Freitag, 26. September 2014

Die Legonauten: Besuch ins Legoland

Heute ist es endlich soweit! Wir fahren ins Legoland! Die Euphorie bei den Kindern ist groß, ich frage mich, warum das bei mir nicht so ganz der Fall ist. So ganz unkritisch sehe ich diese riesige, überteuerte Marketingveranstaltung für Lego ja nicht. Der Eintritt kostet ca. 40 Euro – und zwar nicht für die ganze Familie, sondern pro Nase. Und wer würde sonst allein für einen Parkplatz auf einem Feld in der Günzburger Pampa sechs Euro bezahlen? Komplett irre. Aber egal. Da muss man als Eltern halt mal durch. Etwas ängstlich beäuge ich die Wetteraussichten, die zwischen „leichtem Regen“ und normalem „Regen“ variieren. Wird schon nicht so schlimm sein, oder? Das gibt meinen Vorbereitungen noch den kleinen Schlenkerer „Schirm für Felicitas kaufen“, „Gummistiefel“ sortieren“, „Regenjacken und Schirme suchen“, aber das ist auch egal.
In der Früh läuft alles ganz prima. Ich schneide schnell Paprikastreifen zum Mitnehmen auf, die Weintrauben habe ich schon verstaut. Mein Mann fühlt sich dazu berufen, die acht Semmeln zu belegen, die ich aufgebacken habe. In enervierender Langsamkeit belegt er diese, filetiert Gurkenscheiben in exakt 0,4 mm dicke Scheiben, sortiert Käse- und Wurstscheiben, schmiert Butter und Frischkäse (riskant! Welches unserer Kinder isst Frischkäse?). Das dauert so lange, dass ich ihm am liebsten die Brote aus der Hand reißen würde, aber erstens wäre er dann sauer, außerdem wäre das doch ein bisschen demotivierend, oder? „Na siehst Du, Nina, so schnell kann man leckere Brote machen!“ Meine Rede! Dann wickelt er diese sachte ein und beschriftet jedes Paket („Salami“, „Butter mit Gurke“ etc.). „Genial, oder?“, stellt er fest. Unser Fress- und Accessoirekorb ist so schwer, dass ich schon leichte Bedenken habe, dass der Kinderwagen, der diesen tragen soll, zerbricht, aber wir brauchen das alles!
Im Auto haben natürlich alle, besonders ich, sofort Hunger. Mein Mann ist böse, weil Felicitas Frischkäse auf dem Autositz verstreicht. Wessen Idee war der Frischkäse noch mal? War auch keine Absicht, sie ruft entsetzt nach Papiertüchern. Immerhin kommen wir ohne Pipipause durch!
Endlich da! Die Kinder stürmen hinein. Überall Städte und Flughäfen und Bauernhöfe in Kleinformat aus Lego. Wie goldig. Felicitas und Timmy und Mama sind hin und weg. Sogar die Sonne kommt durch. Wer sagt’s denn! Der Wetterbericht übertreibt ja wieder mal total! Mario schaut sich das Treiben geduldig ca. 120 Sekunden an, dann will er in irgendwelchen Achterbahnen und sonstigen Höllenmaschinen fahren, die kilometerhoch am Horizont dräuen. Also, ich traue mich ins Kinderkarussel (wenn es sich nicht so schnell dreht). „Geht ruhig!“, sage ich großzügig zu Mario und meinem Mann. „Ich bleibe hier und passe auf Felicitas und Timmy auf.“ Mein Mann wird mit hängenden Schultern abgeführt. Als wir uns wieder treffen, ist mein Liebster etwas bleich und Mario beschwert sich, dass er nicht noch mal fahren durfte! Felicitas ruft: „Felicitas auch!“ Wir gehen lieber mal weiter, oder? Prompt geraten wir an das nächste Höllengefährt. „Geh nur!“, lächle ich verschlagen. Timmy reitet währenddessen auf einem künstlichen Reitpferdchen und Felicitas auf einem Legoschwein. Es beginnt ein wenig zu tröpfeln, aber das macht nichts, ich bin ja ausgerüstet. Wir haben alle Regenmäntel dabei, drei Schirme, eine Plastikplane für den Kinderwagen und die Kinder tragen Gummistiefel (mein Mann: „Wieso hast Du den Kindern Gummistiefel angezogen? Das sieht ja aus, als würden sie im Kuhstall arbeiten!