Donnerstag, 24. April 2014

Im Schnepfen-Paradies


Timmy mag ja Tiere wie Frösche, Fische oder Schildkröten sehr gern und so nutzen wir die Gelegenheit, dass Mister-Darf-ich-jetzt-endlich-Nintendo-spielen nicht da ist (Osterferien bei Oma und Opa), um spontan in den Botanischen Garten zu gehen. Jetzt mache ich mal einen kleinen Exkurs dazu, wie viele Stunden man einplanen sollte, um „spontan“ einen Aufbruch zu organisieren. 11.29: Wir essen früh Mittag, dann könnte es klappen, dass wir vor Schließung des Gartens dort sind. Mein Mann gähnt. Er will einen Mittagsschlaf halten, ich eigentlich auch. Die Kinder nicht, d.h. wir tun so, als würden wir uns ausruhen, während Felicitas und Timmy munter auf uns herumspringen. Raffiniert wie ich bin, schleiche mich irgendwann davon und schlafe allein im Kinderzimmer. 13.11: Ich stehe auf und trinke Kaffee, denn ohne Kaffee geht’s einfach nicht. 13.21: Ich höre Felicitas bei meinem Mann herumkrakeelen (Timmy schaut hypnotisiert Sponge Bob) und lasse sie zu mir. 13.40: Ich sage meinem Mann, dass er sich fertigmachen soll. Aus irgendeinem Grund lässt Timmy von Sponge Bob ab und will essen. Ich gebe ihm einen Rest Buchstabensuppe. Felicitas will auch Buchstabensuppe. 14.00: Alle essen Buchstabensuppe. Timmy hat noch mehr Hunger, daher koche ich noch mehr Buchstabensuppe. 14.06:  Mein Mann meckert, weil ich jetzt Buchstabensuppe koche, statt mich für den Ausflug fertigzumachen. Die Küche ist mittlerweile voller suppiger Buchstabennudeln. Sicher genug, um daraus den Satz zu bilden: „Wir fahren in den Botanischen Garten.“  14.12: Ich bin fertig.  Mein Mann trinkt Kaffee und isst einen Keks. Die Kinder wollen jetzt auch Kekse. Danach wickle ich Felicitas und ziehe sie an, was schnell geht, da sie unbedingt raus will. Timmy ist heute eher leger gekleidet in schlabbriger Turnhose und verweigert weitere Verbesserungen seiner Garderobe, aber egal. 14.17: Hey, wir könnten jetzt gehen. Nur fällt mir jetzt das kleine Detail auf, dass mein Mann nackt unter der Dusche steht. Er sei aber so gut wie fertig, sagt er. Ich werfe eine Wasserpulle und eine Packung Kekse in den Kinderwagen.  14.27: Abmarsch. Unten in der Tiefgarage fällt mir auf, dass ich angesichts von Felicitas' Fluchtversuchen im Treppenhaus leider den Kinderwagen vergessen habe. Kurze Diskussion mit meinem Mann, ob man einen Kinderwagen braucht (das machen wir eigentlich immer, wenn wir irgendwohin fahren). 14.30: Ich bin wieder mit dem Kinderwagen zurück. Die Kinder sitzen angeschnallt im Auto (sehr gut!), mein Mann befindet sich in der Garage und fuchtelt mit den Armen herum. Ich soll kommen. Ich soll jetzt die Profiltiefe unserer Sommerreifen messen (Mann!). Ich kneife ein Auge zu und sage, alles super! Wie, alles super? Ich bekomme ein Schweizer Taschenmesser mit irgendeinem ausgeklappten Messteil in die Hand gedrückt und soll jetzt mal seriös und millimetergenau vorgehen. 14.35: Los geht’s!!!!
