Freitag, 19. Dezember 2014

Grün, grün, grün sind alle meine Kleider… oder: wie man Kindern nervtötende Angewohnheiten abgewöhnt

Timmy hat zur Zeit eine relativ nervtötende Angewohnheit aus dem Kiga mitgebracht (von uns hat er das jedenfalls nicht!): er hat gelernt, ständig zu rülpsen. In Salven oder mit Abstand, laut und leise, je nach Wunsch. Also, man sagt was zu ihm: Timmy rülpst. Schwester benimmt sich nicht devot genug: Timmy rülpst ihr direkt ins Gesicht. Bruder fällt über ihn her: Timmy rülpst in Dino-Lautstärke. Herumnörgeln hat natürlich null Effekt, so weit bin ich schon in meinem Erkenntnisprozess, pro forma probiere ich es trotzdem – aber wie gesagt…. Ignorieren wäre jetzt vermutlich der pädagogisch empfohlene Weg, aber ich finde das so eklig, ich habe einfach keinen Bock, vier Wochen lang die Heididei-hier-rülpst-ja-keiner-Tour zu fahren. „Timmy hast Du gewusst, dass sich Kinder, die dauernd rülpsen, in Frösche verwandeln?“ (Wie komme ich bloß auf diese Schwachsinnsidee? Keine Ahnung!) „Sie werden ganz grün und bekommen glibbrige Beine und können nur noch hüpfen und dann bringen sie ihre Eltern an den Teich. Da sind ganz viele Frösche, Timmy, hast Du die gesehen?“ Timmys Gesicht hat leicht die Farbe gewechselt, was ich mit größter Genugtuung registriere. „Das sind alles Kinder, die so viel gerülpst haben!“ (Leute, was soll ich machen?). Interessant, interessant. Timmy ist ja nicht so leicht ins Bockshorn zu jagen, aber das saß. Rülpsprojekt ist zumindest für 24 Stunden unterbrochen. Nächster Tag: Rülps. Rülps. Rülps. Wir wissen ja jetzt: Das sieht nicht gut aus für den armen Timmy! Ich schaue ihn mir mal an. Sind da Saugnäpfe an Deinen Händen? Mensch, Deine Beine sind ja auch schon ganz grün! Timmys Augen weiten sich ein klein wenig. Dann Erleichterung: „Mama, ich glaube, das Grüne ist meine Hose.“ Mann, da haben wir ja noch mal Glück gehabt. Wieder 24 Stunden gewonnen, schätze ich…
Nächster Tag: Timmy rülpst. Ich erwähne das Wort Frosch. Timmy hat plötzlich Tränen in den Augen und fragt: „Stimmt das echt? Ich muss jetzt weinen.“ Oh Mann. Scheiße. Das ging ja voll in die Hose. Ich fürchte, ich muss jetzt massiv downshiften (vielleicht nörgle ich in Zukunft einfach wieder sinnlos herum). „Sind die Frösche im Teich alles KINDER?“, fragt er mit tränennassen Augen. Seufz. Was ist nur in mich gefahren? Das ging ja echt nach hinten los. „Und wenn ich dann ein Frosch bin – was DANN? Kann ich dann NIE WIEDER zurück?“ Heul. „Äh… das ist nur eine Geschichte, ich glaube, das stimmt gar nicht. Ganz bestimmt nicht.“ Heul. Heul. Heul. Was habe ich getan? Ich dachte irgendwie, ich aktiviere mal die Fantasie … aber doch nicht so arg! Wäre echt schön, wenn er jetzt ein wenig rülpsen würde!
Meine Lieben, falls sich jetzt auch Eure Augen mit mitfühlenden Tränen füllen: Ihr wisst doch hoffentlich, wie die Geschichte weitergeht. Nächster Tag: Rülps. Rülps. Rülps. Nur ein klein bisschen leiser. Für den Fall der Fälle, falls an der Froschgeschichte doch was dran wäre. Quaaak!

