Donnerstag, 22. Dezember 2016

Weihnachten selbstgemacht


Ach ja, in vielen schönen Prospekten und Katalogen sieht man wunderschöne farblich harmonische durchgestylte Weihnachtsdekorationen. Die Weihnachtsdeko bei uns ist … euphemistisch gesagt: individueller. Aber irgendwie gefällt sie mir trotzdem. Traditionell haben wir keinen echten Baum, da wir in den Weihnachtsferien nicht viel zu Hause sind. Irgendwann habe ich im Internet einen künstlichen weißen Baum bestellt, der relativ robust ist und schon mehrere Stürze überstanden hat – und nicht zuletzt den Aufenthalt im Keller (haha, ich habe ihn sogar wiedergefunden). Letztes Jahr hatte ich echt schöne hellblaue und silberne Kugeln gekauft, die wunderbar dazu passten.

Nun ja, aus Spaß habe ich Anfang Dezember begonnen, ein paar Weihnachtskugeln zu stricken. Eigentlich genial – unzerstörbar! Waschbar! Aber eigentlich wollte ich nur eine machen. Sohn 2 war davon aber so begeistert, dass ich ständig neue produzieren musste. Mr. Unordnung persönlich wachte wie der Zerberus über seine Kugel, die regelmäßig abgezählt wurden. Das Projekt stellte sich im Nachhinein als ziemlich sinnvoll heraus, denn ich fand und finde die „richtigen“ Kugeln einfach nicht mehr. Jetzt hängen halt die Wolldinger dran. Damit die Wolldinger nicht so alleine sind, überkam mich die Inspiration, einen ganz altmodischen Engel zu häkeln. Perfekt gelungen! Bis zu dem Moment, an dem meine Kinder und mein Mann darauf kamen, dass der Engel ein Gesicht bräuchte – und mein Mann, den ich noch nie habe malen sehen und deklarierter Nicht-Künstler ist, der absolut festen Überzeugung war, dass er in der Lage sei, ein perfektes Gesicht auf den Engel zu malen: „Lass mich, ich kann das! Echt!“ Ich habe ihn gewähren lassen (mach ich bei den Kindern ja auch, Erlernen von Selbständigkeit etc. pp.) … Sohn 1 hat so gelacht, dass er sich auf den Boden legen musste. Ich muss sagen, spontan habe ich die Figur assoziiert, die nämlicher Sohn im Alter von sechs Jahren verbotenerweise in meinen Schreibtisch geritzt hat, als die Langweile der Hausaufgaben zu arg wurde. Der ist auch individuell.

Dann wäre ja noch der goldene dicke Ochsenfrosch-Engel, den Felicitas aus Goldpapier gestaltet hat. Und außerdem die neongrüne Schnur, die Timmy gehäkelt hat, damit ich daran die Weihnachtskarten, die wir bekommen, über den Küchentisch aufhängen kann, drei Meter lang. Ich habe ihm dieses Projekt gegeben, als ganz kurz vor Weihnachten wieder mal ein Anruf der Schule kam „bitte sofort abholen“ – solche Anrufe kommen natürlich nur, wenn man sie absolut nicht brauchen kann, aber als Mehrfach-Mama kann ich sowieso nichts brauchen, also los. Dass irgendwas nach Plan funktioniert, ist nicht. Timmy hatte sich beim Intensiv-Kick-Box-Training mit Bruder und einem Freund versehentlich dermaßen die Fresse polieren lassen, dass er Blut spuckte und seine Backe sehr unnatürlich aussah. Es ging wohl um die Demonstration eines besonders tollen Schlags, was ja gelungen ist. Die Beteiligten waren alle extrem zerknirscht. Gegen die erlittene Pein half nur das Anfertigen einer grünen Häkelschnur, die hiermit in unseren Weihnachtfundus wandert. Also, falls ich sie nächstes Jahr wiederfinde. Aber alle Dinge tauchen im Laufe der Jahre dann doch wieder auf. Ich freu mich schon auf die Kugeln, vielleicht verschwindet ja der Häkelengel!

Freitag, 16. Dezember 2016

Alle Jahre wieder….

