Dienstag, 30. September 2014

Die Sportskanone Teil 2

Mein jüngerer Sohn Timmy (formerly known as Kinderroboter 2) will heute mit mir laufen gehen! Bisher ist er ja hin und wieder durch leichte Sabotage-Aktionen aufgefallen und lahmte gelegentlich wie ein alter Esel, aber ich bin trotzdem begeistert, dass jemand mitkommen will, denn mein Großmutter-Gezuckel ist schon ein bisschen langweilig. Also los! Schnell raus, bevor es stockfinster wird. Mein Sohn 1 liest Comics und ist nicht vom Sofa herunterzukriegen. „Wir laufen zum Froschteich“, schlägt Timmy vor. Wunderbar. Stramm zieht er an. „Wenn ich zurückkommen soll, pfeifst Du einfach!“, sagt er und läuft los. Ich pfeife sehr oft. Mann, ist der lahme Esel schnell. Er biegt zügig zum Teich ab. „Timmy, was soll ich dann die ganze Zeit machen, während Du eklige Tiere anschaust?“, maule ich. „Geh einfach ein bisschen zur Seite!“ „Und wenn mich dann die Mücken stechen?“ „Dann gehst Du noch ein Stück zurück!“ „Und wenn sie mich dann immer noch beißen?“ „Gehst Du noch weiter“, antwortet er freundlich lächelnd. Wir führen diese Unterhaltung noch eine Weile, bis ich aufgebe – in Punkto „nervige Wiederholungen“ sind Kinder einfach nicht zu schlagen. Dort angelangt weist er mich an, in einer Ecke Gymnastik zu machen, während er die Flora und Fauna inspiziert. Er doziert ein wenig über Kaulquappen, hält aber dann bei einem Blick auf meine Gymnastik-Aktivitäten leicht entsetzt inne. So kann das anscheinend nicht weitergehen:„Ich zeige Dir jetzt ein paar gefährliche Übungen!“, sagt er angesichts meiner ungeschickten Dehnungsversuche. „Hier der Nasenknick! Mach das mal!“ Ich mache den Nasenknick. Dann eine Gesichtsgymnastik, die aussieht wie ein Super-Facelift. Naja, kann nicht schaden, vielleicht hilft’s ja. Sicherheitshalber, um meinen Trainer komplett zufriedenzustellen, drücke ich noch mit meinem Zeigefinger auf meine Nasenspitze und zeige meine Nasenlöcher. Super, nickt er.
So! Es wird allmählich dunkel, daher muss jetzt hier mal Tempo in die Sache, beschließt Timmy. „Wir machen jetzt eine Super-Attacke!“ Noch ahne ich arme Sau nichts Böses. „Was ist das denn, Timmy?“ Super-Attacke: „ATTACKE! ATTACKE!“ brüllen und rennen wie der Teufel. Ich nehme die Beine in die Hand und komme trotzdem kaum gegen ihn an. „Pause! Pause!“, rufe ich mit rudernden Armen. Zwei Schritte später schreit der Bengel schon wieder: „SUPER-ATTACKE!“ Verdammt! Ich kriege ja immer noch kaum Luft. „Kannst Du bis da vorne warten?“, frage ich schleimig. „An der Kreuzung?“ Ok, aber dann geht’s weiter! Mr. Super-Attacke hetzt mich durch die Botanik. „SUPER-ATTACKE!“ Die Schonzeit ist vorbei! Ich brauche Doping!!! Ganz schnell! Und wieder „SUPER-ATTACKE!“ Ich keuche wie ein Walross, während der Sohnemann taufrisch an mir vorbeizieht. Und die nervigen Wiederholungen von vorhin bekomme ich dann auch noch heimgezahlt: „Na, wer war der Schnellste?“ – „Timmy!“ – „Und wer war der Langsamste?“ – „Mama!“ Ich ziehe die Haustür auf. „Wer war noch mal der Schnellste?“ – „Timmy…“ – „Und der Langsamste?“ – „Mama!“ – „Wer war….“ – JAJA, hab’s kapiert!