Dienstag, 16. Dezember 2014

Vorweihnachtszeit



Also, jetzt noch ein verspäteter Einstieg in das Thema „Vorweihnachtszeit“. Viele Memmen jammern ja herum, dass sie nicht in Stimmung kommen, wenn Ende August schon die ersten Lebkuchen in den Regalen der bösen Supermärkte liegen. Gut, wenn man es genau nimmt, ist man damit ein Drittel des Jahres allein mit sich stetig steigernder Weihnachts-/Endjahrespanik beschäftigt. Plus ein Monat Rekonvaleszenz danach. Für uns Erwachsene vielleicht eine Vorstellung, bei der uns ein klein wenig die Gänsehaut über den Rücken läuft. Bzw. aktuell freue ich mich schon sehr auf die Phase der Rekonvaleszenz.
Mein Ältester hingegen – obwohl weiträumig von Lebkuchenregalen abgeschottet – hat einen inneren Weihnachtsradar und beginnt zeitgleich mit der geschmähten Regalbefüllung mit „Warten auf das Christkind“. Eigentlich erfreulicherweise - obwohl das im septemberlichen Altweibersommer und Badebekleidung für uns doch ein wenig gewöhnungsbedürftig ist -, denn er beginnt sich sehr genau zu überlegen, was er sich zu Weihnachten wünscht, und einen Wunschzettel zu verfassen. Das gibt doch erhebliche Planungssicherheit und für uns Erwachsene sehr wenig Spielraum für das klassische Herumgejaule, dass Weihnachten immer so plötzlich komme. Nicht, dass das uns daran hindern würde, den gesamten Herbst mit sinnlosem Quatsch wie Arbeiten, Haushalt, Kinderbetreuung etc. zu verbummeln, aber wir könnten uns ja auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren, wenn wir nicht so schludrig wären.
Die wirklich wichtigen Dinge im Leben … sind natürlich GESCHENKE! Ach ja, erinnert Ihr Euch noch an die Zeit, als Ihr jeden Tag ein Türchen im Adventskalender geöffnet hat und diese 24 Tage sooo langsam vergingen? Also, dieses Problem habe ich nicht mehr!
Das ideale Geschenk für Kinder sieht in Mamas Augen im Prinzip so aus: pädagogisch wertvoll, selbstreinigend, stets wiederauffindbar (hat also die Größe eines Kleinwagens, der allerdings in eine kleine Schuhschachtel passen sollte, um es auch irgendwo noch unterzubringen), geräuschlos, beschäftigt die Kinder für mindestens drei Stunden, lässt sich nicht zu Prügelinstrumenten oder Waffen umbauen.
Das ideale Geschenk in Kinderaugen: grellbunte Plastikteile, die in alle Himmelsrichtungen verschmissen werden können, macht laute Quäk-, Sirenen- oder Furzgeräusche, idealerweise mit Bildschirm und/oder Knöpfen, die man zur Erzeugung eines hartnäckigen Tinnitus‘ bei Erwachsenen in monotoner Abfolge drücken kann. Es besteht auch mindestens 500 entweder sauharten Teilen – auf die man so schön drauftreten kann - oder haben eine schmierig-schleimige Gummikonsistenz, die man überall zu hartnäckigen Krusten verbacken kann. Super! Ich frage mich ernsthaft, warum Spielzeughersteller immer so begeistert auf ihre Packungen drucken lassen: 540 Teile! 730 Teile! 900 Teile! Wenn ich DAS sehe, kaufe ich den Traktor-Bausatz, der mir eigentlich ganz nett erschien, dann lieber doch nicht. Ist ja schon ein Unterschied, ob sich meine alten Knochen 100 oder 900 Mal pro Stunde bücken müssen (ach ja, muss man ja auch noch mal drei nehmen).
Also, Leute, Ihr seht, wir haben hier ein Problem. Schnittmengen zu bilden verlangt wirklich großes Engagement. Einmal dachte ich, ich bin schlau, und bin auf die Marketingmasche diverser Lernsoftware-Hersteller reingefallen, nach dem Motto „Lernen ist ja immer gut“. Mein Ältester liebt Nintendo, den sein Opa ihm geschenkt hatte, und so dachte ich, ich kaufe entsprechende Nintendo-LERNSPIELE. Habe recherchiert, im Internet Kundenbewertungen gelesen, verglichen etc. pp. Riesenstress. Und IHR GLAUBT DOCH NICHT IM ERNST, DASS DAS FUNKTIONIERT? Ich selbst fand sie dann so fad, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass ein Mensch, der wie mein Sohn in Millisekunden Knöpfe drücken kann, um irgendwelche Levels zu erreichen, mit so einer lahmen Gurke was anfangen kann. Da liest er dann lieber ein Buch!  
Im letzten Jahr hat Frau Superschlau dann bunte Plastikschlitten (1 Teil! Abwischbar! Nicht zu verlieren!) beim Weihnachtsmann bestellt. Sehr nett, aber leider hat es ja überhaupt nicht geschneit. Na, liebe Kinder, dann wartet Ihr einfach noch ein Jahr!
Da hätten wir ja schon fast eine Schnittmenge gefunden, denn mein Ältester, der das Thema Weihnachten wie gesagt sehr, sehr ernst nimmt, erwägt derzeit tatsächlich, Weihnachten ausfallen zu lassen. Er ist sich ziemlich sicher, nicht brav genug gewesen zu sein. Wenn ich den heutigen Besuch beim Kinderarzt mal ganz nüchtern betrachte, wo ich dem Geräuschpegel nach mit einem Käfig voller Affen auftauchte, nicht ganz unberechtigte Zweifel. Andererseits: Was wäre Weihnachten ohne Kinder, die glückstrahlend ihre drei Millionen Legosteine herumschmeißen? Oh Leute, ich freu mich schon so und hab auch noch an den Weihnachtsmann geschrieben, dass er ganz bestimmt bei uns persönlich vorbeischaut!