Nun ja, es gibt Dinge, die laufen nicht gut. Ich deute mal an, dass, falls uns noch jemand anruft, gefragt wird: Äh, habt Ihr eine Party? Straßenschlacht? Kindergeburtstag? So etwas wie alles im einem. Oder das nach wie vor unvollendete Projekt: „menschenwürdige Wohnung“ statt vollkommen chaotischer Messie-Baracke.
Aber die Weihnachtsvorbereitungen laufen wie am Schnürchen. Ich verschiebe trotz aller guten Vorsätze das anstrengende, aber obligatorische Thema „Weihnachtsfoto“ bis zum Gehtnichtmehr. Das „Weihnachtsfoto“ ist eine immense Herausforderung, nämlich ein Foto, auf dem wir ALLE (!) wie normale Menschen aussehen. Kurz zur Erklärung: Vor Jahren habe ich in einem Anfall von geistiger Umnachtung damit angefangen, dieses Foto zu Weihnachten an die Freunde und Familie zu verschicken und jetzt kommen wir aus der Nummer einfach nicht mehr raus. Das heißt, wir mimen nunmehr eine uns völlig unbekannte freundliche kinderreiche Familie, nicht die sich ständig streitenden Vollidioten, die wir eigentlich sind. Daher sage ich meinem Mann: „Wir müssen es heute machen.“ Der Zeitpunkt ist ungünstig, er hat sein sonntägliches Mittagsschläfchen wegen exaltiertem Lärm nicht halten können, aber es hilft jetzt einfach nichts mehr. Mein Mann weiß, was ein Mann tun muss. „Ich will das aber nicht“, mault er pro forma, während er schon die Kamera herausholt und gottergeben das Stativ aufstellt.
Die Kinder bereiten sich eifrig vor. Felicitas „kämmt“ ihre Haare, zieht blaue Badelatschen an, und frisiert sich mit Timmys Hilfe. Timmys Bekleidung: alte zerbeulte Jogginghose, gelbes Uralthemd mit Löchern – das macht aber nichts, auch das wird man nicht genau erkennen. Marios Haare verströmen einen seltsamen Geruch, der glücklicherweise (noch?) nicht auf einem Foto abgebildet werden kann (Was ist das? Deospray Iltis?): „Du kannst so bleiben!“ Auch meine fettigen Haare wird niemand sehen, zum Haarewaschen ist keine Zeit. Wir müssen heute! Jetzt! Welcher Depp hat sich das eigentlich ausgedacht? Ich!!!
Eifrig räumt Timmy die Vielzahl von Utensilien von unserem Sofa und streitet kurz mit seinem Bruder, wer von beiden den Sofatisch zur Seite rücken darf. „Oh, da sind aber viele Sachen drunter.“ Tja, in den drei Tagen, seit ich fluchend darunter geputzt habe, kommt Einiges zusammen, gell.
Mein Mann droht routinemäßig mit Scheidung, wenn er diese ätzende Prozedur noch ein einziges Mal ertragen muss. „Noch einmal, mein Schatz“, sage ich wie jedes Jahr. Knips, knips. „Ich mag nicht mehr“, sagt der Cheffotograf entschieden. „Du musst“, antworte ich, und verwandle meine ultraböse Mamafratze, weil Timmy wieder mal grimassiert hat und Mario böse Zeichen machte, in ein zuckersüßes Lächeln. Jetzt Augen auf, der Blitz kommt! Knipsknips. „So meine Lieben, das war das letzte Foto.“ „NEIN! Wir wollen nicht so aussehen!“ (Kann ich verstehen). „Noch ein Foto! Bitte!“, greint Timmy und schaltet in Sekundenschnelle von „Tasmanischer Teufel“ auf „netter Junge von nebenan“ um. Nicht zu fassen. Nur zwölf Fotos, und das Ding ist im Kasten.
Sogar bei der Fotogestaltung am PC helfen die Kinder eifrig. Mario bremst meine Kitschwut und macht geschmackvolle Schwarz-Weiß-Installationen mit Hilfe des Bildbearbeitungsprogramms, das er noch nie zuvor gesehen hat, aber er checkt es natürlich sofort. „So, fertig“, erklärt er großzügig. „Die Rechtschreibung musst Du noch korrigieren.“ – „Ja, danke“, nickt der Rechtschreibknecht.
Ein besonderes Highlight ist das Plätzchenbacken. Mache ich überhaupt nicht gerne. Muss ich auch nicht mehr. Ich muss nur einen einfachen Teig zusammenkneten und in die Menge schmeißen. Sofort wird eifrig gerollt, ausgestochen und anschließend kunstvoll dekoriert. Ich fasse es nicht! Sind zwar nach 24 Stunden weg, das macht aber nichts. Wir sind die Plätzchenback-Elfen-Familie! Endlich habe ich unsere Nische gefunden!
Ebenfalls perfekte Routine: Adventskalender-Handling. Kaufe ich einen supertollen Playmobil-Kalender, Barbie, Dingenskirchen? Nein, natürlich nicht! Das Schönste für alle ist der traditionelle Schokokalender. Der Riesenvorteil: Hier werden garantiert keine Teile herumgeschmissen! Herrlich. Letztes Jahr hatten wir gewissen Diskussionsbedarf, was das Thema „wie viele Türchen am Tag“ betraf (z.B. alle?). Diesmal wird das Thema zackig-diszipliniert angegangen. Hätte nicht gedacht, dass ich das Wort „diszipliniert“ einmal in Zusammenhang mit meinen Kindern gebrauchen werde. Aber nachdem den ganzen November der Spannungsbogen aufgebaut wurde „Hat die Alte das Desaster vom letzten Jahre verkraftet und kauft uns einen Kalender?“, geschah das Wunder.
Etwas schwieriger ist das Thema „geschmackvolle Weihnachtsdekoration“. Einfach ein paar Elche in die Baracke werfen? Den vierten Advent können wir nicht begehen, da die vierte Kerze verschwunden ist. Die Engel aus dem Erzgebirge haben zum Glück nur unauffällige Eigenheiten (keine Köpfe mehr). Zur Sicherheit mache ich mal ein Foto vom Kinderzimmer, das ich an den Weihnachtsmann schicken werde. AUFSCHREI DER EMPÖRUNG! NEIN!!! Oh doch. Wir sehen hier geschmackvolles Papier-auf-Wasser-Glibber, liebevoll arrangiert mit fantastisch naturalistischen Vintage-Äpfeln an Papierschnipsel-Kleber-Brei und angefaulten Klamottenhaufen. Verschiedentlich finden wir fossil anmutende Früchte (ich hoffe doch, dass es mal Früchte und keine Tiere waren). Herrlich. Und sogar unseren künstlichen Baum fand ich in der Archäologie unseres Kellers wieder. Da sag ich doch nur: Weihnachten kann kommen!
PS. Am 24. Dezember fällt das zweiwöchige Fernsehverbot. Wir sahen uns schon mal das Programm an, damit wir uns einen netten Weihnachts-Familienfilm anschauen können. Vorschlag Timmy: Godzilla.