Freitag, 26. September 2014

Die Legonauten: Besuch ins Legoland

Heute ist es endlich soweit! Wir fahren ins Legoland! Die Euphorie bei den Kindern ist groß, ich frage mich, warum das bei mir nicht so ganz der Fall ist. So ganz unkritisch sehe ich diese riesige, überteuerte Marketingveranstaltung für Lego ja nicht. Der Eintritt kostet ca. 40 Euro – und zwar nicht für die ganze Familie, sondern pro Nase. Und wer würde sonst allein für einen Parkplatz auf einem Feld in der Günzburger Pampa sechs Euro bezahlen? Komplett irre. Aber egal. Da muss man als Eltern halt mal durch. Etwas ängstlich beäuge ich die Wetteraussichten, die zwischen „leichtem Regen“ und normalem „Regen“ variieren. Wird schon nicht so schlimm sein, oder? Das gibt meinen Vorbereitungen noch den kleinen Schlenkerer „Schirm für Felicitas kaufen“, „Gummistiefel“ sortieren“, „Regenjacken und Schirme suchen“, aber das ist auch egal.
In der Früh läuft alles ganz prima. Ich schneide schnell Paprikastreifen zum Mitnehmen auf, die Weintrauben habe ich schon verstaut. Mein Mann fühlt sich dazu berufen, die acht Semmeln zu belegen, die ich aufgebacken habe. In enervierender Langsamkeit belegt er diese, filetiert Gurkenscheiben in exakt 0,4 mm dicke Scheiben, sortiert Käse- und Wurstscheiben, schmiert Butter und Frischkäse (riskant! Welches unserer Kinder isst Frischkäse?). Das dauert so lange, dass ich ihm am liebsten die Brote aus der Hand reißen würde, aber erstens wäre er dann sauer, außerdem wäre das doch ein bisschen demotivierend, oder? „Na siehst Du, Nina, so schnell kann man leckere Brote machen!“ Meine Rede! Dann wickelt er diese sachte ein und beschriftet jedes Paket („Salami“, „Butter mit Gurke“ etc.). „Genial, oder?“, stellt er fest. Unser Fress- und Accessoirekorb ist so schwer, dass ich schon leichte Bedenken habe, dass der Kinderwagen, der diesen tragen soll, zerbricht, aber wir brauchen das alles!
Im Auto haben natürlich alle, besonders ich, sofort Hunger. Mein Mann ist böse, weil Felicitas Frischkäse auf dem Autositz verstreicht. Wessen Idee war der Frischkäse noch mal? War auch keine Absicht, sie ruft entsetzt nach Papiertüchern. Immerhin kommen wir ohne Pipipause durch!
Endlich da! Die Kinder stürmen hinein. Überall Städte und Flughäfen und Bauernhöfe in Kleinformat aus Lego. Wie goldig. Felicitas und Timmy und Mama sind hin und weg. Sogar die Sonne kommt durch. Wer sagt’s denn! Der Wetterbericht übertreibt ja wieder mal total! Mario schaut sich das Treiben geduldig ca. 120 Sekunden an, dann will er in irgendwelchen Achterbahnen und sonstigen Höllenmaschinen fahren, die kilometerhoch am Horizont dräuen. Also, ich traue mich ins Kinderkarussel (wenn es sich nicht so schnell dreht). „Geht ruhig!“, sage ich großzügig zu Mario und meinem Mann. „Ich bleibe hier und passe auf Felicitas und Timmy auf.“ Mein Mann wird mit hängenden Schultern abgeführt. Als wir uns wieder treffen, ist mein Liebster etwas bleich und Mario beschwert sich, dass er nicht noch mal fahren durfte! Felicitas ruft: „Felicitas auch!“ Wir gehen lieber mal weiter, oder? Prompt geraten wir an das nächste Höllengefährt. „Geh nur!“, lächle ich verschlagen. Timmy reitet währenddessen auf einem künstlichen Reitpferdchen und Felicitas auf einem Legoschwein. Es beginnt ein wenig zu tröpfeln, aber das macht nichts, ich bin ja ausgerüstet. Wir haben alle Regenmäntel dabei, drei Schirme, eine Plastikplane für den Kinderwagen und die Kinder tragen Gummistiefel (mein Mann: „Wieso hast Du den Kindern Gummistiefel angezogen? Das sieht ja aus, als würden sie im Kuhstall arbeiten!