Donnerstag, 31. Juli 2014

Die Sportskanone



Ich habe mich entschlossen, mit dem Joggen anzufangen. Zum gefühlt 100. Mal. Problem: Es gefällt mir eigentlich gut, aber mir ist auch schnell langweilig. Und damit das endlich klappt, habe ich mir den Luxus eines Personal Trainers gegönnt! Um genau zu sein, habe ich sogar zwei, die ein komplettierendes Konzept verfolgen. (Trainer 3 ist eher für Extrem-Climbing zuständig, das mach ich dann später.)
Zunächst wurde mal mein Fitness-Stand abgecheckt. „Mama, warum rennst Du eigentlich so langsam?“ „Das mache ich extra so. Um meine Kräfte einzuteilen“, antworte ich überzeugt. (Und das seltsame Röcheln kommt wahrscheinlich von einem alten Bus, der gerade vorbeifährt!) „Mama, kannst Du das?“ (Salto in der Luft und anschließendes Auf-dem-Boden-Wälzen). „Äh… vielleicht können wir erst mal laufen?“ Fitness-Trainer sieht bedauernd, tja-hexen-kann-ich-auch-nicht-mäßig auf die zu trainierende Fleischmasse. „Na, okay. Ich laufe mit Dir, wenn Du willst.“ Ja wunderbar!
Zunächst trainierte ich – wegen des ständigen Disziplin-Wechsels zu Kick-Boxen – nur mit einem Partner. Ich wurde sehr professionell und kurzweilig angehalten, zum Waldrand zu rennen, dort bekam ich eine Pause verordnet und musste sogenannte Gymnastikübungen vollführen. „Nimm diese Blume, halte sie ganz hoch und schreie so laut Du kannst!“, dann einen Eislaufprinzessinnen-Drehsprung, anschließend Yoga-artige Verknotungsübungen, nachher noch ein langer meditativer Blick in den Froschteich. Die Übung: „Jetzt fünf Kaulquappen einfangen“ verweigerte ich (ich dachte, die gibt’s nur im Frühling, aber diese ekligen mega-spermium-artigen Tierchen, die ich ganz sicher nicht anfassen werde, sind vielleicht tatsächlich Froschnachwuchs), im „unsichtbare Kaninchen-Fangen“ war ich aber wider Erwarten ganz gut. Triumphierend beobachtete ich, dass man vom anfänglichen 100-Meter-Sprint immer wieder zu Pausen überging. Aha! Da geht uns ja die Luft aus!!!! Haha! Lektion rübergebracht, gell! Man muss sich die Kräfte eben EINTEILEN! So wie ich!
Allerdings musste ich dann feststellen, dass dies aus reiner Langeweile stattfand. Denn als ich auf das flehende Bitten und steinerweichende Versprechungen, man würde das Hauen WIRKLICH sein lassen, einging, zeigten mir die beiden Trainer, was eine Harke ist. Also, sie flitzten nicht nur los wie die Wahnsinnigen, sondern das war erst der Anfang! Da sie der Ansicht waren, die vor sich hin keuchende Seniorin käme jetzt langsam ohne ständige Überwachung auf ihre Vitalfunktionen zurecht, machten sie Wettrennen, dass die Schwarte krachte, und rannten zurück, um mich wieder abzuholen. Die Strecke „bis zum Waldrand“ wurde als zu anfängerhaft abgelehnt, das heißt, ich musste noch ne Extrarunde drehen. Ich war sehr stolz, dass ich die vierzig Minuten (mit Pause... wie war das noch mit dem Kräfte Einteilen???) durchhielt und bekam von Trainer 1 eine Bronze-Medaille. Danach musste ich kurz unters Sauerstoffzelt. Meine beiden Trainer waren natürlich frisch wie der junge Morgen, waren aber vor ihren nächsten Kick-Box-Einheiten immerhin 5 Minuten mit Medaillenbasteln und -verleihen beschäftigt. Die Illusion, dass sie aufgrund irgendeiner wie auch immer gearteten Tätigkeit dazu gebracht werden können, früher schlafen zu gehen, habe ich bereits vor langer Zeit begraben, aber hey, wenn wir 10 Kilometer schaffen, sind wir doch schon bei ca. 15 Minuten Basteln!!! …. Man wird ja noch träumen dürfen, oder?