Donnerstag, 3. November 2016

Herbstferien

Ich will einen Plan umsetzen, den ich schon sehr lange habe: Wir besuchen das Germanische Nationalmuseum im Nürnberg. Ich rufe eine Freundin mit zwei Kindern an, die überraschend erpicht darauf ist, uns zu begleiten. Ja gerne! Museumsbesuche klappen bei uns eigentlich immer gut, wenn man bedenkt, dass ansonsten das Projekt „Fünf Minuten ohne Geschwisterstreit“ für uns eine ernste, nicht zu überwindende Klippe darstellt. Das Mädel meiner Freundin ist die Älteste, dann kommt Mario, dann der Sohn meiner Freundin, äh, ja, Timmy mussten wir wegen exzessiven Verhaltens in letzter Zeit mal lieber zu Hause lassen, und dann Felicitas. Anfangs sind die Kinder ein wenig schüchtern, denn die lieben Kleinen hatten wir bei unseren letzten Begegnungen nicht mitgenommen, aber dann, als wir auf dem Weg zum Museum sind, sehe ich es schon: das gefährliche Funkeln in den Augen unserer beider Söhne. Da haben sich zwei gefunden, die sich am liebsten gemeinsam irgendwo im Dreck wälzen/damit beschmeißen oder irgendetwas Furchtbares anstellen würden, aber sicher nicht artig Museumsobjekte anschauen wollen. Ich tue optimistisch und mutig schreiten wir voran.

Die Sonderausstellung über historische Modelle (wie ein spektakuläres Schiff aus Silber), die wir uns ausgesucht hatten, ist für uns nichts, da man sich die Objekte mühsam im ganzen Museum zusammensuchen muss, was mit vier Kindern im Schlepptau etwas schwierig/unmöglich ist. Wir sehen uns einfach ein paar Teile davon an, auf die wir gleich treffen, und lassen einfach den Rest, der noch so herumsteht, auf uns zukommen. Dürer und Konsorten, gibt ja genug. Das ist doch für meinen kunstbeflissenen Sohn einfach prima. Er hatte sich im Netz schon einige Gemälde, die er sehr naturalistisch fand, angesehen. Also, das erste Objekt, das wieder Interesse findet, ist ein ca. 20 Zentimeter kleines Modell einer Schwangeren mit Baby darin. Mario findet sofort den Knackpunkt. Wer ist da gestorben? Die war doch tot, oder? Das ist doch nur ein ganz kleines Modell. Nein, die war tot! De facto muss ja mal jemand tot gewesen sein, um zu wissen, wie das aussieht, beharrt er – was nicht von der Hand zu weisen ist … Meine Freundin schlägt begeistert in die gleiche Kerbe. „Ja, das stimmt! Die Mediziner haben sich das immer genau angesehen. Sogar heute noch kann man seinen Körper der Anatomie vermachen, damit die Ärzte dann alles aufschnippeln und untersuchen können.“ „OH MEIN GOTT!“

Mein Sohn, begeisterter Comicleser, ist ein Meister darin, die Botschaft von Bildern zu entschüsseln, und findet innerhalb von fünf Minuten noch Folgendes: eine heillose Massenschlägerei (meine pädagogisch wertvolle Interpretation: Damals hatten sie noch keinen Fernseher, also musste man einmal im Jahr mal etwas richtig Cooles veranstalten). Eine ganze Armada von Heiligen, denen man die Köpfe abgeschnitten hat; einen weiteren Heiligen, dem man das Auge aufbohrt – Mama, was macht der Mann da? Verdammt noch mal! Schaut ja echt schlimm aus. Kann hier nicht endlich jemand mal irgendwelche Blümchen, Engelchen oder Porträts anschauen!? Wir gehen jetzt sofort in die Spielzeugabteilung!