“). Der Platzregen, der nun herniederprasselt, ist allerdings auch mit solcher Ausrüstung nicht mehr zu bewältigen, wir bräuchten eine Arche Noah für diese Sintflut. Du liebe Scheiße! Zum Glück können wir uns unterstellen, allerdings in einem Quengelladen mit überteuerten Gummibärchen und Legos. Zum Glück habe ich eine geheime Riesenpackung Schokoriegel dabei, die ich nun an alle Quengler verteile. Mein Mann bekommt als Erster einen (heimlich stecke ich ihm noch einen zweiten zu). Nach einer Viertelstunde Litanei „Nein, ihr bekommt keine Gummibärchen/Legos/Gläser/Plastikmist“ und Finger-Wegziehen lässt der Regen endlich nach und wir können zu einer Drachenbahn, die ab vier Jahren zu bewältigen ist. Mich packt der Übermut! Ich nehme all meinen Mut zusammen und erkläre, ich würde mitfahren. Oh Gott! Ich setze Timmy neben mich (Mario ist vor uns), und gebe ihm meine Hand, um ihm Mut zuzusprechen (haha, guter Trick, gell?). Oh mein Gott, das Teil stürzt in die Tiefe! Und wieder hinauf! Ich quetsche Timmys Hand! KREISCH! OH! MEIN! GOTT! KREISCH! Ich bin sehr stolz auf mi… äh Timmy, dass er das geschafft hat. Der Regen nimmt wieder gewaltig zu und fließt an großen, aber trotzdem knuffigen Legogiraffen, Legosauriern, Legoelefanten usw. herab. Ich glaube, es ist Zeit für eine Mittagspause. In einem Restaurant gibt es angeblich Pizza – eigentlich undefinierbare Teigfladen mit rostfarbener Pampe drauf. Timmy klagt: „Hier stinkt es nach Käse.“ Ok, wenngleich das bestimmt kein Käse ist, aber wir setzen uns lieber mal auf die überdachte Terrasse. Wir verteilen das gruselige Pizza-Imitat (7 Euro) unter uns. Nebenan ist ein Kinderspielplatz für Kleine, auf den sich alle Kinder stürzen. Gerne! Wir Eltern beobachten derweil in stiller Andacht die romantischen dunkelgrau-schwarzen Wolkenformationen am Himmel. Alarm, Alarm! Felicitas stinkt! Wir schleppen die unwillige Felicitas in einen Wickelraum, der freundlicherweise direkt neben dem Spielplatz steht. Oh Mann!!!! Also, die gute Nachricht: die Socken sind sauber, die schlechte: sonst nichts.… Mein Mann jammert, dass sein Hemd jetzt auch einen Fleck hätte. Ja, also, an Wechselwäsche für ihn habe ich jetzt nicht gedacht. Stinkst Du halt ein bisschen. Wir ziehen Felicitas mit der von mir mitgebrachten Wechselwäsche von Kopf bis Fuß um und legen die schmutzigen Sachen in die ebenfalls von mir eigens zu diesem Zwecke mitgeführte Plastiktüte! Profiliga, wir kommen! Leider haben sich die Schleusen den Himmels während dieser Aktion wieder geöffnet und keiner hat daran gedacht, die Plastikplane über den Kinderwagen zu ziehen. Der ist jetzt nass. Genauso wie Felicitas, die sofort mit der neuen Jeans in eine Pfütze gesprungen ist. Die Jungs sind zum Glück beide noch da und hüpfen fröhlich im Regen herum. Leider lag Timmys Regenjacke nun einige Zeit am Boden und der Knabe sieht irgendwie leicht blau angelaufen aus und zittert. Aber Mario hat die nächste Bahn gesichtet, auch Timmy ist nicht mehr zu halten. Ich auch nicht! Superwoman kommt mit! Aber jetzt hilft nichts mehr: Ich muss Timmy schnell umziehen. Eine trockene Hose hab ich auch für ihn dabei, allerdings (Profiliga ade!) keinen Pulli. „Timmy, ich ziehe Dir mein Hemd an, ok?“ Ich habe noch ein T-Shirt drunter, und mein Hemd ist ziemlich warm und dick. Er sieht aus, als hätte er ein langes Abendkleid an. Ich mache einen feschen Knoten vorne und seine Lippen haben schon wieder eine gesündere Farbe. Super! Findet Timmy komischerweise gar nicht. Da es aktuell nur noch leicht nieselt, will ich jetzt mit Felicitas in Autos ab 2 Jahren herumfahren. Felicitas freut sich riesig! Das Auto fährt langsam und es macht uns großen Spaß. Fünf Sekunden genießen wir die Fahrt an Legoaffen, -erdmännchen und anderem Legogetier entlang, dann peitscht ein Regentornado über uns hinweg, der sogar meinen Regenmantel durchnässt. Meine Schuhe sind nass und ich glaube, meine Unterhose auch. Das Auto zuckelt weiter. Felicitas ist es egal, dass sie aussieht wie eine nasse Ratte, sie will am liebsten noch weiterfahren, als wir endlich am Ziel sind. Nein danke! Leute, es hilft nichts, wir gehen jetzt. Mario – unerklärlicherweise ist der Burschi noch trocken - ist böse, weil wir ihm weitere Höllen-Achterbahnen verweigern. Aber da es so toll war, haben wir uns gleich eine Dauerkarte gekauft (ich fürchte, mein Verstand ist mir bei der 4-Jährigen-Bahn abhanden gekommen)! Bis bald, Legoland!

