Außer zu uns versteht
sich. Kaum haben wir es uns in dem Biergarten mit Spielplatz (!) gemütlich
gemacht, haben die Kinder schon ihre Getränke heruntergestürzt, die Pommes
gemampft, sogar ordnungsgemäß meine Weinschorle umgeschmissen … und wollen das
langweilige Gefilde schon wieder verlassen. Aber freiwillig von einem Fest
heimgehen? Nein. Da muss schon ein strenger Anruf oder ein
Spezial-Einfang-Komitee erscheinen. Geheimtipp: Ich schicke ein nicht
eingeladenes Geschwisterkind zum Abholen. Das ist dann meist sehr zackig
darauf erpicht, dass der blöde Bruder/die blöde Schwester endlich aufhört,
Bonbons zu fressen, um zu Hause von den gelangweilten Geschwistern gründlich
durchgepiesackt zu werden. „Noch fünf Minuten“ gibt’s da nicht.
Nun ja, irgendwann
sind alle Kinder friedlich von unserer Feier abgezogen oder abgeholt worden.
Freudig sehe ich mich um: Keiner hat etwas angezündet, Schokotorte auf dem Bett
verschmiert oder Wasser über das Laptop geschüttet. Wer sagt’s denn? Diesmal
habe ich meine sieben Hunde-…äh Geburtstagsjahre ja echt leicht verdient.