Die liegt ganz versteckt in einem Nebengebäude und wir sind wohl deshalb auch allein dort. Aber auch das ist nicht das Wahre – keine Tablets, keine Computer. Naja, wir entdecken aber eine wirklich schöne historische Schachtel mit der Aufschrift „Für brave Kinder“, in die ein Tablet sehr gut hineinpassen würde (haha, die kann man bestimmt nachbauen!). Die Jungs flitzen durch, kommen nach zwei Minuten wieder und fragen, ob wir jetzt gehen. Auch Felicitas findet die bücherregalgroßen, aber komplett rosa-losen Puppenhäuser, in denen keine Barbie sitzt, nicht so prickelnd. Wir Erwachsenen bestaunen papierne Theaterkulissen. Meist von Erwachsenen bedient, die Kinder durften aber die Rollen auswendig lernen. Geil, gell! Was für ein Freizeit-Vergnügen! Werde ich mir gleich für die Weihnachtsferien vormerken. Die einzige Attraktion, die alle flasht, sind die Toiletten.

Ok, das war’s dann. Wir gehen – schnell, denn irgendwie geht es nicht in meinen Kopf, dass die Jungs außer ein bisschen Gemaule noch nichts Fürchterliches angestellt haben – und das soll auch so bleiben. Einen Trumph haben wir noch: Bei unseren Museumtickets war freundlicherweise ein Gutschein für jeweils ein Getränk in einem Café in der Nähe dabei. Fröhlich begeben wir uns durch das Treiben in der Fußgängerzone dorthin. Echt nett dort. Der einzige freie Platz befindet sich neben einem Tisch mit einem älteren Ehepaar. Da bin ich mittlerweile ein wenig misstrauisch, wie die auf so eine Kinderschar reagieren, aber es hilft ja nichts. Außerdem bin ich diesmal vollkommen auf dem falschen Dampfer, denn diese Menschen lächeln uns ganz freundlich zu („noch“ raunt mir mein Pessimismus zu).

Nein, sie sitzen nur artig da und lächeln, und sie schenken uns obendrein sogar noch zwei Gutscheine – anscheinend waren sie ebenfalls im Museum gewesen. Wie teilen wir die jetzt auf? Wie wäre es mit zweimal Champagner für die Damen? „Zwei Geschwister teilen sich ein Getränk“, ruft meine Freundin fröhlich. Ok, auch eine Idee. Da ich kein Geschwister dabei habe und sie auch nicht, heißt das wohl, dass wir den Blagen die Gutscheine überlassen.

Tja, was soll ich sagen, das war eine gute Idee, denn die größeren Kinder laufen eifrig los und holen sich ihre süße Plörre, während es meiner Freundin schwant, was sie angestellt hat. „Das dauert keine fünf Sekunden, und dann fangen sie an zu streiten, wie IMMER!“

Haha, bei uns läuft das so: Felicitas überlässt Mario ihre Limo, weil sie schon genug hat. Ich schaue gespannt auf die beiden anderen und auf die Uhr: nur eine Sekunde, dann geht es los.

Freundin-Tochter: „Mann, der trinkt immer so viel.“

Freundin-Sohn: “Stimmt überhaupt nicht, Du!“ Er zieht wie ein Verrückter an seinem Strohhalm.

„Machst Du doch! Hör endlich auf zu trinken, jetzt bin ich dran!“
„Nein!“ (Saugsaugsaug)

„Maaaamaaa, er hört nicht auf zu trinken!“
„Hör jetzt auf zu trinken, lass sie auch mal.“

„Saugsaugsaug.“

(Kreisch)

„Komm, lass sie endlich.“ (Resoluter Griff an die Limoflasche).

Tochter: „Saugsaugsaug!“

„Hey, die trinkt alles aus!“

„Stimmt ja gar nicht, Du hast viel mehr getrunken!“

Usw.

Ich genieße den sich entspinnenden Geschwisterstreit, für den ich nicht zuständig bin, muss allerdings einen eher unspezifischen Nervenzusammenbruch mit lautem Geheule von Felicitas ertragen (der sich ganz gewiss nicht als Spätfolge in frühem Schlafverhalten äußern wird). Zeit zum Aufbruch, meine Lieben.

Die Jungs haben sich aus drei dicken schwarzen Strohhalmen jeweils einen ca. 1 Meter langen Monster-Strohhalm gebastelt, von dem sie ums Verrecken nicht ablassen wollen, was in der vollen U-Bahn einen gewissen hypnotischen Effekt auf uns hat. Ich kann nicht aufhören, auf diese Strohhalme zu starren, weil dieser in meinem Kopfkino demnächst im Nasenloch oder Auge eines anderen Fahrgasts verschwinden wird, bin aber zu willensschwach, um die Halme mit bösem Mama-Geblaffe einzukassieren, da ja bislang noch nichts dergleichen passiert ist. Ja, und es passiert auch tatsächlich nichts. Wahrscheinlich weil wir Mamas diese jetzt per telepathischer Fernbedienung lenken. Puh, geschafft! Museum ist heil, wir auch.

Nachtrag zum Thema Geschwisterstreit: Als wir schon längst ohne unsere lieben Freunde im Bus in die Pampa sitzen, fällt Felicitas auf, dass sie geneppt wurde. „Ich will aber auch so eine Limo.“ Wer zu spät kommt … dem kauft Mama noch eine gelbe Brause im Supermarkt.

