Timmy mag ja Tiere wie Frösche, Fische oder Schildkröten sehr
gern und so nutzen wir die Gelegenheit, dass Mister-Darf-ich-jetzt-endlich-Nintendo-spielen
nicht da ist (Osterferien bei Oma und Opa), um spontan in den Botanischen
Garten zu gehen. Jetzt mache ich mal einen kleinen Exkurs dazu, wie viele
Stunden man einplanen sollte, um „spontan“ einen Aufbruch zu organisieren.
11.29: Wir essen früh Mittag, dann könnte es klappen, dass wir vor Schließung
des Gartens dort sind. Mein Mann gähnt. Er will einen Mittagsschlaf halten, ich
eigentlich auch. Die Kinder nicht, d.h. wir tun so, als würden wir uns
ausruhen, während Felicitas und Timmy munter auf uns herumspringen. Raffiniert wie
ich bin, schleiche mich irgendwann davon und schlafe allein im Kinderzimmer.
13.11: Ich stehe auf und trinke Kaffee, denn ohne Kaffee geht’s einfach nicht.
13.21: Ich höre Felicitas bei meinem Mann herumkrakeelen (Timmy schaut hypnotisiert
Sponge Bob) und lasse sie zu mir. 13.40: Ich sage meinem Mann, dass er sich
fertigmachen soll. Aus irgendeinem Grund lässt Timmy von Sponge Bob ab und will
essen. Ich gebe ihm einen Rest Buchstabensuppe. Felicitas will auch
Buchstabensuppe. 14.00: Alle essen Buchstabensuppe. Timmy hat noch mehr Hunger,
daher koche ich noch mehr Buchstabensuppe. 14.06:
Mein Mann meckert, weil ich jetzt
Buchstabensuppe koche, statt mich für den Ausflug fertigzumachen. Die Küche ist
mittlerweile voller suppiger Buchstabennudeln. Sicher genug, um daraus den Satz
zu bilden: „Wir fahren in den Botanischen Garten.“
14.12: Ich bin fertig.
Mein Mann trinkt Kaffee und isst einen Keks.
Die Kinder wollen jetzt auch Kekse. Danach wickle ich Felicitas und ziehe sie an,
was schnell geht, da sie unbedingt raus will. Timmy ist heute eher leger gekleidet
in schlabbriger Turnhose und verweigert weitere Verbesserungen seiner Garderobe,
aber egal. 14.17: Hey, wir könnten jetzt gehen. Nur fällt mir jetzt das kleine
Detail auf, dass mein Mann nackt unter der Dusche steht. Er sei aber so gut wie
fertig, sagt er. Ich werfe eine Wasserpulle und eine Packung Kekse in den
Kinderwagen.
14.27: Abmarsch. Unten in
der Tiefgarage fällt mir auf, dass ich angesichts von Felicitas' Fluchtversuchen im
Treppenhaus leider den Kinderwagen vergessen habe. Kurze Diskussion mit meinem
Mann, ob man einen Kinderwagen braucht (das machen wir eigentlich immer, wenn
wir irgendwohin fahren). 14.30: Ich bin wieder mit dem Kinderwagen zurück. Die
Kinder sitzen angeschnallt im Auto (sehr gut!), mein Mann befindet sich in der
Garage und fuchtelt mit den Armen herum. Ich soll kommen. Ich soll jetzt die
Profiltiefe unserer Sommerreifen messen (Mann!). Ich kneife ein Auge zu und
sage, alles super! Wie, alles super? Ich bekomme ein Schweizer Taschenmesser
mit irgendeinem ausgeklappten Messteil in die Hand gedrückt und soll jetzt mal
seriös und millimetergenau vorgehen. 14.35: Los geht’s!!!!