Mittwoch, 17. September 2014

Style-Check

Wenn meine beiden Jungs neue Hosen benötigen, versuche ich diese in der Regel heimlich zu kaufen, weil ich sie sonst mit dem Lasso einfangen müsste und in ein Kleidergeschäft verschleppen. Besonders bemitleidenswerte Tröpfe werden sogar dazu gezwungen, diese anzuprobieren. Oh nein!!! Kinderquälerei der übelsten Sorte! Daher staunte ich nicht schlecht, als Felicitas (2 Jahre!) sich hinsetzte und sehr lange einen Modeprospekt mit Kinderbekleidung studierte, um dann auf ein Bild zu deuten und klipp und klar zu formulieren: „Das brauche ich!“ Zwei Leggings im Doppelpack und ein weißes Shirt mit Glitzerbild. Ok, das brauchen wir in der Tat gerade, sehr sinnvoll. Im Modegeschäft griff ich naiverweise zunächst nach der Leggingskombination einmal schwarz und einmal bordeaux-schwarz-kariert, für mich als Laiin sah das ganz gut aus. Ok, Madame? Felicitas schüttelt sehr, sehr ernst den Kopf. Das sind nicht die richtigen Leggings. Bitte ausschließlich die RICHTIGE Kombi einmal schwarz und einmal ANTHRAZIT nehmen!!! Ich suche weiter. Schwitz! Zum Glück gibt es sie noch in der richtigen Größe… Also, irgendwas läuft bei den Mädels ganz anders…. Eigentlich war der Plan, dass sie die Sachen der Jungs aufträgt und sich alles anziehen lässt, was ich für gut heiße. Leider hat Felicitas sehr genaue Vorstellungen davon, welche Kleidung sie tragen will. Sehr gerne Teile mit Schmetterlingen oder Punkten drauf, die jedoch auf gar keinen Fall auf der Hose sein dürfen. Das Beinkleid beim Feli-Style hat eine gedeckte Farbe, wie etwa eben jene Leggings bzw. Hosen, aber bitte ausschließlich schlichte blaue Jeans OHNE Deko wie Schmetterlinge, Blümchen etc. Bei den Oberteilen darf es dann gerne etwas verspielter sein. Das Thema „Socken“ ist leider zu komplex, um es hier darstellen zu können.
Ein großes Problem war das Thema „Hausschuhe“. Bedauerlicherweise gab es kein altes Paar von den Jungs mehr, zu dem ich sie verdonnern konnte. Also hier das Programm. Einmal Mario, einmal Felicitas. Nach einem Jahr behauptet Mario, dass ihm seine Schulhausschuhe immer noch passen würden. Ich zwinge ihn, diese anzuprobieren. „Die passen!“ Sein großer Zeh ist seltsam verkrümmt. „Mario, die passen Dir nicht.“ „Doch.“ „Mario, wir müssen Hausschuhe kaufen.“ Wir verhandeln mehrere Tage, bis ich es schaffe, ihn in ein Schuhgeschäft zu locken (ausgehandelter Kompromiss: Wir fahren mit den Rollschuhen hin, stecken die Rollschuhe dann in einen mitgebrachten uncoolen Kindergartenrucksack, den wegen der Uncoolheit ich in der Hand halten muss und nicht er, und gehen unauffällig hinein.) „Mario, welche Hausschuhe gefallen Dir?“ „Nimm einfach irgendwelche.“ „Du musst sie aber trotzdem anprobieren.“ Doppel-, Dreifachseufz. Eine Anprobe, alles super. Fertig.
Das gleiche Programm mit Felicitas. Felicitas inspiziert misstrauisch die ihr vorgestellten Paare. Sie schüttelt den Kopf. Wir probieren Schuhe an. „Die passen nicht!“, schreit sie entsetzt auf. Felicitas, Schühchen mit Pferdchen? Die magst Du doch? Njet! Rosa Blümchenschuhe? No! Monstertruck? No! Mit Schmetterlingen??? Spiderman? Hello Kitty, wenn es unbedingt sein muss? Nein!!!! Unverrichteter Dinge traben wir wieder nach Hause. Felicitas gibt mir einen kleinen Hinweis. Wenn wir Timmy vom Kindergarten abholen, bleibt sie immer an der Garderobe stehen, zieht ihre eigenen Schuhe aus und zieht sich ein Paar Lillifee-Pantoletten eines anderen, viel größeren Mädchens an und weigert sich diese wieder auszuziehen. Verdammt, wo soll ich jetzt Lillifee-Pantoletten herkriegen? In so einer winzigen Größe? Es sieht schlecht aus, sehr schlecht. Wir gehen noch mal ins Schuhgeschäft. Und nochmal. Felicitas' liebste Freizeitbeschäftigung: Hausschuhe kaufen. Felicitas sieht zum Glück schließlich ein, dass ich nicht in der Lage bin, das diffizile Problem zu lösen und beginnt, die Schuhkartons selbstständig zu durchwühlen. In der Tat findet sie dabei ein verstecktes, mintgrünes Paar mit weißen Sohlen und silbernem Glitzerrand in Größe 24 (exakt passend!). Geht doch, Mama! Ganz ehrlich: Auf die Herbst-/Winter-Kollektion bin ich schon gespannt!

