Mittwoch, 23. September 2015

Schulanfang: Was kommt in die Schultüte?



Sohn Nummer 2 ist jetzt ein Schulkind! Seine Vorfreude konzentriert sich hauptsächlich auf ein Objekt: die Schultüte, auch ZUCKERTÜTE genannt. Die hat Mama schon gemeinsam mit ihm und Felicitas im Kindergarten gebastelt, d.h. Mama hat sich an der Heißkleberpistole heiße Daumen geholt und einen gemeinschaftlich ausgeschnittenen Fußballer daraufgeklebt. Wunderschön ist der geworden und wurde auf dem Schrank (2 m Höhe) gehortet. Nach jahrelanger Erfahrung mit Kindern wundere ich mich kein bisschen, dass der Krepppapierrand irgendwie zerrissen ausschaut und repariere ihn ergeben mit Tesafilm. Anscheinend wurde daran manipuliert, um den Inhalt zu checken. Wie sie da hochgekommen sind, sind halt die Mysterien, über die ich mir den Kopf nicht mehr zerbreche.

Was kommt da eigentlich rein in so eine Zuckertüte? Idealerweise 5 Kilo Süßigkeiten! Da das Thema Schule ja für Kinder meist auch einige Enttäuschungen mit sich bringt, fangen wir jetzt gleich mal damit an: Es werden mit Sicherheit NICHT 5 Kilo Süßigkeiten, aber wir wollen immerhin mal nicht knausern. Muss ich auch nicht, denn Timmy ist kein Geizkragen und die anderen Geschwister werden ALLES an manipulativer Gehirnwäsche geben, um ihm einen Großteil davon abzuschwatzen bzw. zu schlicht zu stehlen.

Was noch? Natürlich die von Mama heiß geliebten nützlichen Sachen: Eine Wasserflasche – was eine Wissenschaft für sich ist, wie alle Mütter wissen (bitte mal kurz googlen… ächz… wir sehen uns in zwei Wochen wieder!). Sie soll dicht sein, keine Schadstoffe enthalten und idealerweise in den Geschirrspüler BITTE! (Aber piano, wie immer: Das ist eigentlich egal, sobald Ihr das ideale Teil gefunden habt, wird Euer Sprössling sie umgehend verlieren… und die nächste auch … und die nächste auch… dann nimmt man eine Zeitlang einfach Pfandflaschen, bis man wieder den Mumm gefunden hat, eine neue Flasche zu kaufen – die Pflandflasche geht übrigens NIE verloren, sondern taucht selbst nach sechs in der Schule verbrachten Wochen Sommerferien mysteriöserweise wieder auf). Ein Paar Bayern-München-Socken. Ein Shirt mit Flugzeugen drauf. Einen spacigen Spitzer, der aussieht wie ein Außerirdischer. Radiergummis mit Clown drauf. Einen Fußball-Kuli! Einen WECKER! OH JA! Und natürlich ein schönes Spielzeugauto.

Morgens drücken wir Timmy die Schultüte in die Hand, um dann in der Aula dem hochinteressanten Diskurs der Rektorin und leicht dissonanten Weisen älterer Schüler zu lauschen. An dem ganzen Schulevent ist für Timmy natürlich nur eins interessant: WANN kann ich meine Schultüte öffnen? Doch davon ist keine Rede! Alle Kinder dürfen nun mit ihrer neuen Lehrerin und den Eltern ins Klassenzimmer. Dort angelangt stelle ich fest, dass mein Sohn grüne Lippen hat. Anscheinend hat er vor lauter Verzweiflung in das stark färbende Krepppapier der Schultüte hineingebissen … Letztendlich wird er noch einige Stunden warten müssen, bis er wieder nach Hause kommt, um gemeinsam mit den wartenden Geiern, äh plötzlich äußerst liebevollen Geschwistern die Schätze zu lüften…

Ja, liebe Eltern, jetzt ein paar Worte an Euch zum Ernst des Lebens. Worauf müsst Ihr Euch jetzt einstellen? In erster Linie auf Eure Hausaufgaben, die in den ersten Schulwochen GEWALTIG sind. Rechnet mit drei Kilo Papier mit Unterlagen, die Ihr unterschreiben sollt, einem Elternabend, den Ihr mühsam einplant, der aber dann in letzter Sekunde auf eine noch unchristlichere Zeit verschoben wird. Dann natürlich Grundschullehrer-Prosa mit wortgewaltigen Anweisungen zum Kauf DES einzigen und wahren und glücklich machenden Bleistifts und noch zwei Dutzend weiterer Dinge, die für den weiteren Lebensweg Eures Goldkinds ENTSCHEIDEND sind. Alles stets mit Ausrufezeichen versehen - weiß nicht, soll das einen Rohrstock für die Eltern symbolisieren, wenn man doch den falschen nimmt? Ausrufezeichen! Bzw. drei Ausrufezeichen!!! Dosenspitzer!!!