15.02: Ankunftszeit. Am Botanischen Garten wird am Eingang umgebaut. Es ist interessant zu beobachten, welche Leute, von denen man es gar nicht denken würde, dies nutzen, um ohne zu bezahlen hineinzugehen. Schickimicki, Sonnenbrilli. Zum Teil rufen sie sich noch lautstark zu: „Hier kontrolliert keiner!“ Timmy stellt fest: „Hier gibt’s ja ganz schön viele Omas.“ Indeed. Solche Locations mag ich eigentlich nicht. Denn ich weiß, anfangs lächeln sie noch freundlich, wenn sie Felicitas' goldigen Blondschopf vorbeihoppeln sehen, aber das ist schnell vorbei, wenn sie anfängt, hysterisch über die Tulpen herzufallen, was jederzeit passieren kann. Schönes Detail: Keiner von uns fällt in den Teich neben den Tulpen. Timmy ist von den Fischen und Fröschen schwer euphorisiert und rast fröhlich in der Gegend herum. Unbedachterweise  nähern wir uns jedoch irgendwann auf unserem Rundgang auf ca. fünfzig Meter dem Hügel, auf dem zwischen kleinen Steinchen irgendwelches Berggrünzeug wächst, das man nicht anlangen oder gar betreten soll. Jetzt weiß ich wieder mal, wie sich ein echter Spießrutenlauf anfühlt. Der Timmy-Man dreht nämlich vor Begeisterung endgültig durch und kann auch die Hinweisschilder nicht lesen. Wie eine Berggemse auf Speed zischt er quer über die mit dem kostbaren Grünzeug bewachsenen Felsen hinweg nach oben. Ich hinterher, muss aber wegen der Mini-Serpentinen natürlich einen weiteren Weg zurücklegen und greife nur in die Luft. Der Zeitpunkt, dass die Omas uns hassen und alle anderen Menschen auch, ist definitiv gekommen. Die Luft ist von den bösen Blicken zum Schneiden dick; Kopfschütteln, Gezeter, Gekeife. Die fröhlichen Zechpreller am Eingang mussten sich das sowas jedenfalls nicht gefallen lassen, denke ich verbittert. Was soll ich denn machen? Und wer sagt eigentlich den Gemsen und sonstigem Viechzeug in den Bergen, dass sie die doofen Halme nicht betreten oder auffressen sollen? Ich schreie spanische Flüche und kriege den Bergsteiger endlich zu fassen. Er ist aber einsichtig und rennt hinunter zum nächsten Teich, um die Enten, die Frösche und Fische anzuschauen. Leider ist währenddessen Felicitas verschwunden. Der Klassiker: Mein Mann dachte, sie sei bei mir, ich dachte, sie sei bei ihm, bzw. war mit Timmy-Fang beschäftigt. Also zurück ins Reich der Gemsen und bloody Omas. Wir finden Felicitas dort zum Glück schnell wieder. Timmy liegt derzeit bäuchlings auf einer kleinen Brücke und beobachtet die Wassertiere. Felicitas rennt an einem fotografierenden Opa vorbei zum Teich und ihrem Bruder. Timmy, ganz älterer Bruder, versucht sie davon abzuhalten, ins Wasser zu springen, was Felicitas ihm allerdings sehr übelnimmt. Ein wildes Handgemenge entbrennt. Felicitas kreischt wie verrückt. Die Omas, die ihre bleichen Gesichter auf den Bänken am Teich in die Sonne halten, gucken pikiert, wer hier so rumschreit. Na, wir!!! Also, mir reicht’s, Aufbruch, wir gehen. Die Kinder sind aber nach wie vor begeistert und rennen die Wege rauf und runter, Omis lächeln Felicitas' freundliches Kindergesicht an (jaja, ihr blöden Waldschnepfen, ich nehm euch gleich den Krückstock weg), die zum Glück an den Tulpen und Stiefmütterchen vorbeihuscht, ohne sie zu berühren. Alles in allem sind die Blümchen ja wirklich schön, aber puh: wir waren ja noch nicht mal in Vollbesetzung!

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