Bei uns ist leider die Arbeitsplatte in
der Küche ziemlich ramponiert, so dass nichts anderes bleibt, als sie zu
erneuern. Eine wundervolle Gelegenheit, wieder mal den faszinierenden
männlich-herben Flanellhemd-Charme von Baumärkten zu schnuppern.
Ich rufe einfach mal nassforsch beim
nächsten Heimwerkerparadies an.
„Kann man bei Ihnen
Küchenarbeitsplatten kaufen?“
„Jep!“
„Äh, und haben Sie dann auch jemanden, der sie einbauen könnte?“
(… stummes Entsetzen am anderen Ende
der Leitung …) „Na, da müssen Sie sich schon selbst drum kümmern!“
Ok, das heißt wohl nichts anderes, als
dass ich den Alten bearbeiten soll, dass er es macht. Da dieser zunächst etwas
unwillig ist, rufe ich beim nächsten Baumarkt an, der mir immerhin einen angeblichen
Handwerker nennt. Der Betrag, den er für den Einbau haben will, spricht
jedenfalls dafür, dass er die Heidi Klum unter den Arbeitsplatteneinbauern ist.
Das wiederum motiviert meinen Mann sehr stark. Haha! Geschafft!
Sicherlich hat der Baumarkt aber
wenigstens eine schöne Arbeitsplatte für uns. Diejenigen, die vorrätig sind,
gefallen mir erst mal nicht so arg, aber hey, es gibt noch über 400 zur
Auswahl, wie ein großes Schild verspricht. Wo sind die denn eigentlich alle?
Wir holen mal einen der männlich-markanten
Mitarbeiter.
„Wie ist das nun mit diesen 400
Arbeitsplatten?“
„Ja, die muss man erst bestellen. Das
dauert.“
„Äh, wie lange?“
Bedeutungsvolles Augenbrauenheben. „Wochen!“
„Und was kostet es?“
Jetzt kommt er! Der einleitende
Seufzer, der vielsagende Handwerkerblick, das bedauernde Schulterzucken, die
Hände gottergeben erhoben. Normalerweise hört man dann: „Alles verrottet. Wird
teuer! Sehr teuer!“ Der Gute formuliert es etwas anders: „Kann man nicht so sagen.“
Okay …. Ich dachte zwar, die verkaufen
die, aber wir wechseln mal das Thema: „Und schneiden Sie die Platte dann hier
zu?“
Empörung zeichnet sich in seinem wetterzerfurchten
Gesicht ab. „Nä!!!! Das machen die dort! Aber das dauert! Wochen! Wir schneiden
nur das zu, was hier ist!“ Er zeigt auf eine kleine Auswahl an Brettern.
Nachdem die 400 Arbeitsplatten
eigentlich auch nicht anders ausschauen als die Baumarktbretter, denke ich, wir
nehmen dann doch eine direkt aus dem Baumarkt. Also fahren wir noch mal hin.
Die Kinder laden wir in einen dieser riesigen unpraktischen Baumarktwagen und
kurven zwischen den Regalen herum. Gähnende Leere. Weder Kunden noch
Mitarbeiter. Bis auf den Ort, über dem „Zuschnitt“ steht. Hier bildet sich eine
ca. 10 Meter lange Schlange. Mein Mann stellt sich stur zum Infostand „Beratung
und Bestellung Küchenabteilung“, obwohl da niemand ist, da er der Meinung ist,
wo Info draufsteht, ist auch Info drin. Nachdem Felicitas alle Prospekte, die dort
ausliegen, auf den Boden geworfen hat, und die Jungs sich in einer wilden
Prügelei verkeilt haben, frage ich nach einer Viertelstunde sinnlosen Herumstehens
lieber mal einen Mitarbeiter, obwohl mein geliebter Ehemann das kategorisch
ablehnt, denn schließlich ist da der Infostand!!!! Er wünsche jetzt eine
Klingel zum Herbeiklingeln eines Mitarbeiters, da er umgehend eine Info wolle.
Nur ist ja auch keine Klingel da. So kommen wir nicht weiter.
Ich begebe mich mit Felicitas auf die Suche
und scanne verschiedene karohemdige Personen nach Hinweisen auf ihre
Betriebszugehörigkeit ab.