Eure Sprösslinge schert das natürlich und auch schönerweise null. Sie verschmeißen umgehend die in fünfstündigen Shoppingtouren sorgfältig ausgewählten und zum Preis von purem Gold bezahlten Bleistifte, vorschriftsmäßig mit Namen beschrifteten Klebestifte und hochqualitative Radiergummis; atmungsaktive Hausschuhe verschwinden tonnenweise im Orkus. Frühstücksboxen und Wasserflaschen werden von schwarzen Löchern automatisch angesaugt, und falls sie wieder auftauchen, dann mit schwarzgrünlila schimmernden Pilzkulturen, an die man sich ohne Schutzanzug auf keinen Fall heranwagen will.

Mit zwei Grundschulkindern und einem Neu-Kindergartenkind gerät man schnell in einen Zustand, der sich als Vor-Wahnsinn beschreiben lässt. Sportschuhe, Hausschuhe – plötzlich stellt sich heraus, dass zwei von drei Kindern zwei Nummern größere Füße haben als noch vor vier Wochen. Welches Kind hat wann noch mal Sport? Kunst? Was ist genau ein „kleinerer“ Schuhkarton für Malutensilien? Wie klein ist „kleiner“? Aber ein Zeichenblock unbekannter Größe soll ja auch noch rein? Ist das nicht doch „größer“? Wer war noch mal der Knabe mit den Folienstiften? Permanent oder non-permanent? Wie viel Kopiergeld? Warum muss ein Heftumschlag unbedingt „transparent“ sein? Beide Elternabende verschoben, wann von wem noch mal wohin? Heiliger Bimbam, ich hab Sport und Kunst von Kind 1 und 2 verwechselt, um 6.30 noch mal umpacken. Ich bin jetzt derart bepackt, dass ich Felicitas` Kindergartenordner wieder zu Hause lassen muss.

So! Jetzt aber schnell los! …. Äh, Felicitas streikt, weil ihre Blumenhose in der Wäsche ist und will auch überhaupt nicht in den Kindergarten. Timmy hat plötzlich ein bizarres Ganzkörper-Ninja-Kostüm an! Sofort ausziehen! Der andere meditiert seit 10 Minuten über den Schleifen seiner Schuhe. Ich drehe jetzt gleich durch! ….. „Maamaaa! Meine Hand tut mir weh, schau mal, was da ist…“ „Meine Haarspange ist weg!“ Timmy hat kein Pausenbrot! Verdammt noch mal! Das kann ja heiter werden.

PS. Nach genau 8 Tagen Schule äußert Timmy den denkwürdigen Satz: „Mama, Du hast da was falsch gemacht!“ „Was denn?“

„In die Zuckertüte kommen nur Bonbons hinein und keine anderen Sachen.“ 
„Echt?“
„Ja. Das war ganz falsch.“
Also, jetzt wisst Ihr, was in die Schultüte kommt.

Mittwoch, 9. September 2015

Wir füllen das Vakuum mit Eis



Ich denke, es ist an der Zeit, vielleicht mal wieder an die Wie-hieß-das-noch, ach ja Schule zu denken. Ich mit großer Sehnsucht, andere weniger. 
Wir wiederholen mal die Multiplikationstabellen, gell, Mario? Wie  viel ist 5 x 7? Gähnendes Vakuum, totale Langweile, keine Antwort … 
Ich probier’s mal anders: „Lieber Mario, Du darfst für jeden von uns fünf ein Eis für 70 Cent kaufen gehen, ok? Hier, nimm drei Euro.“ Wie aus der Pistole geschossen der Aufschrei des Entsetzens: „Hey, das reicht doch überhaupt nicht! Du musst mir 50 Cent mehr geben!“

Montag, 7. September 2015

Ferien mit Kindern



Zu einem gelungenen, harmonischen Urlaub gehören ja einige bekannte Elemente. Schöne Landschaften, Meer, Sonne … Gerne flaniert der Tourist ja auch durch eine berühmte Metropole der Wahl und lässt das zauberhafte Flair auf sich wirken. Ja, es war sich einer der beeindruckendsten Impressionen dieses Urlaubs, wie wir stundenlang als Karawane mit drei Kindern, einem Buggy, zwei Koffern, drei Rucksäcken und drei Autokindersitzen durch Barcelona gelatscht sind. Es ist uns leider nicht gelungen, einen der Taschendiebe, vor denen in Reiseführern eindringlich gewarnt wird, dazu zu bewegen, wenigstens einen Autositz oder vielleicht den Rucksack mit dem Nintendo und den beiden rosa Barbieautos, um die so erbittert gestritten wurde, an sich zu nehmen.