Freitag, 25. Juli 2014

Urschrei-Therapie



Also, es gibt ja diese Momente, in denen man sich fragt, warum? Was habe ich verbrochen? Warum tut sich nicht einfach die Erde auf und ich versinke – und das ALLEIN. Wenn ich zum Beispiel wie heute mit allen drei Kindern zum Impfen muss, kann ich mich grundsätzlich zwischen Pest und Cholera entscheiden: Entweder ich tue es mir an, mit allen dreien gleichzeitig hinzugehen, oder ich splitte die Gruppe, muss aber dafür den ganzen Spaß zweimal mitmachen. Ich muss sagen, heute habe ich Pest UND Cholera gewählt, da ich es nicht lassen konnte, ein Triple zu wagen. Der Zeitplan ist ein wenig knapp, daher die Premiere: Wir fahren mit dem Fahrrad hin! Also Felicitas mit mir im Kindersitz hinten, die Jungs auf ihrem eigenen Fahrrad. Soweit, so schön der Plan. Als ich schwitzend versuche, die mikado-mäßig ineinander verhakten Fahrräder der Jungs aufzusperren und dann noch mein eigenes Fahrrad aus dem Fahrradkeller heraufschleppen muss, kommen mir erste Zweifel. Ich blöke Mario an, dass er gefälligst absteigen soll und auf Felicitas aufpassen, während ich mich in den unterirdischen Gedärmen des Hauses zu schaffen mache. Mario: keine Reaktion. HALLO?! HÖRST DU??? Ich pfeffere in einer infantilen Trotzreaktion (von wem hab ich das bloss?) das Fahrradschloss auf den Boden. Plastik vom Fahrradschloss bricht. Der im vorigen Moment noch völlig taub und unbeteiligt wirkende Mario kommentiert wie aus der Pistole geschossen: „Du hast das Schloss kaputtgemacht!“ Ja, danke für den Hinweis. „Nein, das geht noch“, behaupte ich selbstbewusst.
Die Fahrt klappt ganz prima. Alle hören auf meine Hinweise: „Kein Wettrennen, nicht gegen Menschen und Autos fahren!“ Im Wartezimmer lese ich ca. drei Minuten in der GALA, von Menschen, die Zeit haben, sich schicke Abendroben anzuziehen und sich dreimal die Woche die Fingernägel machen lassen oder einfach den ganzen Tag Fußball spielen. Toll! Der Kinderarzt hat leider eine akustisch etwas unglückliche Kombination von äußerst hellhörigem Laminatboden und eierschachtelgroßen Plastiklegosteinen gewählt, die von meinen Söhnen zu gigantischen einstürzenden Neubauten aufgestellt werden. Ein Mutter mit einem sehr leisen Mädchen sieht mich böse an. JAJA! ICH WEISS! ICH LASSE IHNEN AM BESTEN GLEICH EINE GROSSE PULLE RITALIN VERSCHREIBEN!
Den Kinderarzt hasst Felicitas, und da sie eh schon schreit, lasse ich sie zuerst picksen. Mario ist es egal. Mannhaft erträgt er den unglaublichen Schmerz. Timmy will nicht. „Dann weine ich.“ „Macht nichts, dann weinst Du halt ein bisschen.“ Ein bisschen? Eine Feuerwehrsirene ist sanfte Meditationsmusik gegen das infernalische Höllengeschrei, das nun nach dem Picks losbricht. Timmy brüllt. Ich trage ihn aus dem Sprechzimmer. AAAAAHHHH!!!!! AUAHHHHH!!!! AAAAHHHH! BRRRR! HEULLLL!!! Rotz und Tränen quellen in breiten Strömen auf sein T-Shirt und seine Hose. Ich trage Timmy auch noch aus dem Wartezimmer, aber Timmy rennt zurück und weigert sich die Praxis zu verlassen. HEEUUULLLL! Also, ich kann einen 18 Kilo schweren Fünfjährigen einige Meter weit tragen, aber ganz sicher nicht bis nach Hause. Timmy heult so laut, dass das gesamte Gebäude in seinen Grundfesten erbebt. „Timmy, möchtest Du kommen?