Freitag, 8. April 2016

„Nur 10 Minuten“: Die perfekte Anleitung, um in Anwesenheit von Kindern in Ruhe zu telefonieren

Jede Mutter kennt es. Es gibt Telefonate, die man einfach führen muss, ohne dass das Gegenüber den Verdacht bekommt, man säße direkt im Paviankäfig, bzw. wäre es auch sehr schön, wenn man selbst gelegentlich was von dem Gespräch mitkriegt. Sagen wir, um 16 Uhr. Ja gerne. Normaler Mensch: greift um 16 Uhr zum Telefonhörer. Mama: greift um 15.50 zum Telefonhörer nach ausgefuchster Strategie-Entwicklung. 
Die sieht zum Beispiel so aus: 16 Uhr ist, wenn man meine Tochter betrachtet, jetzt gar nicht so übel, da ist sie gar nicht da! Aber: Wenn das Telefonat länger als bis 16.25 dauern sollte, habe ich ein Problem, da ich sie vom Sport wieder abholen muss. Hm. Riskier ich’s oder nicht? Was ist eigentlich mit dem Kindsvater? Nee, der ist geschäftlich notfallmäßig unterwegs, das wird dauern. Aber meine Nachbarin, deren Tochter ebenfalls im Sport ist, die könnte doch auch… SMS an Nachbarin geschrieben. Meine Nachbarin empfiehlt, sich an Freundin K. zu wenden, die ihre Tochter abholt, da meine Nachbarin zu diesem Zeitpunkt bei der Physiotherapie ist. Hm. Freundin K. hat zwei Töchter + Nachbarinnenkind – hat die noch den Nerv für ein viertes? Ich zögere. Dann spreche ich sie doch in letzter Minute an der Tür zur Turnhalle an. Ist mir zwar ein bisschen peinlich, was bei mir dazu führt, dass ich sie vollquatsche wie verrückter Papagei. Aber die verschiedenen Formen der Erniedrigung beim Leute-Anbetteln wegen Kinderbetreuung bin ich schon gewöhnt, das Wichtigste: Es geht klar!
Ach ja, ich habe auch noch zwei sehr laute und sehr lebhafte Söhne, die heute ca. um 16.10 nach Hause kommen. Wenn ich jetzt mein Telefonat um 15.50 statt um 16.00 beginne, habe ich schon mal ein wenig Luft. Aber: Risiko! Gesprächspartner könnte noch nicht da sein. Gespräch könnte länger dauern. Kurz den Summer der Tür betätigen kann ich, aber mehr nicht. Ich schreibe einen großen Zettel, den ich an die Haustür hänge (zum Glück habe ich neulich neues Klebeband besorgt): „Ich muss telefonieren. Bitte geht leise rein. Nehmt das Ipad. Smarties sind auch da. Mama.“ (Ipad laden, Smarties aus dem Versteck holen). Den Haustürschlüssel stecke ich von außen ein. Ja, und schon kann’s losgehen! 
Und wie immer, wenn man die beste Strategie hat, klappt alles auch ohne. Smarties und Ipad wurden ungenutzt wieder eingesammelt (diese Super-Taktik hebe ich mir für später auf!), Tochter auch, die ist erbost, dass sie nicht von Freundin K. und den liebreizenden anderen Mädels fremdbetreut wird. Aber bei einem gemeinsamen Spielplatzbesuch lässt sich das vergessen…

PS. Gewitzte LeserInnen fragen sich vielleicht, warum ich solche Termine dann überhaupt in Erwägung ziehe. Das ist so: Obwohl ich mit drei Kindern gesamtgesellschaftlich kein normaler Mensch mehr bin, tue ich trotzdem gern mal so. Und: No risk, no fun!

Dienstag, 5. April 2016

Was tun bei einer Beule?

Jeder, der mehrere Kinder hat, weiß, dass man einen gewissen Abhärtungsprozess durchläuft. Eine klassische Situation: Mutter kocht, Kind kommt laut weinend angerannt und hat sich den Kopf gestoßen.
Erstes Kind: Essen verbrennt, Kind wird sofort untersucht, beruhigt, nebenher noch mit fliegenden Fingern bei Dr. Google „Gehirnerschütterung“ abgefragt; Ehemann zur ferndiagnostischen Abklärung angerufen. Spezielle Kindersalbe, Pflaster, Kühlbeutel. Man schrammt am Besuch der Notfallambulanz gerade noch vorbei.
Zweites Kind: Schon wieder eine Beule! Kann der nicht besser aufpassen? Kochplatten werden seufzend abgestellt und ein extragroßes Placebo-Bärchen-Pflaster aufgeklebt.
Drittes Kind: Spritzt irgendwo Blut raus (check)? Nein? „Wenn’s sein muss, kannst Du Dir einen Kühlbeutel aus der Gefriertruhe holen.“
Habe ich das jetzt wirklich gesagt, fragte ich mich. Ja, hab ich. Kind hat übrigens vor lauter Euphorie über diese tolle Idee die Beule vergessen. 
Wenn ich’s mir jetzt genau überlege, was besser ist: Dann muss ich Euch doch sagen, dass Lösung 1 und 2 und 3 gleich gut funktionieren. 