Aber egal! Frohgemut stürzten wir uns auf das Vergnügen, die landestypische Küche zu genießen. Äh, Igitt, was sind denn das für ekelhafte Tiere? Sepia? Langusten? Spuckspei! Zum Glück gibt es Alternativen. Eines der absoluten Highlights stellte für unsere Kinder der Besuch eines der sicher grauenvollsten Schnellrestaurants (Ihr wisst schon, das Zeug, das alle Kinder lieben) der Welt dar: Riesenkrawall, Warteschlange 8-spurig. Ich warte mit Felicitas und Timmy in einer Art Höllenkatakombe, während mein Mann und Mario das sog. Essen holen und sich die halbstündige Wartezeit im „Schnellrestaurant“ damit vertreiben, dem Geturtel zweier junger Männer zu lauschen. Felicitas nutzt die Zeit geschickt, um sich umzuziehen und ihre Frisur nachzustriegeln. Immerhin hört man in dem Höllenlärm der Katakombe das Gestreite der Kinder fast nicht. Gelegentlich schicke ich Timmy als Späher zur Warteschlange, weil er dann davon absieht, seine Schwester an den nachgestriegelten Haaren zu ziehen, und ich wissen will, ob mein Mann und mein Sohn entführt worden sind. (Wer da jetzt auch unbedingt hinwill: Plaça de Catalunya in Barcelona).

Wie sind wir da eigentlich gelandet? Sind wir wahnsinnig? Ja, ich denke schon. Gut, den zweistündigen Flug meisterten wir mit links. Ist kein Problem, mit schreienden, prügelnden und heulenden Kindern. Da habe ich wirklich den heißen Eltern-Tipp zum Thema „Flugreise mit Kindern leicht gemacht“: Man muss nur als ALLERERSTES eine mindestens 18-stündige Flugreise absolviert haben. Danach kann einen einfach absolut nichts mehr schocken. Wir stehen auf dem Weg zum Flughafen im Stau? Egal. Felicitas muss SOFORT pieseln? Egal (Oh ja, Windeln für diesen Notfall hätte ich noch einpacken wollen). Felicitas will sich im Flieger nicht anschnallen und heult dafür besonders laut? Egal. Sind ja nur zwei Stunden. (Wir sitzen übrigens direkt hinter der 1. Klasse, haha, das nur zum Thema „Fehlinvestition“.)

Es war, wie erwartet, auch kein Problem, dass wir erst um 19 Uhr losflogen (bei 5 Personen gab das eine Ersparnis von 50 Euro pro Mann, ergo 250 Euro), da unsere Kinder ja bekanntermaßen Nachteulen sind, und problemlos bis 24 Uhr durchhalten. Mein Ältester maulte nur ein wenig über die viel zu kurze Flugzeit, da ihm dann seiner Meinung zu wenig Zeit zum ungestörten Nintendo-Spielen blieb (Familienregel: bei Flugreisen unbegrenzter Bildschirmkonsum). Kleiner Trost war die anschließende einstündige Busfahrt durch das nächtliche Spanien. Die nutzte er, um auch gleichzeitig SMS-en zu schreiben, u.a. an Uroma, die somit die erste SMS ihres Lebens bekam.

 Aber eigentlich verbringen wir die meiste Zeit in einem – vor dem Einfall der Barbaren – ruhigen Badeort. Der Spanier an sich ist ja gemütstechnisch doch etwas anders gestrickt als der in Punkto Kinder hypersensible Deutsche und daher hatten spanische Freunde von uns tatsächlich den Wunsch geäußert, ihren Urlaub mit uns zu verbringen. Ob sie es bereut haben, wissen wir nicht. Äh, nein, sie haben den Kontakt mit uns nicht abgebrochen, wundert mich ehrlich gesagt auch. Auf jeden Fall hatte sich die Schlafenszeit unserer Kinder praktisch sofort um mehrere Stunden nach hinten katapultiert, das Gestreite war infernalisch und auch Bemühungen unsererseits, sie durch mehrstündige badetechnische Aktivitäten zu ermüden, waren natürlich zum Scheitern verurteilt.

Ja, ich fragte mich auch: Wann wird das mal ein bisschen besser? Erfahrungswerte: Ein 6- und ein 8-Jähriger können sich mit deutlich mehr Schmackes prügeln als beispielsweise ein 3- und ein 5-Jähriger. Und auch viel ausdauernder. Ein 6-Jähriger, der eine aktuelle Lebenskrise wegen des anstehenden Schulbeginns schiebt, hat Wutanfälle, die es in sich haben, und die ein 8-Jähriger noch nach Kräften verstärkt.