“, frage ich geheuchelt sanft (Gedanke: Verdammt! Das dauert doch jetzt Stunden, bis der sich beruhigt!). „HEUUUULLLL!“ „Timmy, wenn Du nicht kommst, nimmt Dich der Doktor mit nach Hause!“ „AAAAAHHHHHH!!!!! SCHREIIII!!!!“ Ich beschließe, das Wartezimmer zu verlassen, vielleicht kommt er dann. Mario weigert sich, seinen Bruder allein zu lassen und hätschelt an ihm herum. „SCHREEEIIII!!!!! AAAUAH!!!!“ Mario kommt zurück. „Timmy will nicht.“ Ach was? Welche Überraschung! Also, Leute, das ist ein klassischer Trotzanfall. Hier heißt es Ruhe bewahren und abwarten. GRRRR! Ich lächle mit gefletschten Zähnen und blättere pro forma in einer Kinderzeitschrift. Ich warte. Und warte. Und warte. Die Sprechstundenhilfe, die mich immer, wenn ich komme, so mitfühlend freundlich anlächelt, geht rein und fragt Timmy, ob sie ihn nach Hause mitnehmen soll. „JAAAAUUUL!!! HEUUUULLLL!!!!“ Anscheinend nicht. Mein holder Gemahl ruft an, dass er gleich nach Hause komme. „Sehr schön. Auf Wiedersehen“, raunze ich. „Timmy, willst Du hierbleiben und warten, dass Dich Papa abholt?“ „AAAAAH! SCHREIIII!“ Auch nicht, ok. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist Timmy endlich bereit, die Praxis zu verlassen.
Draußen erfahre ich, was der Preis dafür ist: „Du musst mir Würstchen kaufen.“ „Ja gut.“ „Drei Stück.“ „Nein zwei.“ „Drei.“ Timmy ist als Verhandlungspartner ein harter Knochen. Entweder ist er so charmant, dass man ihm alles geben will, weil er so lieb ist, oder so dermaßen garstig, dass man alles tun wird, nur damit er die Klappe hält. Ich sage trotzdem „zwei“. „HEUUULLLL!“ „Geht mal auf den Spielplatz!“ Ich lasse die Jungs einige furchterregende Stunts vollführen, damit sie sich abreagieren (zur Not ist ja der Doktor nicht weit, gell). Und den Weg zum Würstchenstand wird er schon finden! Ich muss nur noch drei Fahrräder aufsperren, was wegen des ramponierten Fahrradschlosses etwas erschwert ist (was ich aber nicht erwähne), ein Kind in den Sitz setzen, die anderen beiden ermahnen und los geht’s.
Nach fünf Minuten Fahrt alles wieder in die umgekehrte Richtung, da wir ja Würstchen kaufen müssen. Timmy latscht mit Turnschuhen im Brunnen vor dem Einkaufszentrum herum – SAPP! SAPP! SAPP!. „TIMMY!!!! Komm da raus!“ Felicitas schreit begeistert: „Auch baden! Auch baden!“ Ich weise Mario an, sie festzuhalten, bevor sie sich sämtliche Kleider vom Leib reißen kann, während ich die blöden Fahrräder absperre. Glücklicherweise ist die Gute noch in einem Alter, in dem man sie problemlos packen und abtransportieren kann. Während ich die Würstchen im Einkaufszentrum kaufe, rennt sie natürlich auf und davon zur Rolltreppe. Zum Glück habe ich Mario, der sie kurz davor abfängt. Ich sammle meinen Geldbeutel, der während dieser ganzen Vorstellung auf den Boden gefallen ist, wieder ein. So! Ab nach Hause! Ich sperre die Fahrräder wieder auf…. Wir radeln heim… Und zwei Minuten später sperre ich die Räder wieder ab….
Timmy frisst natürlich doch drei Würstchen. Sein Bruder, der sich die ganze Zeit gut benommen hat, ist der Gelackmeierte, dem ein Würstchen fehlt. Was soll ich sagen? „Das Leben gibt Dir eine Zitrone? Mach Limonade draus! Das Leben gibt Dir kein Würstchen? Nimm den leeren Würstchenbeutel und falte Dir einen Nintendo draus!“
Darüber muss ich jetzt noch mal nachdenken! Und zwar ALLEIN!