„Äh, Entschuldigung, wir wollen eine
Küchenarbeitsplatte zuschneiden lassen, aber beim Info-Stand ist niemand.“
Dieser Mitarbeiter entpuppt sich bei
näherem Hinsehen als Weiblein, das mich mit strengem Blick mustert.
„Tja. Genau. Da ist niemand. Gehen Sie mal
schön zum Zuschnitt, der Kollesche ist allein!“
Wir stellen uns in die lange Schlange.
Felicitas versucht die ganze Zeit, die Grenze zum Kabuff mit den Kreissägen zu
überwinden, bzw. Holzmuster von der Wand abzureißen. Mario schreit: „Ich muss
aufs Klo!“ Gott sei’s gelobt. Ich kann hier weg. Papa muss Felicitas auf die
Schultern nehmen und warten, während ich mit den Jungs einmal quer durch den
Baumarkt marschiere. Zunächst auf der Suche nach jemanden, den ich fragen kann,
wo die Toiletten sind („Den Gang 16 bei Sanitär links und bei den Kreuzdübeln
dann geradeaus durch, newa!“) und dann nochmal weiter zum Klo. Timmy ist nun
plötzlich verschollen, wird aber von einem anderen Kunden auf der
Männertoilette gesichtet und herausgelotst. Danke, dass ich nicht aufs Männerklo
muss!
Als ich zurückkomme, hat sich die
Schlange nicht um einen Zentimeter bewegt. Felicitas' Laune ist im Keller. Als wir
um Viertel vor acht endlich dran sind, möchte ich den Jung-Knilch hinter dem
Tresen fast umarmen. Er ist von meinem Begehr deutlich weniger begeistert.
„Ich will eine Arbeitsplatte kaufen und
zuschneiden lassen. Heißt „Zwetschge Block“.“
„Nä!!! Hier nicht! Nur das, was da
ist!“
„Die ist aber da!“, sage ich. Ich
unterdrücke zwar meinen Impuls, ihn bei der Hand hinter seinem Tresen hervorzuziehen,
mache aber meine Kinder-Heranwink-Geste. Unwillig tappt er hinter mir her und
muss einsehen, dass noch genau zwei Platten davon da sind. Siehste!
Gut! Jetzt soll er sie ja noch
zuschneiden. Etwas angeekelt notiert er die Maße.
„Montag fertich! Aber wir rufen Sie auf
jeden Fall vorher an.“
Fein säuberlich notiert er die
Telefonnummer, während Felicitas zwischen meinen arg strapazierten Bizepsen tobt.
Jetzt müssen wir nur noch raus und unsere Söhne am heiß geliebten Stand „Männer-Essen:
viel Fett, kein Gemüse“ vorbeilotsen.
Selbstverständlich ruft am Montag keine
Sau an. Auch am Dienstag nicht. Schließlich rufe ich am Mittwoch selbst an,
werde zweimal aus der Warteschleife geschmissen, bis ich am Ende mit drei
Mitarbeitern spreche und dann irgendwie bei jemanden rauskomme, der sich mit
mir unterhalten will.
„Ja, schaun wir mal, ob da ein Auftrag
ist. Wie heißen Sie nochmal?“
Ich buchstabiere.
„Auftragsnummer?“
„Ich habe keine Auftragsnummer
bekommen.“
„Soso.“
Ich höre Placebo-Tastengetippe.
„Nä!!!
Nichts. Kein Auftrag erfasst!“
„Und jetzt? Wir haben doch den
Zuschnitt bestellt.“
Lautes Seufzen.
„Warten Se mal!“
Düdeldü. Düdeldü. Musikmusik, derBaumarktistsotoll, usw.
Ich sage wieder einem Mitarbeiter mein
Sprüchlein auf.
„Hm.“ (Betonschwere Bedenken sind
durchs Telefon zu hören). „Hm – hm –hm. Ja, hier stehen zwei Platten. So ca. 2,80
und 1,30 Meter?“
„Äh, vielleicht? Steht da kein Name
drauf?“
„Nä!!!“
„Der Mitarbeiter, bei dem wir bestellt
hatten, sagte mir, wir würden angerufen werden, wenn die Platte fertig ist!“
„Nä!!! Wir rufen niemanden an. Wenn die
Platte fertich ist, is se fertich!“
„Äh, ist sie denn fertig? Schauen Sie
doch bitte noch mal!“
(Herumkruschgeräusche).
„Jep! Da is se!“
DANKE!!!!