Beispiel: Zur Mitte des Urlaubs beraumten wir eine Tages-Stadttour im Bus nach Barcelona an. 9 Stunden Heavy-Sightseeing mit diversen Aufenthalten zum Herumflanieren, u.a dem Genuss der landestypischen Hamburger-und-Pommes-Küche, über die ich oben schon geschrieben habe. Wir Erwachsenen hüpfen etwas müde aus dem Bus, die Kinder haber natürlich POWER. Timmy und Mario prügeln sich – an die Lärmschleppe hinter uns haben wir uns mittlerweile gewöhnt, allerdings dreht die Sirene auf dem Heimweg vom Bus in unser Domizil mit der Zeit wirklich unerträglich auf und wir kommen jetzt auch gar nicht mehr voran. Timmy brüllt und brüllt und brüllt und umfängt einen Mülleimer mit beiden Armen, während DER ANDERE feixend um ihn herumläuft. Er lässt sich auf keinen Fall beruhigen. Was tun? Den ANDEREN einfangen und ihn am Feixen hindern, dann die Wir-sind-jetzt-ganz-coole-Eltern-und-wissen-wie-wir-mit-der-Situation-umgehen-Maske aufsetzen (der Puls rast) und abwarten, Passanten, die besorgt auf den Brüllheini blicken, beruhigen (ja, das machen wir auch noch, während wir Señor Feix ablenken und die kleine Señora Ich-bin-dann-mal-weg vom Weggehen hindern – und natürlich beruhigende Worte an Señor Schrei-vor-Pech richten). Der Schweiß rinnt. Irgendwann nach einer halben Stunde Brüll-bis-zum-Anschlag stellt sich heraus, dass Timmy bereit ist, sich im Buggy abtransportieren zu lassen. Wir sind fix und foxi. Naja, wir müssen ja jetzt, nach einem Tag Stadtbesichtigung, nur noch mehrere Stunden am Pool verbringen, und dann sind wir ja schon bereit für die lange Nacht der wachen Kinder (Rekord: ca 1.00, aber das haben wir Erwachsenen nicht mehr genau mitgekriegt). Müssen die nicht irgendwann schlafen? Antwort: Nein. Nicht, dass wir das in den vergangen 8 Jahren mitgekriegt hätten.

Morgens erwache ich … mein Mann bringt mir liebevoll einen extrastarken Espresso ans Bett… äh nein, das war ein Traum. Aber mein Mann ist trotzdem da, aber es riecht hier nicht nach Koffeinhaltigem: „Eines der Kinder hat aufs Sofa gepieselt!“, erklärt er streng. Auch das noch! Wir ziehen alles Waschbare ab, bürsten herum, waschen, fönen, reiben (ich schleiche mich kurz in die Küche, ich brauche KAFFEE!)… wider Erwarten kriegen wir es hin. Die Kinder leugnen das Pieselvergehen natürlich hartnäckig und entwenden dafür heimlich Fantadosen (was unten rausläuft, muss ja schließlich wieder rein, newa).

Klar, meine Bücher, meine Häkelsachen sind wie immer unbenutzt im Koffer, aber immerhin habe ich irgendwann die „Yes we can/Jetzt ist es auch schon wurscht“ Skala erreicht. Egal, was los ist. Vielleicht war der Zeitpunkt derjenige, als mir mein Mann per Zufall eröffnete, dass er die Planung verpeilt hätte (Detailfragen von deutsch-zwanghaften Kontrollfreaks lehnte er jederzeit dezidiert ab). Äh, wir sind übrigens zwei Tage obdachlos. Ok, mein Kontrollzentrum rastet kurz aus (3 Kinder, 2 Koffer, 3 Autositze, 3 Rucksäcke, Hauptsaison, etc. pp., halt der Kontrollzwang, der mich so ereilt). Mein Mann lacht und ruft die, wie sich herausstellen wird, wirklich liebenswürdige Cousine seiner Cousine in Barcelona an, die wir also demnächst besuchen werden.

Absolut herrlich auch: Der Spanier an sich. Problemstellung: Mein Mann will eine Wurst für seine Schwiegermutter als Mitbringsel kaufen und schon berät ihn der halbe Supermarkt, welche in dieser diffizilen familiären Angelegenheit die am besten geeignete wäre. Am Ausgang noch mal Erfolgsgespräch über den gelungenen Einkauf. Oder in einer touristenüberlaufenen Stadt nach dem Weg fragen: Erst mal Austausch der Lebensgeschichte, freundliche Erläuterung des Weges inklusive „Ich wohne da vorne, klingeln Sie einfach, wenn Sie noch was wissen wollen.“ Der freundliche und liebenswürdige Umgangston ist eine Wohltat.

Und ein kulinarisches Highlight gibt es auch noch: Um die Kinder zu ärgern, habe ich einen „Wurm“ (Garnele) gegessen.