Sonntag, 7. Dezember 2014

Nikolaus

Wir machen Nikolaus immer so: Es gibt große rote Nikolaussocken, die an den Fenstergriffen aufgehängt werden. Abends war der Nikolaus allerdings bei anderen Nikoläusen beim Häkeln und (schwitz!) hätte derweil fast vergessen, bei meinen lieben Kindern, die auch nicht besonders brav waren, vorbeizuschauen. Aber der Nikolaus ist ja ein zuverlässiger „Mann“ und hat das doch noch geschafft! Leicht erschöpft sinkt er in die Laken. BRÜLL! Felicitas ist wach und verlangt nach Mama. Heul! Hust! Hust!
Nach einigen schönen, nur im Stundentakt unterbrochenen Schlummerstunden wache ich um  6.10 davon auf, wie eine hohe Stimme in mein Ohr fiept: „MAMA, Mama, der Nikolaus war da!“ (Great surprise!)
„Sehr schön …“ (grunz), „ich schlaf noch ein bisschen.“
„OKAY, MAMA!“, grölt es in mein Ohr. Tippel-tippel, weg, danke. Da Felicitas noch müde ist, kann ich tatsächlich noch ein wenig schlummern, da die Jungs jetzt soweit sind, dass sie samstags allein aufstehen und irgendwas machen. Was das genau ist, entzieht sich meiner Kenntnis, da sie entgegen ihrer sonstigen Praxis (Milchseen auf dem Tisch, Legoteile auf dem Boden, Unterhosendesaster im Schlafzimmer, Megadezibellautstärke) wenig Spuren ihrer Tätigkeiten hinterlassen – also vermute ich mal, sie beamen sich derweil in irgendein Raumschiff und nerven dort irgendwelche Außerirdischen, die daraufhin entsetzt kehrtmachen. Soll mir recht sein!
Aber heute ist das nicht so! Denn: Um 8.30 werde ich wieder wach. Sehr wach! Denn ich treffe auf zwei wache und ein schlafendes Kind, aber alle drei Nikolaussocken sind verschwunden. Felicitas geht also leer aus. Meiner Meinung nach geht das Ausrauben Wehrloser ein ganz klein wenig an der Botschaft des heiligen Nikolaus vorbei. Timmy – ehrlich gesagt, mein Hauptverdächtiger – leugnet alles (wurde selbst gestern im Kindergarten ausgeraubt, raubte daraufhin Felicitas aus, wurde daraufhin von mir aufgeklärt, dass das nicht die richtige Reaktion sei, also passen alle Indizien perfekt zusammen). Mario sagt: „Ich gebe es zu: Ich war es nicht.“ Mein Mann unterstützt mich, indem er die ganze Zeit lacht, aber da denke ich mir nichts dabei, da sein Gehirn solche Dinge wie Festtage oder Geburtstage sowieso grundsätzlich nicht absorbieren kann. Aber dafür kommt jetzt ein netter Überraschungsgast: das Rumpelstilzchen!!!

