Donnerstag, 22. Dezember 2016

Weihnachten selbstgemacht


Ach ja, in vielen schönen Prospekten und Katalogen sieht man wunderschöne farblich harmonische durchgestylte Weihnachtsdekorationen. Die Weihnachtsdeko bei uns ist … euphemistisch gesagt: individueller. Aber irgendwie gefällt sie mir trotzdem. Traditionell haben wir keinen echten Baum, da wir in den Weihnachtsferien nicht viel zu Hause sind. Irgendwann habe ich im Internet einen künstlichen weißen Baum bestellt, der relativ robust ist und schon mehrere Stürze überstanden hat – und nicht zuletzt den Aufenthalt im Keller (haha, ich habe ihn sogar wiedergefunden). Letztes Jahr hatte ich echt schöne hellblaue und silberne Kugeln gekauft, die wunderbar dazu passten.

Nun ja, aus Spaß habe ich Anfang Dezember begonnen, ein paar Weihnachtskugeln zu stricken. Eigentlich genial – unzerstörbar! Waschbar! Aber eigentlich wollte ich nur eine machen. Sohn 2 war davon aber so begeistert, dass ich ständig neue produzieren musste. Mr. Unordnung persönlich wachte wie der Zerberus über seine Kugel, die regelmäßig abgezählt wurden. Das Projekt stellte sich im Nachhinein als ziemlich sinnvoll heraus, denn ich fand und finde die „richtigen“ Kugeln einfach nicht mehr. Jetzt hängen halt die Wolldinger dran. Damit die Wolldinger nicht so alleine sind, überkam mich die Inspiration, einen ganz altmodischen Engel zu häkeln. Perfekt gelungen! Bis zu dem Moment, an dem meine Kinder und mein Mann darauf kamen, dass der Engel ein Gesicht bräuchte – und mein Mann, den ich noch nie habe malen sehen und deklarierter Nicht-Künstler ist, der absolut festen Überzeugung war, dass er in der Lage sei, ein perfektes Gesicht auf den Engel zu malen: „Lass mich, ich kann das! Echt!“ Ich habe ihn gewähren lassen (mach ich bei den Kindern ja auch, Erlernen von Selbständigkeit etc. pp.) … Sohn 1 hat so gelacht, dass er sich auf den Boden legen musste. Ich muss sagen, spontan habe ich die Figur assoziiert, die nämlicher Sohn im Alter von sechs Jahren verbotenerweise in meinen Schreibtisch geritzt hat, als die Langweile der Hausaufgaben zu arg wurde. Der ist auch individuell.

Dann wäre ja noch der goldene dicke Ochsenfrosch-Engel, den Felicitas aus Goldpapier gestaltet hat. Und außerdem die neongrüne Schnur, die Timmy gehäkelt hat, damit ich daran die Weihnachtskarten, die wir bekommen, über den Küchentisch aufhängen kann, drei Meter lang. Ich habe ihm dieses Projekt gegeben, als ganz kurz vor Weihnachten wieder mal ein Anruf der Schule kam „bitte sofort abholen“ – solche Anrufe kommen natürlich nur, wenn man sie absolut nicht brauchen kann, aber als Mehrfach-Mama kann ich sowieso nichts brauchen, also los. Dass irgendwas nach Plan funktioniert, ist nicht. Timmy hatte sich beim Intensiv-Kick-Box-Training mit Bruder und einem Freund versehentlich dermaßen die Fresse polieren lassen, dass er Blut spuckte und seine Backe sehr unnatürlich aussah. Es ging wohl um die Demonstration eines besonders tollen Schlags, was ja gelungen ist. Die Beteiligten waren alle extrem zerknirscht. Gegen die erlittene Pein half nur das Anfertigen einer grünen Häkelschnur, die hiermit in unseren Weihnachtfundus wandert. Also, falls ich sie nächstes Jahr wiederfinde. Aber alle Dinge tauchen im Laufe der Jahre dann doch wieder auf. Ich freu mich schon auf die Kugeln, vielleicht verschwindet ja der Häkelengel!

Freitag, 16. Dezember 2016

Alle Jahre wieder….