15.02: Ankunftszeit. Am Botanischen Garten wird am Eingang
umgebaut. Es ist interessant zu beobachten, welche Leute, von denen man es gar
nicht denken würde, dies nutzen, um ohne zu bezahlen hineinzugehen. Schickimicki,
Sonnenbrilli. Zum Teil rufen sie sich noch lautstark zu: „Hier kontrolliert
keiner!“ Timmy stellt fest: „Hier gibt’s ja ganz schön viele Omas.“ Indeed.
Solche Locations mag ich eigentlich nicht. Denn ich weiß, anfangs lächeln sie
noch freundlich, wenn sie Felicitas' goldigen Blondschopf vorbeihoppeln sehen, aber
das ist schnell vorbei, wenn sie anfängt, hysterisch über die Tulpen herzufallen,
was jederzeit passieren kann. Schönes Detail: Keiner von uns fällt in den Teich
neben den Tulpen. Timmy ist von den Fischen und Fröschen schwer euphorisiert und
rast fröhlich in der Gegend herum. Unbedachterweise nähern wir uns jedoch irgendwann auf unserem
Rundgang auf ca. fünfzig Meter dem Hügel, auf dem zwischen kleinen Steinchen
irgendwelches Berggrünzeug wächst, das man nicht anlangen oder gar betreten
soll. Jetzt weiß ich wieder mal, wie sich ein echter Spießrutenlauf anfühlt.
Der Timmy-Man dreht nämlich vor Begeisterung endgültig durch und kann auch die
Hinweisschilder nicht lesen. Wie eine Berggemse auf Speed zischt er quer über
die mit dem kostbaren Grünzeug bewachsenen Felsen hinweg nach oben. Ich
hinterher, muss aber wegen der Mini-Serpentinen natürlich einen weiteren Weg
zurücklegen und greife nur in die Luft. Der Zeitpunkt, dass die Omas uns hassen
und alle anderen Menschen auch, ist definitiv gekommen. Die Luft ist von den
bösen Blicken zum Schneiden dick; Kopfschütteln, Gezeter, Gekeife. Die
fröhlichen Zechpreller am Eingang mussten sich das sowas jedenfalls nicht
gefallen lassen, denke ich verbittert. Was soll ich denn machen? Und wer sagt
eigentlich den Gemsen und sonstigem Viechzeug in den Bergen, dass sie die
doofen Halme nicht betreten oder auffressen sollen? Ich schreie spanische
Flüche und kriege den Bergsteiger endlich zu fassen. Er ist aber einsichtig und
rennt hinunter zum nächsten Teich, um die Enten, die Frösche und Fische
anzuschauen. Leider ist währenddessen Felicitas verschwunden. Der Klassiker: Mein
Mann dachte, sie sei bei mir, ich dachte, sie sei bei ihm, bzw. war mit Timmy-Fang beschäftigt. Also zurück ins Reich der Gemsen und bloody Omas. Wir
finden Felicitas dort zum Glück schnell wieder. Timmy liegt derzeit bäuchlings auf
einer kleinen Brücke und beobachtet die Wassertiere. Felicitas rennt an einem
fotografierenden Opa vorbei zum Teich und ihrem Bruder. Timmy, ganz älterer
Bruder, versucht sie davon abzuhalten, ins Wasser zu springen, was Felicitas ihm
allerdings sehr übelnimmt. Ein wildes Handgemenge entbrennt. Felicitas kreischt wie
verrückt. Die Omas, die ihre bleichen Gesichter auf den Bänken am Teich in die
Sonne halten, gucken pikiert, wer hier so rumschreit. Na, wir!!! Also, mir
reicht’s, Aufbruch, wir gehen. Die Kinder sind aber nach wie vor begeistert und
rennen die Wege rauf und runter, Omis lächeln Felicitas' freundliches Kindergesicht
an (jaja, ihr blöden Waldschnepfen, ich nehm euch gleich den Krückstock weg),
die zum Glück an den Tulpen und Stiefmütterchen vorbeihuscht, ohne sie zu
berühren. Alles in allem sind die Blümchen ja wirklich schön, aber puh: wir
waren ja noch nicht mal in Vollbesetzung!