“). Der Platzregen, der nun herniederprasselt, ist allerdings auch mit solcher Ausrüstung nicht mehr zu bewältigen, wir bräuchten eine Arche Noah für diese Sintflut. Du liebe Scheiße! Zum Glück können wir uns unterstellen, allerdings in einem Quengelladen mit überteuerten Gummibärchen und Legos. Zum Glück habe ich eine geheime Riesenpackung Schokoriegel dabei, die ich nun an alle Quengler verteile. Mein Mann bekommt als Erster einen (heimlich stecke ich ihm noch einen zweiten zu). Nach einer Viertelstunde Litanei „Nein, ihr bekommt keine Gummibärchen/Legos/Gläser/Plastikmist“ und Finger-Wegziehen lässt der Regen endlich nach und wir können zu einer Drachenbahn, die ab vier Jahren zu bewältigen ist. Mich packt der Übermut! Ich nehme all meinen Mut zusammen und erkläre, ich würde mitfahren. Oh Gott! Ich setze Timmy neben mich (Mario ist vor uns), und gebe ihm meine Hand, um ihm Mut zuzusprechen (haha, guter Trick, gell?). Oh mein Gott, das Teil stürzt in die Tiefe! Und wieder hinauf! Ich quetsche Timmys Hand! KREISCH! OH! MEIN! GOTT! KREISCH! Ich bin sehr stolz auf mi… äh Timmy, dass er das geschafft hat. Der Regen nimmt wieder gewaltig zu und fließt an großen, aber trotzdem knuffigen Legogiraffen, Legosauriern, Legoelefanten usw. herab. Ich glaube, es ist Zeit für eine Mittagspause. In einem Restaurant gibt es angeblich Pizza – eigentlich undefinierbare Teigfladen mit rostfarbener Pampe drauf. Timmy klagt: „Hier stinkt es nach Käse.“ Ok, wenngleich das bestimmt kein Käse ist, aber wir setzen uns lieber mal auf die überdachte Terrasse. Wir verteilen das gruselige Pizza-Imitat (7 Euro) unter uns. Nebenan ist ein Kinderspielplatz für Kleine, auf den sich alle Kinder stürzen. Gerne! Wir Eltern beobachten derweil in stiller Andacht die romantischen dunkelgrau-schwarzen Wolkenformationen am Himmel. Alarm, Alarm! Felicitas stinkt! Wir schleppen die unwillige Felicitas in einen Wickelraum, der freundlicherweise direkt neben dem Spielplatz steht. Oh Mann!!!! Also, die gute Nachricht: die Socken sind sauber, die schlechte: sonst nichts.… Mein Mann jammert, dass sein Hemd jetzt auch einen Fleck hätte. Ja, also, an Wechselwäsche für ihn habe ich jetzt nicht gedacht. Stinkst Du halt ein bisschen. Wir ziehen Felicitas mit der von mir mitgebrachten Wechselwäsche von Kopf bis Fuß um und legen die schmutzigen Sachen in die ebenfalls von mir eigens zu diesem Zwecke mitgeführte Plastiktüte! Profiliga, wir kommen! Leider haben sich die Schleusen den Himmels während dieser Aktion wieder geöffnet und keiner hat daran gedacht, die Plastikplane über den Kinderwagen zu ziehen. Der ist jetzt nass. Genauso wie Felicitas, die sofort mit der neuen Jeans in eine Pfütze gesprungen ist. Die Jungs sind zum Glück beide noch da und hüpfen fröhlich im Regen herum. Leider lag Timmys Regenjacke nun einige Zeit am Boden und der Knabe sieht irgendwie leicht blau angelaufen aus und zittert. Aber Mario hat die nächste Bahn gesichtet, auch Timmy ist nicht mehr zu halten. Ich auch nicht! Superwoman kommt mit! Aber jetzt hilft nichts mehr: Ich muss Timmy schnell umziehen. Eine trockene Hose hab ich auch für ihn dabei, allerdings (Profiliga ade!) keinen Pulli. „Timmy, ich ziehe Dir mein Hemd an, ok?“ Ich habe noch ein T-Shirt drunter, und mein Hemd ist ziemlich warm und dick. Er sieht aus, als hätte er ein langes Abendkleid an. Ich mache einen feschen Knoten vorne und seine Lippen haben schon wieder eine gesündere Farbe. Super! Findet Timmy komischerweise gar nicht. Da es aktuell nur noch leicht nieselt, will ich jetzt mit Felicitas in Autos ab 2 Jahren herumfahren. Felicitas freut sich riesig! Das Auto fährt langsam und es macht uns großen Spaß. Fünf Sekunden genießen wir die Fahrt an Legoaffen, -erdmännchen und anderem Legogetier entlang, dann peitscht ein Regentornado über uns hinweg, der sogar meinen Regenmantel durchnässt. Meine Schuhe sind nass und ich glaube, meine Unterhose auch. Das Auto zuckelt weiter. Felicitas ist es egal, dass sie aussieht wie eine nasse Ratte, sie will am liebsten noch weiterfahren, als wir endlich am Ziel sind. Nein danke! Leute, es hilft nichts, wir gehen jetzt. Mario – unerklärlicherweise ist der Burschi noch trocken - ist böse, weil wir ihm weitere Höllen-Achterbahnen verweigern. Aber da es so toll war, haben wir uns gleich eine Dauerkarte gekauft (ich fürchte, mein Verstand ist mir bei der 4-Jährigen-Bahn abhanden gekommen)! Bis bald, Legoland!