Nun ja, es gibt Dinge, die laufen nicht gut. Ich deute mal an, dass, falls uns noch jemand anruft, gefragt wird: Äh, habt Ihr eine Party? Straßenschlacht? Kindergeburtstag? So etwas wie alles im einem. Oder das nach wie vor unvollendete Projekt: „menschenwürdige Wohnung“ statt vollkommen chaotischer Messie-Baracke.
Aber die Weihnachtsvorbereitungen laufen wie am Schnürchen. Ich verschiebe trotz aller guten Vorsätze das anstrengende, aber obligatorische Thema „Weihnachtsfoto“ bis zum Gehtnichtmehr. Das „Weihnachtsfoto“ ist eine immense Herausforderung, nämlich ein Foto, auf dem wir ALLE (!) wie normale Menschen aussehen. Kurz zur Erklärung: Vor Jahren habe ich in einem Anfall von geistiger Umnachtung damit angefangen, dieses Foto zu Weihnachten an die Freunde und Familie zu verschicken und jetzt kommen wir aus der Nummer einfach nicht mehr raus. Das heißt, wir mimen nunmehr eine uns völlig unbekannte freundliche kinderreiche Familie, nicht die sich ständig streitenden Vollidioten, die wir eigentlich sind. Daher sage ich meinem Mann: „Wir müssen es heute machen.“ Der Zeitpunkt ist ungünstig, er hat sein sonntägliches Mittagsschläfchen wegen exaltiertem Lärm nicht halten können, aber es hilft jetzt einfach nichts mehr. Mein Mann weiß, was ein Mann tun muss. „Ich will das aber nicht“, mault er pro forma, während er schon die Kamera herausholt und gottergeben das Stativ aufstellt.
Die Kinder bereiten sich eifrig vor. Felicitas „kämmt“ ihre Haare, zieht blaue Badelatschen an, und frisiert sich mit Timmys Hilfe. Timmys Bekleidung: alte zerbeulte Jogginghose, gelbes Uralthemd mit Löchern – das macht aber nichts, auch das wird man nicht genau erkennen. Marios Haare verströmen einen seltsamen Geruch, der glücklicherweise (noch?) nicht auf einem Foto abgebildet werden kann (Was ist das? Deospray Iltis?): „Du kannst so bleiben!“ Auch meine fettigen Haare wird niemand sehen, zum Haarewaschen ist keine Zeit. Wir müssen heute! Jetzt! Welcher Depp hat sich das eigentlich ausgedacht? Ich!!!
Eifrig räumt Timmy die Vielzahl von Utensilien von unserem Sofa und streitet kurz mit seinem Bruder, wer von beiden den Sofatisch zur Seite rücken darf. „Oh, da sind aber viele Sachen drunter.“ Tja, in den drei Tagen, seit ich fluchend darunter geputzt habe, kommt Einiges zusammen, gell.
Mein Mann droht routinemäßig mit Scheidung, wenn er diese ätzende Prozedur noch ein einziges Mal ertragen muss. „Noch einmal, mein Schatz“, sage ich wie jedes Jahr. Knips, knips. „Ich mag nicht mehr“, sagt der Cheffotograf entschieden. „Du musst“, antworte ich, und verwandle meine ultraböse Mamafratze, weil Timmy wieder mal grimassiert hat und Mario böse Zeichen machte, in ein zuckersüßes Lächeln. Jetzt Augen auf, der Blitz kommt! Knipsknips. „So meine Lieben, das war das letzte Foto.“ „NEIN! Wir wollen nicht so aussehen!“ (Kann ich verstehen). „Noch ein Foto! Bitte!“, greint Timmy und schaltet in Sekundenschnelle von „Tasmanischer Teufel“ auf „netter Junge von nebenan“ um. Nicht zu fassen. Nur zwölf Fotos, und das Ding ist im Kasten.
Sogar bei der Fotogestaltung am PC helfen die Kinder eifrig. Mario bremst meine Kitschwut und macht geschmackvolle Schwarz-Weiß-Installationen mit Hilfe des Bildbearbeitungsprogramms, das er noch nie zuvor gesehen hat, aber er checkt es natürlich sofort. „So, fertig“, erklärt er großzügig. „Die Rechtschreibung musst Du noch korrigieren.“ – „Ja, danke“, nickt der Rechtschreibknecht.
Ein besonderes Highlight ist das Plätzchenbacken. Mache ich überhaupt nicht gerne. Muss ich auch nicht mehr. Ich muss nur einen einfachen Teig zusammenkneten und in die Menge schmeißen. Sofort wird eifrig gerollt, ausgestochen und anschließend kunstvoll dekoriert. Ich fasse es nicht! Sind zwar nach 24 Stunden weg, das macht aber nichts. Wir sind die Plätzchenback-Elfen-Familie! Endlich habe ich unsere Nische gefunden!
Ebenfalls perfekte Routine: Adventskalender-Handling. Kaufe ich einen supertollen Playmobil-Kalender, Barbie, Dingenskirchen? Nein, natürlich nicht! Das Schönste für alle ist der traditionelle Schokokalender. Der Riesenvorteil: Hier werden garantiert keine Teile herumgeschmissen! Herrlich. Letztes Jahr hatten wir gewissen Diskussionsbedarf, was das Thema „wie viele Türchen am Tag“ betraf (z.B. alle?). Diesmal wird das Thema zackig-diszipliniert angegangen. Hätte nicht gedacht, dass ich das Wort „diszipliniert“ einmal in Zusammenhang mit meinen Kindern gebrauchen werde. Aber nachdem den ganzen November der Spannungsbogen aufgebaut wurde „Hat die Alte das Desaster vom letzten Jahre verkraftet und kauft uns einen Kalender?“, geschah das Wunder.
Etwas schwieriger ist das Thema „geschmackvolle Weihnachtsdekoration“. Einfach ein paar Elche in die Baracke werfen? Den vierten Advent können wir nicht begehen, da die vierte Kerze verschwunden ist. Die Engel aus dem Erzgebirge haben zum Glück nur unauffällige Eigenheiten (keine Köpfe mehr). Zur Sicherheit mache ich mal ein Foto vom Kinderzimmer, das ich an den Weihnachtsmann schicken werde. AUFSCHREI DER EMPÖRUNG! NEIN!!! Oh doch. Wir sehen hier geschmackvolles Papier-auf-Wasser-Glibber, liebevoll arrangiert mit fantastisch naturalistischen Vintage-Äpfeln an Papierschnipsel-Kleber-Brei und angefaulten Klamottenhaufen. Verschiedentlich finden wir fossil anmutende Früchte (ich hoffe doch, dass es mal Früchte und keine Tiere waren). Herrlich. Und sogar unseren künstlichen Baum fand ich in der Archäologie unseres Kellers wieder. Da sag ich doch nur: Weihnachten kann kommen!
PS. Am 24. Dezember fällt das zweiwöchige Fernsehverbot. Wir sahen uns schon mal das Programm an, damit wir uns einen netten Weihnachts-Familienfilm anschauen können. Vorschlag Timmy: Godzilla.