Sonntag, 14. September 2014

Die Rückkehr des Kinderroboters


Mein ältester Sohn war ja einige Zeit in der Sommerfrische bei Oma und Opa und anscheinend hat sich meine Erinnerung verklärt, jedenfalls denke ich, mit einem 7-Jährigen wird man ja schon einigermaßen klarkommen. Mein geplantes Tätigkeitsprofil für ihn sieht so aus: mehrbändige Lesebücher für 2.-Klässler durchlesen (oder warum nicht gleich die Odysee?), sich leise ALLEIN beschäftigen, so dass ich gar nicht merke, dass er da ist, beim Einkaufen und Aufräumen helfen, mit mir kurz joggen gehen etc. Sein geplantes Tätigkeitsprofil für mich sieht so aus: Rund-um-die-Uhr-Bespaßung, ihn fernsehen lassen, so dass er gar nicht merkt, dass ich da bin, Essen reichen, ins Schwimmbad transportieren, Rollschuhe/Fahrräder/Skateboards holen, aktivieren, anschnallen, etc. Alternative wäre noch: zum Kindergeburtstag eingeladen werden. Schnittmenge: NULL! Er holt sich selbstständig das I-Pad und reagiert ungehalten, als ich den meiner Meinung nach raffinierten Trick anwende, das WLAN abzuschalten (Ich Volltrottel hatte angenommen, er würde denken, es sei defekt. Stattdessen rennt er direkt zum Router, hey, hast Du das WLAN ausgeschaltet? Und knipst es wütend wieder an). Auch als ich den zweiten Schwimmbadbesuch innerhalb von zwölf Stunden verweigere, ist die Stimmung schlecht. Man zieht sich wütend zurück und schaltet das Radio auf full power. Zum Glück bin ich gegen Lärm mittlerweile immun. Auch Versuche zur Güte, wie zum Beispiel gemeinschaftliches Pizzabacken, werden nicht begeistert aufgenommen, er versucht, den Teig roh zu essen, bis ich ihn auf dem Kleiderschrank in unerreichbarer Höhe deponiere. Alles ist Scheiße!
Doch irgendwann, wenn alles Scheiße ist und man den Fernseher ausschaltet, kommt die Inspiration! Angesichts des schmollenden Kerls werkele ich in der Wohnung herum und will eine Pappschachtel wegwerfen. „Mario, brauchst Du die?“ „NEIN! …. Ich brauche eine viel größere!“ Er geht los und sucht eine GROßE Pappschachtel. „Ich bastle einen neuen Kinderroboter.“ Ich kann mein Glück kaum fassen. Kinderroboter is back!!!! Mario holt eine große Windelschachtel und schneidet, malt, klebt, retuschiert. Das Ganze muss auf dem Balkon zum Trocknen. Wann ist der Kinderroboter endlich fertig???
„Du musst mir die Schachtel auf den Kopf setzen.“ Die kleine Schachtel, die ich doch nicht wegwerfen durfte, enthält das Ladegerät. Juhu! „Leider ist der Kinderroboter nass geworden. Kaputt!“ „Nein!“, antworte ich entsetzt. „Scherz! Er funktioniert immer noch!“
Er klebt sich ein Papier mit einem On/Off-Button auf den Unterarm, und endlich geht es los! Ich bestelle ihn nur noch rasch im Internet, schon klingelt es an der Tür, und er ist da! In fünf Minuten ist das Kinderzimmer, das seit drei Wochen Müll! Müll! Müll! schreit, komplett aufgeräumt. Dann wird es durchgesaugt. Deswegen liebe ich den Kinderroboter so sehr!