Dienstag, 22. Juli 2014

Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein …



Von dem Projekt Badesee lasse ich ja trotz einschlägiger Erfahrungen in den letzten Jahren nicht ab! Im Gegenteil, meine Lieben! Sichtbares Zeichen meiner Unbelehrbarkeit: Ich habe beim Discounter eine wunderbare selbstentfaltende Strandmuschel (also ein kleines Zelt!) gekauft, die unsere Großfamilientreck-Ausrüstung noch um ein weiteres Detail verschönert. Das Entfalten ist wirklich kinderleicht, d.h. man wirft sie hin und schon ist das Zelt aufgestellt - das Knifflige allerdings das Wieder-Zusammenfalten. Entweder man ist Extrem-Origami-Künstler mit schwarzem Gürtel oder hat einen Handwerker (und ein youtube-Video!) im Haus, wie meinen geliebten Ehemann, der sich dann fluchend mit rotem Kopf daran zu schaffen macht („Ich kann nicht, wenn mir alle zuschauen!“ – „Doch mein Schatz, zu Hause geht es doch auch! Vergiss die anderen!“).
Meine Kinder sind erstaunlicherweise unmotiviert. Mario ist trotz der Hitze mit Wollsocken und langen Hosen bekleidet, aber mir kann er keine Krankheit vortäuschen. Er will am liebsten zu Hause sitzen und seinen Bruder quälen. Der Gequälte will am liebsten zurückquälen. Mein Mann sagt diplomatisch mit unverständlicherweise ebenfalls leicht gequälten Gesichtsausdruck, er mache das, was ich vorschlage. Felicitas ist natürlich vor Begeisterung nicht zu halten. Also überstimmt!
Unser Gepäck besteht aus 4 Badehosen, einem Badeanzug, drei großen Strandlaken, einer Kühlbox mit einer großen Wasserflasche, 5 Butter-Knäckebroten, 4 kleingeschnittenen Äpfeln, 1 Sonnenmilch, 1 Zeitung, 1 Wasserball, 2 Paar Schwimmflügeln, 2 Windeln, 1 Packung Feuchttücher. Also die Light-Version (was kann man denn noch alles mitnehmen??? Zum Beispiel haben wir das mannshohe Schwimmkrokodil zu Hause gelassen, mutigerweise auch die Wechselwäsche, und das Essen auf eine minimale Überlebensration eingedampft!). Wir fahren los! Ich bekomme von meinem Mann wie immer eine kleine liebevolle Einführung in das korrekte Festgurten von Felicitas im Kindersitz („Ich habe Dir schon 1000 Mal gesagt…“ Mir war schon 1000 Mal klar, dass ich das Gepfriemel hasse und stelle mich auch die nächsten 1000 Mal blöd, auch wenn ich dann das Gemecker ertragen muss). Los geht’s! Parkplatzsuche, hmm… irgendwie scheint der See weiter vom Parkplatz entfernt zu sein, als ich dachte … so mit Gepäck … Moment mal, was ist denn das??? Ein Beach-Volleyballfeld??? Schnell die andere Abbiegung nehmen… Zu spät, Felicitas entdeckt das Beach-Volleyballfeld und will da mitmachen: Dahin! Dahin! Ball! Ball! Mein Mann nimmt Felicitas rasch auf die Schultern, um die Volleyballer vor einem Kleinkinderansturm zu retten, und wir stapfen tapfer weiter voran. Timmy hilft immerhin beim Tragen, indem er den Wasserball hält (geschätztes Gewicht: ca. 10 Gramm). Endlich am See! Herrlich! Wir entfalten die Strandmuschel – gerade zur rechten Zeit, als die ersten Regentropfen fallen. … Diese schwarzen Wolken sehen aber gar nicht gut aus – waren die vorher auch schon da, oder habe ich die in meiner Euphorie weginterpretiert? Egal. Felicitas und Timmy stürzen sich in die Fluten. Mario begnügt sich damit, seine Turnschuhe mit den Wollsocken nasszumachen und dann mit der Schlamm-Patina in der Muschel herumzulaufen. Mein Mann schnappt sich die Zeitung. Ich betrachte sorgenvoll den Himmel. Mein Mann schlaumeiert herum: „Wollte ich Dir vorher schon sagen. ICH komme aus den Tropen und kenne mich aus mit dem Wetter (sind wir hier in den Tropen???). Es wird gleich regnen! Aber Du hörst ja sowieso nicht auf mich.“ Wie bitte? „Aber macht nichts, wenn es regnet, setzen wir uns halt in die tolle Muschel! Haha!“ Dicke Tropfen prasseln mittlerweile hernieder. Verdammt! Jetzt muss ich ihm auch noch rechtgeben! Die Strandmuschel ist zum Glück in Nullkommanichts zusammengefaltet, mein Mann kann ja besser, wenn nicht so viele Leute zuschauen, und in der Tat haben die meisten Badegäste den See schon verlassen. Wir packen alles ein, inklusive der kreischenden Felicitas, die weiter baden will. Timmy rennt fast in ein Auto, aber wir schaffen es mit drei lebenden Kindern zu unserer Familienkutsche zurück. Naja, die Bilanz: eine halbe Stunde Packen, eine halbe Stunde Anfahrt mit Parken und zum See Laufen, 15 Minuten See, und das Ganze noch mal rückwärts. Ich muss jetzt nur noch die schlammigen Handtücher waschen, die nassen Sachen aufhängen und die mittlerweile leere Kühlbox ausräumen. Herrlich! Ich freu mich schon aufs nächste Mal!