Samstag, 6. Dezember 2014

Der ultimative Erziehungsratschlag

Manchmal kommt ja an einen Punkt, wo man gerne mal einen guten Rat hätte zu Themen der Kinderentwicklung oder -erziehung („Hat das Kind was an den Ohren, da es mich überhaupt nicht zu hören scheint?“, „Ist diese Heulerei eigentlich noch normal?“, „Wieso streiten sich die Kinder den ganzen Tag?“). Man könnte jetzt zum Beispiel Google fragen, was man ja auch oft tut. Da kommt meistens raus: „Aller Wahrscheinlichkeit nach haben Sie einen Gehirntumor“ oder „ADHS! Sofort zum Kinderarzt/Kinderpsychologen/Ihr braucht dringend Hilfe von außen“ oder findet in einem Internetforum zu einem ähnlichen Problem „Moni P. aus C.: „Warscheinlich seit ihr todal unfähig eure Kinder gescheid zu erziehen. Bei mir läfut alles super, besonders seid die beiden ältesten im heim sint.“
Oder man liest in einer seriösen Online-Zeitschrift (Abonnieren Sie unseren Newsletter!) ein langes Interview eines renommierten Kinderpsychologen (bitte sofort Buch bei Amazon bestellen!), dessen Message – langer Rede, kurzer Sinn – lautet: „Wahrscheinlich seid Ihr total unfähig, auf Eure Kinder gescheit einzugehen!“ Au weia, schon wieder versagt…
Am besten, ich frage mal jemanden, den ich für kompetent halte, andere Mütter mit möglichst vielen Kindern zum Beispiel. Gut, da kann man auch mal danebenliegen. Ungern gehörte Ratschläge sind für mich etwa: „Ordnung? Ganz einfach: Ich stehe einfach jeden Tag um halb fünf auf! Ich BRAUCHE das richtig für mein Wohlbefinden!“ „Solche Probleme gibt es bei uns nicht, die Kinder wienern die Wohnung von selber durch.“ „Was meinst Du? Kinder wollen nicht schlafen? (Schulterzuck) Wir können unsere Kinder ab 18 Uhr kaum noch wachhalten, obwohl es da diesen interessanten Blockflöten-Förderkurs um 17.30 gibt.“ OMG, wie mein Sohn jetzt sagen würde (Oh, mein Gott!).
Aber zum Glück gibt es ja auch die richtig-richtig kompetenten Mütter. Sie sagen stoisch, vom Thema Gehirnerschütterung über unflätiges Verhalten bis zur Hausaufgabenverweigerung genau die sechs Wörter, die ich hören will: „Das ist alles nur EINE PHASE!“ Na, dann ist ja gut! Ich dachte nämlich schon, ich hätte ADHS oder einen Gehirntumor!

Montag, 1. Dezember 2014

Complicate Your Life!