Sogar Timmy verwandelt sich in einen Roboter! Ich will nur noch Roboter, keine echten Kinder mehr! Der Kinderroboter 1 (Mario) will sogar mit mir joggen gehen. Er warnt mich ausdrücklich vor Kinderroboter 2 (Timmy). Egal! In meiner grenzenlosen Euphorie denke ich: Je mehr Roboter, desto besser. Wir schwärmen aus. Kinderroboter 2 verspricht: „Ich laufe bis zum Froschteich! Das ist ganz weit!“ Nun ja, ich hätte auf Kinderroboter 1 hören sollen. Denn sobald wir beim Froschteich sind, ist der Kinderroboter 2 defekt. Seine Batterien sind leer. Er fängt an, nach irgendwelchem ekligen Getier, schleimigen Wasserpflanzen usw. zu fischen und uns gelehrsame Vorträge darüber zu halten, während Kinderroboter 1 und Mamaroboter von großen Mücken zerstochen werden. „Siehst Du, Mama! Sagte ich doch!“, belehrt mich Kinderroboter 1. Jaja! Nur unter großen Mühen gelingt es uns, den defekten Kinderroboter 2 von seinen Aktionen abzulenken. Ständig entleert sich seine Batterie. Verdammt. Dann geschieht der Supergau. Auch Kinderroboter 1 ist defekt – das nutzt Kinderroboter 2, um den Sieg des Wettrennens zu erringen. Kinderroboter 1 ist stinksauer und bleibt vollständig auf der Wiese zurück.
Auf dem Weg nach Hause erreiche ich Papa-Roboter und Felicitas-Roboter, die sich aus irgendwelchen Gründen draußen herumtreiben. Wahrscheinlichste Mission: mich zu nerven. Der Felicitas-Spiderman-Roboter muss eine meterhohe Steinwand erklimmen, während der Timmynator irgendwo im Off verschwunden ist und Mario auf der Wiese herumschmollt. Mit Felicitas hole ich Mario zurück und treibe alle nach Hause. Erst mal duschen. Naja, ich kann ja Felicitas gleich mitnehmen und wir nehmen ein Mädelsbad. Optimistisch trage ich eine Schönheits-Maske auf (10 Minuten Einwirkzeit – klar, das schaffe ich nie!). …. Äh, hallo! Mädelsbad! Wieso sind plötzlich vier Personen in dieser Badewanne???? Naja, immerhin braucht man auf diese Weise nur ca. 3 Liter Wasser, bis die Wanne voll ist. Ich will hier raus!!! Das ist gar nicht so einfach, da sich sowohl der Duschschlauch als auch mehrere Kinder-Extremitäten um mich gewickelt haben. Mist! Plötzlich erscheint auch noch die Nase meine Nachbarin im Türspalt des Bades. Immerhin will sie nicht auch noch mit mir baden, sondern mir nur etwas sagen. Ok, wenn ich mich ranhalte, kann ich sie vielleicht noch aufhalten, so dass ich mit einer NNE (Nicht Nörgelnden Erwachsenen – dazu zählen weder ich noch mein Mann) reden kann, aber sie ist schon verschwunden. Mist.
Um halb zehn rufe ich eine Freundin an (NNE!). Misstrauisch fragt sie angesichts der Tatsache, dass sie mich tatsächlich versteht und die Affenkäfig-Hintergrundgeräusche fehlen: „Wo sind eigentlich Deine Kinder?“ Nein, ich habe sie wirklich nicht im Keller eingesperrt, tatsächlich schlafen ungewöhnlicherweise zwei von ihnen bereits. Nummer 1 hat sich zu Papa geschlichen, ich nehme mal an, sie schauen sich ein pädagogisch wertvolles Programm an, zum Beispiel, wie baue ich mir mit einfachen Mitteln einen Kampfjet. Aber egal! Ich genieße eine volle Stunde Ruhe! Als ich mir gerade die Zähne putze, höre ich Tapp-Tapp-Tapp. Felicitas ist anscheinend nach 60 Minuten Powernap der Meinung, es sei Zeit zum Aufstehen. Oder sie hat sich auch in einen Kinderroboter verwandelt und will staubsaugen. Am besten, ich wecke Mario und frage ihn, wo die Bastelanleitung für Schlafroboter ist! Der fehlt mir noch!