Montag, 21. Juli 2014

Schlaflos

Da ich mich ein wenig schlecht fühle, gehe ich heute mal um 21 Uhr schlafen! Jawoll! HAHA! Das verklickere ich allen, die mich aufgrund des Entwicklungsstandes ihres Intellekts verstehen können (wie ich hoffe), einschließlich meinem Ehemann. Punkt 21 Uhr sinke ich in die Laken. Ahhhh, wie schön. 21.01 Uhr: Röchel! Ärghhh! Würg! Platsch! Meine Tochter fängt zu spucken an. Ich ziehe also das Bett ab und lege überall Handtücher aus. Prognose: Das sieht nicht gut aus. 21.20 Uhr: Röchel! Ärghhh! Würg! Platsch! Die Jungs beobachten angeekelt das Naturschauspiel. Timmy bezieht ein selbst gebautes Lager auf dem Boden des Zimmers, von dem er sich verspricht, nicht im Schlaf von Kotze überschüttet zu werden. Viel Glück! Um 22 Uhr werfe ich die Waschmaschine an, Schnellprogramm, jetzt können die Laken schon mal nachts trocknen, denn da wird noch mehr kommen…. 22.20 Uhr: Ich hänge die Wäsche auf. Röchel!!! Spuck!!! Ich ziehe die Wäsche ab und wasche das Kind ab. Wieder ins Bett… Ärggh!!!! Würg!!! Spuck!!! Ich ziehe die Wäsche ab, wechsle mein Nachthemd und wasche meine Füße und das Kind ab. Um 23.30 Uhr schreit Felicitas plötzlich nach ihrem Papa. Papa! Papa! PAPA!!!! Grein! Heul! Ich bringe Felicitas zu dem aus sicherheitstechnischen Gründen ausquartierten Papa. Was will sie eigentlich jetzt genau bei Papa? Diese Frage wird rasch beantwortet: Sofort beginnt das Mädel zu spucken und Papas Bett ist auch voll, ebenso Papa. Ihre Mission ist erfüllt, sie will von Papa nichts mehr wissen. Ich ziehe das Bettlaken auch noch ab. Als um 4 Uhr das letzte saubere Bettlaken im Haus verbraucht ist, hört die Spuckerei auf. Ich genieße eine volle Stunde Schlaf. Um 5 Uhr schreit Felicitas plötzlich wieder nach ihrem Papa. Will sie jetzt wieder spucken?, frage ich mich misstrauisch. Egal, denke ich zombieartig. Sie wackelt los und schläft noch eine Stunde bei Papa. Um 6.30 Uhr steht `Mario auf. Da er ja „schon“ um 22 Uhr ins Bett gegangen ist, erscheint ihm seine übliche Aufstehzeit von 7 Uhr seit einigen Tagen anscheinend als zu üppig bemessen. Verständlich, er verbringt nur acht Stunden in Schule und Hort, geht dann vier Stunden zum Spielen nach draußen, wo ich ihn die ganze Zeit herumflitzen sehe, wovon sollte der Junge auch am Ende einer langen Schulwoche müde sein? (Notiz: Ich muss dem Knaben endlich einen Job suchen!) Ich höre ihn herumwurschteln, aber meine Aufstehzeit ist erst um 6.45. Um 7.10 ist Mario gestiefelt und gespornt und will in die Schule gehen. Nach Abzug von drei Minuten Schulweg hängt er dann 47 Minuten vor der Schule herum, aber egal - ich lasse ihn, dann bin ich den schon mal los. Ich werfe die nächste Waschmaschine an. Als Timmy hört, dass Felicitas krank sei, ist er plötzlich auch krank und will nicht in den Kindergarten. Nein, Du bist nicht krank (schnaub)!!!! Nein, es gibt kein Fahrrad (grummel)!!!! Wo sind Deine Schuhe (fauch)??? Es wäre schön, wenn Du jetzt ENDLICH kommen könntest! Mann, bin ich froh, wenn ich den endlich abgegeben habe! Felicitas fühlt sich anscheinend topfit und will draußen herumstromern. Ich nicht! Ich will endlich SCHLAFEN. Ich karre sie im Kinderwagen herum, bis ich beschließe, dass es genug ist – Heul, Grein, aber das ist mir jetzt egal. Zum Glück lässt sie sich zu zweieinhalb Stunden Schlaf überreden. Das muss auch mir reichen, denn auch an diesem Tag werde ich es nicht schaffen, um 21 Uhr ins Bett zu gehen…. Denn wir sind wieder topfit und springen fröhlich bis halb elf herum… Ach was soll’s, schlafen kann ich ja noch … später?… Ja, wann eigentlich?
Sonntag Früh schon mal nicht! Mario steht gegen 7 Uhr auf, genau weiß ich das nicht, da ich keine Kraft hatte, auf die Uhr zu sehen. „Mama, ich koche Dir jetzt Kaffee.“ Sehr nett. Tapptapp, Wurschtelwurschtel. 2 Minuten später: „Wie viele Tassen willst Du?“ Vielleicht 500, werde ich dann munter? Ich sage lieber mal: „Drei.“ Tapptapp. Schepper. 1 Minute später: „ Ich habe Dir drei Tassen gemacht.“ „Super.“ Bis dann! Tapptapp. 2 Minuten später. „Der Kaffee ist fertig.“ Ich nuschle: „Ja, ich trinke ihn dann später, WENN ICH AUFSTEHE!“ Tapptapp, klapperklapper. „Ich habe den Kaffee schon mal in eine Tasse gefüllt.“ „Sehr schön, ich trinke ihn dann SPÄTER!“ Tapptapp. „Ich habe die Tasse auf den Tisch gestellt.“ „Ja danke.“ Tapptapp. „Mama, der Kaffee wird kalt!“ „Stöhn! Ja, ich wärme ihn mir dann nachher auf, ok. Ich schlafe noch ein bisschen!“ „Ok.“ Tapptapp. „Mama, der Kaffee ist jetzt kalt.“ „Ja, das macht nichts. Ich stehe bald auf.“ … Ich falle zurück ins Kissen und dämmere noch zehn Minuten vor mich hin. Ja, ich weiß, es sind drei Tassen Kaffee, welcher in eine Tasse gefüllt wurde, die auf dem Tisch steht und deren Erkaltungsprozess als abgeschlossen deklariert wurde. Der Gute hat übrigens vergessen zu erwähnen, dass er einen grünen Strohhalm in die Kaffeetasse gestellt hat! Goldig…. Aber ich habe schon ein klein wenig Angst vor dem nächsten Muttertag!