Eine liebe Freundin hat mir ein Buch geschenkt: „Aus Liebe zum Wahnsinn“ von Georg Cadeggianini. Ich habe gerade erst angefangen zu lesen, aber bereits die erste Seite hat mich sehr gefallen, insbesondere das Motto „CYL“ Complicate Your Life (es geht dabei erst mal um die Tatsache, dass er sechs Kinder hat und dann noch eine Nudelmaschine – ich denke, mehr braucht man auch nicht zum Glücklichsein).
Das hat mich sehr angesprochen, denn CYL ist eigentlich auch eins meiner Lieblingsmottos. Nur meins? Aber besitzen wir nicht alle mittlerweile unzählige supernützliche Maschinen, die uns das Leben einfacher machen sollen? Nehmen wir beispielsweise Autos! Ist ja bis auf die Umweltverschmutzung, die Kosten, den Stau etc. eine super Sache, nicht mehr auf langsamen, kackenden Pferden herumzureiten. Aber nach einer gewissen Zeit der gesetzlosen Herumtreiberei kommt ja unter uns Menschen immer CYL ins Spiel: Falls Ihr mal versucht haben solltet, eine neue Kfz-Versicherung zu finden und dann ca. 300 Angaben – die natürlich erst mal erforscht sein wollen – in ein Online-Formular eingegeben habt, wisst Ihr, was ich meine. Und die Autos müssen natürlich auch alle korrekt betankt, gemeldet, getüvt, besteuert, bemautet werden (damit kann man ein Heer hochbezahlter Politiker monatelang beschäftigen, wie Ihr wisst! Schade übrigens, dass sich keiner von denen trotz großer Versprechungen je für einen Cent mehr Kindergeld engagiert hat, aber klar, man muss eben Prioritäten setzen).
Anderes Beispiel: Heutzutage muss man ja auch nicht mehr alles mit der Maschine schreiben oder aufwendig drucken lassen, alles kann man einfach aus dem Computer rauslassen. Leider ist es bei uns Menschen so: Wenn es möglich ist, dann machen wir das auch, aus irgendeinem mysteriösen Grund sagen wir nie: Stopp! Das reicht jetzt! Nein, wir verästeln und verfeinern unsere Systeme emsig und stetig. Somit kann man natürlich auch unendlich viele Formulare ausdrucken und auf den arglosen Bürger niederregnen lassen. Gerade was diese Auswüchse betrifft, würde ich sagen: Erwachsene brauchen Grenzen, sonst nimmt das ein übles Ende.
Aber CYL ist natürlich die Königsdisziplin und Lieblingshobby der Mütter. Ich nehme mal mich als Beispiel. Ein Kind zum Beispiel ist die ideale Voraussetzung, wenn man in die Fortgeschrittenengruppe der CYL-Anhänger aufgenommen werden will. Man merkt schnell: Dinge, die einstmals zu den einfach zu befriedigenden Grundbedürfnissen gehörten wie Essen und Schlafen, werden zum raren Luxusgut, das erst mal herorganisiert werden muss. Der Zeitplan wird straff, wenn man mit einem Säugling beispielsweise am gleichen Tag essen, duschen UND schlafen will.
Aber: Jetzt haben wir Mütter Blut geleckt, wir wollen mehr CYL! Das geht natürlich am einfachsten, indem man das zweite Kind bekommt (vorgeschobene Rechtfertigung: „Es wäre doch schön, wenn der Kleine/die Kleine ein Geschwisterchen hätte, das er/sie später mal verdreschen kann). Die Priorisierung muss noch mal straffer überarbeitet werden. Das geht meist in Richtung: „Eigentlich will ich nur noch eins: SCHLAFEN!“ Zeitgleich muss man natürlich, idealerweise während des Schlafens, das Kind herumtragen, wickeln, wieso-hört-es-immer-noch-nicht-auf-zu-schreien, bei der Krankenkasse anmelden, zum Kinderarzt bringen, Elterngeld beantragen etc. pp. Ach ja, Kind 1 ist übrigens auch noch da, was den straffen Zeitplan irgendwie durcheinanderbringt. D.h. wenn Kind 2 schläft, ist Kind 1 wacht und umgekehrt. CYL in Reinform! Gut sind natürlich auch die vielen Kleinkind- und Babyaccessoires, die man stets beachten und warten sollte. Windeln, Fläschchen, Wickelunterlagen, Schnuller, Wechselsachen, Spielsachen, Kekse, Mandarinenrippchen…. Am besten ist, man geht einfach nirgendwohin. Ihr wisst, wo die Reise hingeht. Ein drittes Kind muss her!