Freitag, 12. September 2014

Ich will Spaß, ich will Spaß!

Sohn Nr. 1 ist aus dem Oma-und-Opa-Camp zurückgekehrt. Achtung, frisch verwöhnt! Aber das Leben ist nun mal kein Ponyhof. Ich muss nämlich noch mal zum Zahnarzt. Er muss/darf mich begleiten. Ich coache ihn, dass der Tag heute nicht so der Riesenspaß wird, aber danach habe ich Zeit für all seine Wünsche und Begehren. Er kennt das schon, tappelt artig hinter mir her, liest beim Zahnarzt in stoischer Ruhe brav seinen Micky-Maus-Comic. Als wir wieder in der U-Bahn sitzen, höre ich: „Mama, ich fand den Ausflug ganz super! Die Ausflüge mit Dir machen mir ganz viel Spaß!“
Auf jeden Fall! Was für ein Glück, denn das ist ja auch mein Lieblings-Ferienprogramm! Deswegen gehen wir auch noch in die Bibliothek und geben Bücher zurück. Noch mehr Spaß! „Mama, ich will Dich glücklich machen!“ Genau, deshalb gehen wir jetzt direkt in den Supermarkt und kaufen lauter nützliche und gesunde Dinge ein. Keine Quengelei nach Süßigkeiten. Mein Sohn packt alle Sachen, die die Kassiererin in Millisekunden über den Scanner zieht, ebenso rasch ein. Was für ein Service! Wie konnte ich es jemals stressig finden, mit Kindern einkaufen zu gehen? „Mama, lass mich die Einkäufe tragen!“ „Mario, die sind doch zu schwer!“ „Nein, gib sie mir alle!“ Ich stopfe noch mehr Milchtüten in seinen Rucksack. Die schwere Einkaufstasche schneidet rote Ränder in seinen Unterarm. „Das macht nichts, ich bin doch stark!“ Ich warte eigentlich seit einer Stunde, wann er endlich die Katze aus dem Sack lässt. Dann ist es endlich soweit: „Und, darf ich jetzt Tom und Jerry auf Papas I-Pad schauen? Ganz lang?“

Freitag, 5. September 2014

Kochkurs wanted



Timmy hat Hunger und inspiziert den Kühlschrank. Aha! Er holt sich eine Packung meiner vegetarischen Bratwürste heraus. „Kann ich die haben?“ Klar. Anscheinend erinnert er sich an das Wochenende bei Oma und deren fleischhaltige Rostbratwürstchen. Ich bin mal gespannt und brate fröhlich die Eunuchen-Würstchen. Timmy beißt herzhaft hinein.  Empört ruft er aus: „Du kannst ja überhaupt nicht kochen! DU MUSST SIE SO MACHEN WIE OMA!“