Mittwoch, 16. Juli 2014

Museumsbesuch




Der Wetterbericht hat Regen für den Sonntag vorhergesagt. Das bedeutet: Wenn wir wünschen, dass unsere Wohnung auch danach noch betretbar ist, sollten wir uns tunlichst ein Programm außerhalb unserer vier Wände ausdenken. Ich plädiere für das Deutsche Museum, ebenso Papa, Felicitas und Timmy. Mario bittet mich, den Begriff „furzlangweilig“ benutzen zu dürfen. Ich gebe ihm einen Minuspunkt pro „furzlangweilig“ (bei 5 Minuspunkten gibt es Fernsehverbot), aber schenke ihm 2 Gratis-„furzlangweilig“. Er rechnet sich anscheinend korrekt aus, dass er 6 Mal „furzlangweilig“ sagen darf, bevor es ernst wird. Sag ich doch, Museum bildet!
Gleich am Eingang gelangt man in einen beeindruckenden Raum voller riesiger Segelschiffe. Auch die Materialien, aus denen sie geschaffen wurden, sind ausgestellt. Timmy betrachtet interessiert Sägen und Äxte. „Was ist das? Kann man damit MENSCHEN TÖTEN?“ Seufz. Gibt’s hier vielleicht auch eine Axtmörder-Abteilung?
Bevor das hier ausartet, gehen wir lieber gleich mal ins „Kinderreich“. Das heißt Ausflippzone ohne böse Museumwärter etc. Ich entspanne mich mit meinem Mann in einer Art Glaskasten, in dem sich ein Riesenxylophon, ein Piano und 5 Trommeln befinden. Herrlich, diese Ruhe (wie tief sind wir gesunken…)! Leider ist kurze Zeit später Timmy verschwunden. Eigentlich kein Problem, aber was ist, wenn er das „Kinderreich“ heimlich verlassen hat? Das Deutsche Museum beherbergt „die größte naturwissenschaftlich-technische Sammlung der Welt“ mit 28000 Exponaten, so dass ich dann hinter jedem einzelnen Timmy suchen kann!!! Werde ich ihn überhaupt noch wiedererkennen, wenn ich ihn endlich gefunden habe? Leichte Panik steigt in mir auf. Mein Mann muss seinen Ruheplatz neben dem von frenetischen Zwergen malträtierten Riesenxylophon verlassen und gemeinsam mit Mario losgehen. Zum Glück taucht Timmy bestens gelaunt wieder aus irgendeiner Dunkelkammer auf.
So! Wenn ich auch hier dauernd Kinder suchen muss, machen wir eben gleich Schluss mit dem Kinderkram, ich will jetzt was Gescheites sehen, ab in die Astronomie. Mein Mann bittet mich ihm die von Hubble entdeckte Rotlichtverschiebung genauer zu erklären (je weiter entfernt von der Erde, umso größer die Rotlichtverschiebung). Hmmm. Ich lese die Erläuterungen und rüttle anmutig-weise an zwei Schiebern mit dem Lichtspektrum, anhand derer einem intelligenten Museumsbesucher anscheinend alles klar wird. Hmmm… Im Augenwinkel sehe ich Felicitas im Halbdunkel hinter einem Teleskop verschwinden. Entweder ich steigere mich da jetzt rein und ich kann Felicitas sechs Stunden lang im Museum suchen oder – verdammt, jetzt aber schnell hinterher. TJA, MÄDELS, DARUM KRIEGEN WIR AUCH NIE DEN PHYSIK-NOBELPREIS! Schon mal drüber nachgedacht?
Das interessiert Felicitas jedoch nicht die Bohne! Obwohl sie die ganze Zeit herumzappelt, ist der Besuch des Foucault`schen Pendels Pflicht – (wer’s nachmachen will: Pendel in ca. 60 Meter Höhe aufhängen, Markierungen am Boden machen, dann sieht man, wie sich der Boden unter dem Pendel aufgrund der Erdrotation weiterbewegt). Ich finde das sehr beeindruckend, noch mehr allerdings, dass keines meiner Kinder den Minizaun überwindet, um dort herumzuschwingen und damit in den Augen des Pendels für eine unerklärliche Beschleunigung der Erdbewegung zu verursachen. Keiner benutzt das fl-Wort. Ein voller Erfolg!
Ich muss zwar kritisch anmerken, dass der Besuch der „größten naturwissenschaftlich-technischen Sammlung der Welt“ nicht ausreichend ist, um meinen Kindern auch nur das geringste Anzeichen von Müdigkeit abzuringen. Aber schön war’s trotzdem.