Donnerstag, 25. Februar 2016

Dies & das: Die Kleidungsschlüsselgeschichte



Alle, die Kinder zu bekleiden haben, wissen, dass das ein Problem ist. Ich rede jetzt mal nicht von dem riesigen Beutel mit ca. 50 einzelnen Socken in allen gängigen Kindergrößen ohne Partner. Ich weiß, dass die einbeinigen unsichtbaren Zwerge, die unser Haus bewohnen, sie stehlen, und mache mir deswegen keine Gedanken mehr. Naja, ich habe mal kurz gegoogelt, ob es möglich ist, dass unsere Waschmaschine sie alle gefressen hätte, aber irgendwie … bei dieser Menge… wäre sie da nicht längst explodiert? Dass alle irgendwo versteckt sind, ist quasi ausgeschlossen, denn wir haben auf der Suche nach wichtigen Utensilien wie verschollenen (und wiedergefundenen!) Hausschlüsseln bereits alles mehrfach auf den Kopf gestellt. Die Kinder kommen auch NIE ohne zweiten Socken nach Hause, daher die einzige wissenschaftlich plausible Erklärung … siehe oben.
-4 Grad Celsius (das ist unter Null, es liegt ungewohntes weißes Zeug draußen herum). Mein Mittelkind Hot Timmy hat sich schon das passende Outfit für unseren Ausflug angezogen – Begleitung des Bruders zum Schwimmkurs. Fußballschuhe (zwei Nummern zu klein), kurze Fußballhose, T-Shirt, fertich! Ich spiele ehrlich gesagt schon kurz mit dem Gedanken, lehne es aber in halbherzigem Elan trotzdem einigermaßen überzeugend ab, ein Kind in Shorts mitzunehmen. Timmy zieht nolens volens eine Hose ein, d.h. eine Hose des Woolworth-Faschingskostüms „Ninja“ (6,99 Euro), die so dünn ist, dass dadurch man eine Zeitung bequem lesen kann. Weiterhin ein Sommer-Jäckchen aus Sweatshirt-Stoff sowie eine richtige Mütze (über Letzteres staune ich sehr). Zu mehr werde ich ihn nicht bringen – und ich denke wider besseren Wissens „Er wird schon merken, dass ihm kalt ist“ (haha) und packe noch ein paar Klamotten ein. Aber wie soll einem kalt werden, wenn man in Flitzinator-Geschwindigkeit durch das Raum-Zeit-Kontinuum rast? Ich trage meine Power-Winterjacke, Strumpfhosen, Jeans, megafette Wintersocken, Stiefel, einen großen Schal, 1 cm dicke Handschuhe. Und der Junge ist nie krank. Warum wohl? Radikale Abhärtung!!! Sofort, nachdem wir die Schwimmkurs-Schule betreten haben, macht Timmy Striptease, d.h. er ist wieder in kurzen Hosen zu sehen, die er NATÜRLICH heimlich mitgebracht hat. Nachdem wir zurück sind, stellt Timmy fest, dass er eine Blase am Fuß hat. Aha, aha! Was haben wir daraus gelernt? „Das geht wieder weg“, sagt er bedauernd. „Ich will noch eine!“ (Daraus wird nichts, mein Lieber! Die Schuhe sind WEG!).
Ach ja, zum krönenden Abschluss erzähle ich Euch noch die eingangs erwähnte Hausschlüssel-Geschichte: Nach monatelangem nervenzerfetzendem Dauernölen geben wir Mario einen eigenen Hausschlüssel. Wir schärfen ihm elternhaft ein, dass dieser Schlüssel sehr wichtig ist, nicht verloren werden darf etc. pp. Jaja, alles roger, wird gönnerhaft genickt. Ein riesiges Schlüsselband kommt der Übersichtlichkeit halber auch noch dran. Wie blöd kann man sein? – So sind wir halt, kann ich da nur sagen, denn klar ist: Der Schlüssel ist nach drei Tagen weg! Wir sind in Panik! WO IST ER NUR? 
Timmy behauptet, er hätte gesehen, dass Mario ihn in die Schule mitgenommen hätte. Aber Timmy behauptet auch, der so genannte „Pimmelbär“ hätte heute in der Schule den Unterricht gehalten. Sollen wir ihm jetzt glauben oder nicht? Mario, der Beschuldigte, tut sehr konsequent so, als würde er uns nicht hören, sobald ein elterlicher Satz das Wort „Schlüssel“ beinhaltet – so hätten wir uns auch verhalten sollen, sag ich mal. Das ist ja prima.
 Ich renne in die Schule und mache die halbe Belegschaft kirre, bzw. versuche es. Man deutet allerdings nur müde auf einen riesigen Haufen herumgeschmissener Sachen. Der Hausmeister wühlt ein riesiges Schlüsselsortiment in allen Formen und Größen durch. NJET! Nichts! Zusätzlich renne ich auch wie ein aufgeregtes Huhn über den Pausenhof, staune über eine riesige Anzahl von herumgeworfenen Frühstücksboxen und Flaschen, aber Schlüssel… Wir verzweifeln und halten unserem Ältesten Gardinenpredigten, die so lang sind, dass man sie mit der Spule aufrollen kann. Der Schlüssel ist weg. Opa unterstützt/stalkt uns durch regelmäßige Anrufe mit dem Tenor „Der Schlüssel kann doch gar nicht weg sein“. Das will ich ja gern glauben, aber: der Schlüssel IST weg.
Zwei Wochen später erhalten die Meisterdetektive einen weiteren Hinweis: Nun ist auch der Autoschlüssel weg, den mein Gemahl gern auf den Esstisch legt, obwohl er WEIß, dass wir Kinder haben (nehme ich an). Ich halte meinem Mann eine Gardinenpredigt à propos Schlüssel herumliegen lassen etc. pp. Aber nun gerät Felicitas ins Visier der Ermittler: Hat meine ordnungsliebende Tochter etwas mit dem geheimnisvollen Verschwinden zu tun? Ist ja schon ein bisschen verdächtig, wenn zwei Schlüssel verschwinden… was ich aber auch nicht 100% ausschließen kann. Ich nehme sie zum wiederholten Mal ins Kreuzverhör. Sie leugnet hartnäckig. Die Schlüssel sind weg. Ich stelle die Wohnung zum fünften Mal auf den Kopf (übrigens ohne Sockenfund, s.o.).
Irgendwann…. räume ich aus nicht nachvollziehbaren Gründen den Schrank mit Kindersicherung auf, den dreijährige Kinder nicht öffnen können (Achtung! In diesem Satz ist ein kleiner Denkfehler versteckt). Gut verborgen unter einer dicken Lage Geschirrtücher sehe ich ein Schlüsselband. Dann noch eins. Mit einem Schlüssel dran. Marios Schlüssel. Und ordentlich exakt parallel danebengelegt einen Autoschlüssel. Die Systematik erschließt sich von selbst. Das einzige Kind, das Dinge an einen logisch schlüssigen Platz in geometrisch genauer Anordnung aufräumt: Felicitas. Und Sherlock hat wieder einen interessanten Fall gelöst!

