Wenn ein Engelchen heute bei uns zum Fenster hereingeschaut
hätte, hätte es einen normalerweise sehr coolen 7-Jährigen am Küchentisch
sitzen sehen, der gerade eifrig in filigraner Handarbeit einen Barbieschuh mit
zarten Riemchen bastelt. Ja, wie kommt denn das, lieber Mario?
Rückblende: Wir sehen zwei frenetisch exaltierte Jungen mit
roten Köpfen dem Sofa herumhüpfen, kleine Fäuste und Füße rasen in
atemberaubendem Tempo durch die Luft. Zwischen den kreischenden Jungs fliegt
eine Barbiepuppe, zunächst noch mit Kleidchen und Schühchen bekleidet, durch
die Luft. Gröl! Schrei! Lach! Barbie ist nackig! Jungs hauen sich mit der
Barbie weiter, was mit nackter Barbie noch viel mehr Spaß macht!
(Einschub zum Thema Barbie: Ist ja pädagogisch unter
feministischen Aspekten wegen des Frauenbildes ein fragwürdiges Spielzeug. Felicitas bedeutete mir jedoch, sie sei gerne bereit, weiterhin mit den vorhandenen
Legos, ferngesteuerten Autos und Dinos zu spielen, benötige aber zur
Entwicklung ihres persönlichen Freiraums genau so ein Püppchen. Ich habe selber
mit Barbies gespielt und würde sagen, antifeministische Züge in meinem
gesellschaftlichen Gesamt-Kontext sind nicht auf eine Spielzeugpuppe
zurückzuführen, sondern haben handfeste andere Gründe. Eventuell sogar
politische. Hier ein Satz aus dem 21. Jahrhundert (sic!): „Der Volkswagen-Konzern setzt nach den Worten (des
VW-Bosses) Winterkorns auf eine flexible Personalpolitik: "Wir halten viel
von der sogenannten ,differenzierten' Quote. Das heißt: Wenn heute zehn Prozent
der Maschinenbau-Hochschulabsolventen Frauen sind, dann wollen wir in den
entsprechenden Bereichen auch mindestens zehn Prozent Frauen einstellen."
(Das firmiert übrigens unter dem Label „Frauen sind die besseren Manager“ - kein
Witz! http://www.focus.de/finanzen/zielstrebig-und-konsequent-vw-boss-winterkorn-frauen-sind-bessere-manager_id_4277685.html?fbc=fb-fanpage-finanzen). Hat der jetzt eigentlich zu viel oder zu wenig mit
Barbies gespielt??? Auf jeden Fall:
bitte-bitte nichts überstürzen, sonst bricht hier noch das totale Matriarchat
aus - aber das nur am Rande, denn das interessiert unsere Prügelknaben
natürlich auch nicht die Bohne.)
Was sie aber schon zu interessieren hat: Ich bin jetzt
stinksauer! Denn jetzt sind die klitzekleinen Barbiesandaletten weg. Das ist
das zweite Spielzeug von Felicitas` wenigen Privatspielzeugen, das innerhalb einer
Stunde ruiniert wurde. Das andere war der Puppenbuggy. Ein megastabiles
zusammenklappbares Teil, das genauso haltbar war wie ein echter. Jetzt ist
einer der daumendicken Metallstäbe zerbrochen!!! Heilige Scheiße! Da weder ich
noch mein Mann als Täter in Frage kommen, untersucht Sherlock Holmes jetzt mal
die üblichen Verdächtigen, die natürlich alle leugnen. Felicitas selber fällt wegen
mangelnder Muskelkraft aus, auch bei Timmy-Spargeltarzan ist unsere
Vorstellungskraft doch etwas übermäßig strapaziert. Aber wie wäre es mit Mr. Habe-heute-wieder-einen-Viertklässler-im-Armdrücken-besiegt?
Der darauf besteht, seinen 18 Kilo schweren Bruder zwei Kilometer stramm durch
die Gegend zu tragen, einfach weil das so spaßig ist? In meinen Augen gibt es
hier gewaltige Indizien, doch Mario ist auch eine ehrliche Haut und gibt Fehler
normalerweise zu. Er war es ECHT nicht, sagt er. Anscheinend eine äußerst mysteriöse
Materialermüdung. Oder Märchenerzähler Timmy hat ihm etwas ins Ohr geflüstert ….
Oder es liegt doch daran, dass mir gerade grüner Rauch aus den Ohren steigt,
denn langsam reißt mir hier der Geduldsfaden, besonders da das Gespringe und
Gekeile trotz Mahnungen überhaupt nicht aufhört. Felicitas heult laut und zeigt auf
die nackte Barbie, die nach wie vor zwischen den Jungs hin- und hergeworfen
wird.
So meine Lieben! Ist mir jetzt egal, wer es war (Timmy ist so
leise… Ist er vielleicht aus vom Hochbett draufgesprungen? Ich glaube, ich
werde es nie erfahren.) Ich bin stinksauer! Diese Barbie wird sofort angezogen!
Ihr sucht jetzt das Kleid und die Schuhe! Schnell! Sonst passiert was! (Zur
Erklärung: Man müsste ja meinen, dass ein Barbiekleid und Barbieschühchen, die
an einem konkreten Ort herumgeworfen worden sind, bei akribischem Suchen wieder
auffindbar sein müssten, doch LEIDER lehrt die Erfahrung, dass Dinge innerhalb
von Millisekunden verschwinden, ja,
meist tauchen sie sogar wieder auf, aber oft eben einfach JAHRE später, wie Timmys Piratenkopftuch, das Mario im Sommer 2012 (!) in meinem Kleiderschrank
versteckt hatte und das wir seither vermisst hatten). Meine Drohung: absolutes
und totales Medienverbot, bis Cinderella ihren Schuh wieder anziehen kann,
klar? Panik ist angesagt und alle robben auf dem Boden herum, aber, hab ich’s
nicht gesagt, ein Barbieschuh ist weg! Verschwunden! Vom Erdboden verschluckt! Schließlich
suchen wir alle unter Zuhilfenahme von Taschenlampen das Sofa ab, aber weg ist
weg.
Ich blicke auf den zertrümmerten Puppenwagen und bin hart.
Barbieschuh! Wenn ihr ihn herumschmeißen könnt, könnt ihr ihn auch wieder
finden. Selbst Sachensucher-Timmy, der normalerweise alles findet, ist hier
überfordert.
Mario schlägt vor: „Ich bastle ihr neue Schuhe!“
Wir fragen Felicitas.
Felicitas ist einverstanden.
Ok, Barbieschuh-Man, es geht los!!!