Dienstag, 15. Juli 2014

Geschwisterliebe/-hiebe

Ich bin ja eigentlich sehr froh darüber, drei Kinder zu haben – allein schon, um den drohenden Testosteron-Überschuss hier etwas auszugleichen. Sehr schade nur, dass sie alle Geschwister sind! Um es einmal vorsichtig auszudrücken: Das Beziehungsgeflecht zwischen Geschwistern ist derart komplex, dass wir Eltern mit unserem simplen Erwachsenen-Denken damit schlicht überfordert sind. Geschwisterrivalität ist irgendwas, das einen sozial irgendwie angeblich weiterbringt, Eltern sollen jedem gerecht werden, dann: Friede, Freude, Eierkuchen, blabla. Hallo, das Blag zieht den anderen schon wieder an den Haaren! Die Sirene heult auf! Verdammt noch mal, ich kann’s nicht mehr hören! Ab in den Garten mit Euch! Es regnet wie Sau. Na und. Timmy und Mario führen dort einen Boxkampf auf, der Vitali und Wladimir das Fürchten lehrt. Beide sind klatschnass, aber zwischen den gellenden Schmerzensschreien euphorisch. Anschließend bekommt der augenscheinliche Verlierer von Mario einen sehr schönen Gipsverband aus Haushaltspapier und eine Wollschlinge, der diesen aufs Äußerste entzückt. Bevor er seinem Heiler zum Dank die korrekte Ausführung eines Saltos vorführen kann, muss er allerdings noch seiner Schwester das Auto, das er in den vergangenen drei Jahren niemals eines Blickes gewürdigt hat und mit dem sie friedlich spielt, wegnehmen: „Das ist meins!“ Sirene!!! Jetzt ist Timmy zufrieden! Jetzt noch schnell mit dem Auto unterm Arm den Salto schlagen! HEEEEEUUUUUL!!!! SPRING-SPRING! HEEEEUUUUL!!!! SPRING-SPRING!!!
Da ich ja selbst einen Bruder habe, muss ich zugeben, so ganz fremd ist mir das Ganze nicht. Mit einer gewissen Grundlangeweile im Blut gibt es nicht Geileres, als dem kleinen Bruder mit Schmackes eine reinzuhauen. Und ich bewundere heute meine Eltern, wie sie es zum Beispiel geschafft haben, mit uns im Auto nach Finnland zu fahren, und zwar nicht auf dem direkten Weg (1300 km), sondern über Schweden (2000 km), da die Fähre dort billiger war und Reisen sehr teuer. Ohne DVD-Player, Radio, Klimaanlage oder sonstigen Schnickschnack, wie das damals in der Steinzeit halt so war. Klar war, dass nach 200 km die ersten Krisen begannen. Ich prüfte zum Beispiel, wie mein Bruder auf einen Backenschnipp reagiert (Zeigefinger und Daumen auf Äußerste anspannen, die Backe des Kleinen anvisieren – SCHNIPP!), dann die klassische Brennnessel, usw. Das prüfte ich sogar sehr oft! Ich erinnere mich, dass wir meinen Vater, der ein absoluter Zen-Meister der Geduld ist, irgendwann in Mittelfinnland soweit hatten, dass er kategorisch erklärte, wir müssten jetzt beide sofort aussteigen, auf Wiedersehen! Und er fuhr tatsächlich los… drehte natürlich wieder um, sonst säße ich ja nicht hier. 100 km Ruhe, bis der nächste Backenschnipp usw. …Ich fragte mich damals, was haben die Alten nur… Jetzt frage ich mich ehrfürchtig: Wie haben die das bloß ausgehalten, und gestehe, ich winke bei Autofahrten über 200 km feige ab.