Montag, 11. Januar 2016

Das deutsche Schulsystem: Mami, mach mal!

Also, bei uns ist das ja so: Zwei eifrige, vor Lerneifer überschäumende Buben erledigen im Wettstreit die Hausaufgaben – wer sie wohl heute am besten macht? Und dann fragen sie sich gegenseitig ab. Gelernt wird bis in die frühen Abendstunden, selbstverständlich ohne Murren! Auch das geliebte Lesen im Bett wird noch für informative Texte genutzt!

Haha. Naja, man wird ja noch mal träumen dürfen. Also: Man kommt nach Hause und die Schulsachen werden gemeinsam mit Jacke, Mütze etc. auf einen dekorativen Haufen in den Flur gepfeffert. Dann falle ich drüber und meckere/nörgle/schimpfe, was das Zeug hält. Aber das Gehör meine Söhne hat den Defekt/die Gabe, dass die Nörgelfrequenz ebenso wie Lehrerinnenbeschallung praktisch mühelos herausgefiltert wird und auf Interessantes umgelenkt. Idealerweise mit einem möglichst großen Bildschirm. Leider hat die böse MACHT Mama da den Daumen drauf. Aber es gibt ja auch noch andere schöne Dinge im Leben. Zum Beispiel: Wir schmeißen uns mit Schmackes auf den Bruder und prügeln uns, dass die Schwarte kracht! Oder wir gehen beleidigt in ein Zimmer und sperren uns ein – Nörgelfrequenz: „Lass da bitte, Du kommst dann nicht mehr raus“ erfolgreich ausgeblendet.

Kurze Zeit darauf eilt Sohn 1 herbei: „Mama, Timmy hat sich eingesperrt und kommt da nicht mehr raus.“ Welch eine Überraschung! Und: Das Zeit-Management ist perfekt! Ich stehe nämlich am Herd, vier von vier Platten im Einsatz. Es macht mir jetzt nicht SO VIEL aus, dass ein Unruhestifter im Verließ ist, aber ich muss ihn da rauslotsen, bevor er ernsthaft die Panik bekommt, sonst haben wir ein PROBLEM.

Also kommt es, wie es kommen muss: Ich rase hin und her, rühre schnell um, linse durchs Schlüsselloch, „Du musst den Schlüsssel richtig hineinstecken!!!“, schnell zurück und herunterschalten, bevor das überkocht, was auch immer es ist, „Bitte GANZ rein! Und dann umdrehen!“ Ich müsste noch mal kurz überlegen, in welche Richtung, aber Felicitas schreit: „MAAAMAAA! KAKA!“ Ok, kurze Schleife zum Hinternabwischen, der Gefängnisinsasse ist noch ruhig. Was machen meine kulinarischen Highlights? Ich rechne noch mal nach, wer wie viele Fischstäbchen wollte. Zum Glück ist mein Mann jetzt da, er coacht unser Käfigkind, bis es selbstständig herauskommt. Warum ich deswegen nicht durchdrehe: Ist schon unter weit widrigeren Umständen passiert (Highlight einmal im Urlaub: Befreiung nur möglich mit Hilfe eines sehr dünnen und gelenkigen Helfers, der durch eine Luke oben im WC krabbeln konnte). Irgendwie haben wir bisher alle ohne Einsatz der Feuerwehr rausgekriegt.