Aber ruhig Blut, ich habe hier ein paar CYL-Tipps, die man ganz leicht mit ein bis zwei Kindern nachmachen kann (Engagierte schaffen es aber auch ganz ohne):
DIY: Do it yourself! Damit fängt man idealerweise ohne jegliche Vorerfahrung in besonders stressigen Zeiten an. Eine Freundin hat mir da einen super Tipp gegeben. Adventskalender für die Kinder selber basteln. Mit 24 selbst gebastelten und befüllten Täschchen ist man da ja schon mal beschäftigt, Moment, ich nehme das mal kurz mal drei: 72! Cool! Aber jetzt kommt der absolut geniale CYL-Kniff, den ich selbst auch sehr gerne mal anwende: Man zwinge seinen Ehemann, sich daran zu beteiligen (am besten begleitet von Bemerkungen à la „Nie machst Du was für die Kinder“, „Ich verlange doch nicht viel von Dir“ etc. pp). Also, mit nur einem Projekt hat man da einen Riesenstress an der Backe, einen schmollenden Ehemann, und wenn’s ganz gut läuft, auch noch nörgelnde Kinder (indem ich zum Beispiel die vielen Tüten nur mit meinen LECKEREN DIY-Haferkeksen befüllen würde). Ist das nichts? Ich gestehe, es juckt mich in den Fingern und ich habe gedanklich schon mehrfach mit der Adventskalender-Idee gespielt, aber die Kinder haben’s versaut: Anfangs habe ich einen ambitiösen Playmobil-Kalender gekauft, allerdings hatte ich irgendwann die Nase voll von Plastikmist und einfach einen Adventskalender für 69 Cent beim Discounter geholt. Der Jubel war riesig – endlich Schoko! Dieses Jahr gibt’s natürlich Klagen, dass es keinen Playmobil-Kalender gibt –  das ist mir einfach zu heikel.
Aber ich verzage nicht, ich habe mein Ersatz-CYL-Projekt. Als Mario noch ganz klein war, habe ich zu Weihnachten für die lieben Freunde und Verwandte ein Familienfoto gemacht und als Weihnachtskarte verschickt. Nur sieben Stunden warten, bis der Fratz mal mit dem Greinen aufhört und schon knips-knips ist das goldige Foto fertig. Wäre ja noch ok gewesen, aber ich hab’s später noch mal getan. Das Ende vom Lied: Aus der Nummer komme ich jetzt natürlich nie mehr raus. Das bedeutet, den gesamten Herbst hängt das Damokles-Schwert „Weihnachtsfoto“ über mir und erscheint in immer größeren Lettern in der Spalte „Nicht vergessen“ meines Terminkalenders. Schock! Das bedeutet ja: Fünf Leute müssen zur gleichen Zeit manierlich gekleidet und guter Laune sein, auch das Sofa muss entmüllt werden, denn da sollen wir drauf sitzen.
Wir stellen also erst mal in einigen Arbeitsschritten den Sofamüll neben das Sofa, da sieht man ihn ja nicht. Timmy will mit ausgeleierter langer türkiser Unterhose und grünem Frosch-Pyjama-Oberteil auf das Foto. Nach einigem (noch) freundlichen Wortwechsel bietet er an: wahlweise mit Hemd und Fliege oder Krawatte. Haha, das geht doch schon in die richtige Richtung! Leider hat Mario sich schon die Krawatte gekrallt und die Fliege finde ich nicht mehr. Dann ein Lucky-Luke-Halstuch. Ok. Dass ich es nicht schaffen werde, Felicitas ein Kleidchen anzuziehen, ist mir bereits bekannt. Felicitas weiß, wie sie auf dem Foto aussehen will: blaue Jeans und schlichtes Oberteil. Naja, wir wollen uns ja nicht komplett verkleiden, man sollte uns schon wiedererkennen, nur halt in „nett“.