Es hat natürlich auch Vorteile von Geschwisterkindern. Viele kennen die viel gefürchtete Aussage: „Mama, mir ist langweilig!“ Ein Satz, den ich von meinen eigentlich sehr gerne jammernden Kindern noch nie gehört habe. Denn was würde dann passieren? Entweder ich ranze sie - an schlechten Tagen - böse an oder ich mache - an guten Tagen - etwas pädagogisch Sinnvolles wie Malen, interessante Lernspiele mit geometrischen Formen, Puzzles mit allen europäischen Ländern etc. JA DANKE AUCH! Wieso sollte ich mir DAS antun, wenn ich auch lustige Tierversuche an meinem Bruder durchführen kann???
Aufgrund der Größe der Crew bin ich auch nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen, wenn ich zum Beispiel allein mit den Kindern unterwegs bin. Man kennt es ja: U-Bahn, S-Bahn, der Fahrstuhl funktioniert mal wieder nicht oder es gibt einfach keinen. Jahrelang musste ich dann schwitzend zwei Kinder tragen und den Buggy mit meiner dritten Hand hinter mir herziehen oder auf jemanden warten, der mir hilft. Tatsächlich hat sich neulich sogar eine rüstige Rentnerin die Felicitas einfach geschnappt und die Treppe heruntergetragen. Echt nett! Aber was für ein herrlicher Triumph ist es für mich, wenn ich sagen kann: Nein danke! Vitali und Wladimir machen das! Und seht, ICH schwitze nicht (der Angstschweiß, der mir während der Fahrt und während des Umsteigens auf die Stirn tritt, ist bereits getrocknet).
Das Tollste ist der Gruppendruck! Also: Wenn einer es geschnallt hat, zieht der Rest mit. Beispiel: Felicitas hat ein Messer in der Hand und schlägt damit unkontrolliert auf den Tisch. Ich könnte es ihr jetzt wegnehmen und ein Riesengeheule würde losgehen, das in der nächsten halben Stunde nicht abflauen wird. Ich sage „Timmy…“ und deute auf das entfesselte Mädel. Timmy nimmt ihr das Messer weg, gibt ihr ein Brett und zeigt, wie sie schneiden soll. Felicitas lacht zufrieden und macht es ihm nach. Könnte ich das nicht auch so machen? Nein, liebe LeserInnen, das geht zwar in unsere komischen Erwachsenenhirne nicht rein, aber es funktioniert leider nur, wenn das jemand unter 1,30 m tut. Sorry, Mama.
Und welch Balsam für die gestresste Mütterseele ist der Petzalarm. „Mama, Felicitas haut mit der Gabel auf den Fernseher!“ (Fernseher gerettet!), „Mama, Timmy spritzt im Bad das ganze Wasser herum!“ (muss das Bad also nur fünfmal statt sechsmal am Tag putzen!), „Mama, Timmy haut Felicitas!“ – „Grein! Stimmt ja gar nicht, Felicitas hat meine ganzen Fußballkarten in die Badewanne geschmissen!“ „Pupallkarten! Pupallkarten!“ Felicitas hat noch weitere gefühlte 2000 Fußballkarten in der Hand und rast laut und glücklich lachend damit davon. Der Pupallkarten-Besitzer hinterher. Jetzt gibt es richtig Ärger… Kurze Zeit später sitzen beide glücklich vereint über Timmys Fußballalbum und sortieren die Karten ein. Es gibt nur eine mögliche Fortsetzung der Geschichte: Großmeister Mario kommt von hinten angeschlichen und schnappt sich Manuel Neuer. Daraufhin wird Felicitas so ein trommelfellberstendes Geschrei aufführen, bis er ihn wieder rausrückt… dann wird Timmy… dann wird Mario… äh was wollte ich damit eigentlich sagen? Ach, was soll’s. Ich werde wahrscheinlich eh bald taub sein.