Ach ja… eigentlich wollen wir uns ja um die Hausaufgaben kümmern. Der Älteste erklärt voll Stolz, dass er derzeit (angeblich) kontinuierlich Hausaufgaben erledige. Jackpot! Leider sind die Elaborate kurzzeitig verschwunden, so dass ich sie nicht wirklich zu Gesicht bekomme. Die suche ich nachher! Also, wenn ich das Käfigkind beruhigt und alle bewirtet habe, einschließlich komplett fassungslosen Gastkinds (Mädchen, 3 Fischstäbchen, Einzelkind, geringe Herumprügel-  und Gefängniserfahrung).

Na gut, EIGENTLICH können mir die Hausaufgaben ja wurscht sein, oder? Stichwort Eigenverantwortung. Eine gute Sache, würde man denken, nicht wahr? Eigenverantwortung lernen. Mann, das klingt ja sowas von prima! Kriegt er halt Ärger in der Schule. Wird er ja was draus lernen. Theoretisch richtig, aber:… Kurze Zeit nach dem Vergehen trudeln erste, aber ernste Benachrichtigungen an MAMA ein. Kind hat seine Hausaufgaben MEHRMALS nicht vollständig erledigt. Kind verhält sich ungebührlich. Kind hat sein Federmäppchen nicht ausreichend bestückt, MAMA soll sich darum kümmern. MAMA soll in die Sprechstunde kommen. MAMA, mach mal! Kümmere Dich endlich mal um Deine missratene, vernachlässigte Brut! Das hört MAMA natürlich überhaupt nicht gerne. Und schon ist MAMA Federmäppchen-Beauftragte, Nachhilfelehrerin, Sozialpädagogin, ferndiagnostische Schulberaterin etc. pp. Komisch nur, dass es hierzulande ja von missratener, vernachlässigter Brut nur so wimmelt.

Eine Mama hat mir nach drei Monaten Schule ein komplett vollgeschriebenes sog. Mitteilungsheft mit Lehrer-Prosa zum Fehlverhalten ihres Sohnes gezeigt. Und das ist ein ganz normaler Junge. Dachte ich. Aber das dachte ich von meinen Jungs ja auch! Und von Michael und von Ali und von Leon und von Jonas und von Max und von Gabriel und von … etc. pp. auch (Namen rein fiktiv)! Und jetzt kommt heraus, die sind alle schwer vernachlässigt/missraten/behandlungsbedürftig! Alle Mamas seufzen schwer. Und fügen sich in ihren Job als Federmäppchen-Beauftragte, Nachhilfelehrerin, Sozialpädagogin, ferndiagnostische Schulberaterin etc. pp.

Und was machen die Kinder, deren Mütter ihren Kindern nicht erklären können, was eine Auslautverhärtung ist? Weiß ich nicht. Müssen ohne Auslautverhärtung klarkommen.

Ein paar Schlagworte: Pisa-Schock, Bildungsreform, gleiche Chancen für alle etc. pp. Also, die üblichen Sonntagsreden. Bei uns gab’s nicht den Pisa-Schock, sondern den Pilz-Schock. Mein Gedächtnis, das in schulischen Belangen doch ein wenig lückenhaft geworden ist, gab anlässlich des Schulstoffs meines Sohnes, einen Blick auf einstmals Gelerntes frei: Ja, genau, diesen endlangweiligen Stoff hatte ich auch! Ihr wisst schon, damals in der STEINZEIT! Da gab’s auch schon Pilze! Mit einem Myzel. Dieses Wort habe ich seit dem bewussten Tag in der 3. Klasse NIE wieder benutzt, bis zu dem entscheidenden Moment, als ich beschloss, meinen Sohn mit Heimat- und Sachkunde zu foltern. Naja, ich hatte immerhin als Kind noch praktische Erfahrung im Pilzsammeln mit den Eltern und Großeltern (Letzere waren als Kriegsgeneration natürlich firm in Pilzkunde), seit Tschernobyl hat das Thema einfach einen gewissen Einschnitt erhalten, von dem es sich hierzulande nicht wirklich erholt hat. Ehrlich, ich werde auch keine Pilze sammeln, weil ich zwar weiß, was ein Myzel ist, aber… sonst!?

Also, alt wie ich bin, herrscht in mir à propos Reformfähigkeit mancher Systeme eine gewisse Abgeklärtheit. Ok, das dauert dann halt noch dreißig Jahre. Oder hundert. Wir bläuen uns jetzt diese Pilze einfach ein. So schlimm finde ich das auch nicht, auch wenn Lernen mit Spaß natürlich mehr bringt. Aber manchmal muss ein Cowboy auch einfach das tun, was getan werden muss. Aber irgendwie herrscht doch ein Unbehagen, wenn der Cowboy ständig auf Mamas Federmäppchenfolterdienst angewiesen ist. Das kann’s eigentlich nicht sein… oder? Hallo Lucky Luke! Wenn Du jetzt nicht SOFORT dein Federmäppchen aufräumst, DREHE ICH DURCH! VIELE GRÜßE! MAMA