Nun muss nur noch jemand das Stativ suchen, um das Bild per Selbstauslöser zu machen. Spätestens jetzt gerät mein Mann ins Schwitzen und mault: „Wieso müssen wir immer dieses doofe Foto machen?“
 „Wir machen es halt!“, keife ich (nur über meine Leiche lasse ich von diesem CYL-Projekt ab!!!!), während ich versuche, die sich keilenden Jungs zu trennen bzw. davon abzuhalten, ihre Zungen herauszustrecken oder unanständige Gesten zu machen.
„Lächeln, verdammt noch mal!“, brülle ich.
„Jetzt hast Du so rumgeschrien, da ist es bestimmt nichts geworden“, erklärt mein ältester Sohn korrekterweise.
Aber das nächste Foto schaut ja super aus – wenn man von der Tatsache absieht, dass Felicitas beide Zeigefinger bis zum Anschlag in der Nase stecken hat. Danach haben sich sowohl mein Mann als auch mein altkluger Ältester in Gruselwesen vom Planeten der Affen verwandelt. Äh, Mist, jetzt habe ich grad so zwinkern müssen. Dann: Wieso hängen Timmys Mundwinkel plötzlich auf Höhe seiner Kniekehlen? Hatte er nicht mal zwei Augen? Mein Mann macht massiv Druck: „Ich mach jetzt kein Foto mehr!“
„Doch!“, sage ich sehr, sehr bestimmt und mache den Ehefrauen-Blick. Als Gegenleistung erhalte ich den Was-soll-man-mit-einer-Verrückten-herumstreiten-Seufzer. So stimmen wir uns im Allgemeinen auf die Adventszeit ein. Ist auch nicht so wild, wir machen ca. 200 Fotos, dann passt eins schon einigermaßen.
Eine sehr schöne Idee für die Vorweihnachtszeit ist natürlich auch das gemeinschaftliche Plätzchenbacken. Herrlich! Wir verstreichen Teig, Schokoguss und Zuckerdekokügelchen gleichmäßig über unsere Möbel … diesen Eindruck gewinne ich jedenfalls. Denn obwohl anscheinend alle Kinder dank strengster Ermahnungen artig auf ihrem Platz sitzen und lediglich den Boden mit schwer entfernbaren dunklen Fleckenornamenten und Teigbröckelchen volltropfen lassen (so denke ich), findet dennoch eine geheimnisvolle Osmose in alle Himmelsrichtungen statt, die nur Kinder beherrschen: die nächsten Monate bis in den Hochsommer hinein werde ich garantiert von mumifizierten Bestandteilen der Weihnachtsbäckerei heimgesucht werden: Sie werden zwischen den Papieren aus dem Drucker kommen, unter dem Bett hervorkugeln, in der Sauna festbacken, von unserer Waschmaschine gewaschen, zwischen den Legos als Mörtel festwachsen, in meinen Sandalen auf Nagetiere warten, aus dem im Keller lagernden Sonnenschirm herausfallen. Schön, wenn man sich die Erinnerungen an die wundervolle Vorweihnachtszeit so  lange LEBENDIG halten kann, oder?
Aber mein bester Tipp zum Thema CYL heißt: Die Messlatte immer schön hoch hängen! Das heißt, als leichter Messie orientieren wir uns ausschließlich am Ideal puristisch-minimalistischer Kargheit, als Perfektionisten machen wir uns einfach mal total locker, als prokrastinierende Chaoten füllen wir unsere überquellenden Bücherregale mit Ratgebern zum Thema Zeitmanagement, und wem gar nicht anderes einfällt, martert sich halt in Gottes Namen wegen seiner Figur. Und wir Eltern, ach, wir verlangen doch nicht viel, wir wollen doch nur, dass unsere Kinder sich stets als nette Zeitgenossen zeigen, von denen wir nie genervt sind, unsere Wohnung toll aufgeräumt ist, weil wir so ein super Team sind und alle mithelfen. Naja, fast.  Ich mache mich jetzt zur Übung einfach mal locker, während ich elf (!) einmal getragene Pyjamahosen im Kinderzimmer vom Boden aufklaube. Es könnte doch schlimmer sein. Zum Beispiel, indem wir elf Kinder hätten.