Montag, 17. November 2014

Brauchen Kinder Kurse?



Es gibt ja heutzutage ein gewaltiges Angebot an Kursen für zukünftige Mütter, gewordene Mütter, Mütter und Kinder, Väter und Kinder, Großeltern und Kinder, Kinder an sich, Kinder mit Erwachsenen etc., von afrikanischem Trommeln über Extrem-Klöppeln bis hin zu rhythmisiertem Naturbasteln. Wird schon irgendeinen Sinn haben, oder? Ich muss sagen, dass ich mit großem Genuss feststellte, dass sich mit steigender Kinderzahl das ganze Brimborium für mich mental stark nach unten korrigierte.
Der erste Fehlschlag war „Schwangeren-Yoga“ am Ende der ersten Schwangerschaft. Also, im Gegensatz zu euphorisch gestimmten, superfitten Supermoms, die am Ende des 9. Monats noch einen Halbmarathon laufen und kurz nach der Geburt mit Zwillingskinderwagen losjoggen, sah mein Zustand im Großen und Ganzen so aus: gestrandeter Walfisch. Ein Walfisch, der kaum noch laufen konnte und sich sehr darüber gefreut hätte, wenn ihm in der S-/U-Bahn mal jemand den Platz angeboten hätte, aber hey, wir sind hier in Deutschland, wer Kinder hat, ist selbst dran schuld, am besten gleich lernen. Oder sich halt mit „Schwangeren-Yoga“ wieder fit kriegen. Also quälte ich mich zum Walfisch-Yoga. Lerneffekt: Es hat schon seinen Grund, warum wir in freier Wildbahn keinen Walfisch beim Yoga beobachten können.
Da ja noch zwei Schwangerschaften folgten: Vor weiterem Unsinn dieser Art bewahrten mich ja die vorhandenen Kinder. Zu derartigen Selbstversuchen war ich einfach zu platt. Vorsichtsmaßnahmen wie „keine schweren Sachen heben“ werden weiter eingehalten, 20 Kilo schwere KINDER fallen ja nicht darunter. 
Mario, Kind Nr. 1, kam noch in den Genuss von „Baby-Schwimmen“, d.h. er wurde mit Mamas und Papas und anderen Kinder mit fröhlicher und teurer Rundumbespaßung pädagogisch wertvoll ans Wasser gewöhnt. Die anderen wurden halt einfach von uns ins Wasser geschmissen, wenn wir es mal geschafft haben, ins Hallenbad oder zum See zu fahren, was vom logistischen Aufwand her den Urlaubsvorbereitungen für drei Wochen Sardinien bei einem Single entspricht.
Es stimmt, beim ersten Kind probiert man allen Kappes aus, die anderen dürfen sich freuen, dass den Eltern der ganze Unsinn schon ausgetrieben wurde. Jetzt kommt nämlich „Kinderturnen!“ Ich gestehe, ich fand es total super, teilnehmendes Kind Mario konnte sich allerdings meist schwer beherrschen, Begleitzwerg Timmy war kaum noch zu bremsen, so dass das Ganze eigentlich eher als Mamasport „Kleinkindeinfangen“ seine Berechtigung hatte. Ich sause, ich renne, ich klettere, ich trage, ich singe, ich spiele. Kinderturn-Kind Mario sitzt auf der Turnbank und schaut interessiert zu.
Das Ganze nahm dann zum Glück ein Ende, als ich zum dritten Mal schwanger war (non-yoga-Walfisch).
Jetzt war es wieder soweit. Nach gut zwei Jahren Abstinenz bin ich eingeknickt. Kinder müssen gut schwimmen lernen. Hat ja auch was für sich. Der Köder: Die einmalige Chance, dass es einen Kurs gibt, der immerhin 2 meiner Kinder abdeckt – ansonsten sind sämtliche Angebote altersmäßig derart filigran aufgefächert, dass es nicht möglich ist, zwei Kinder im Abstand von zwei Jahren gleichzeitig irgendwo unterzubringen (oder gar ein drittes - Drittkinder sind im System sowieso nie vorgesehen, daher vergessen wir das mal ganz schnell und begnügen uns mit dem verfügbaren Jackpot.)
Meinen beiden Schwimmbad-versessenen Jungs verkünde ich daher stolz: „Ich habe Euch zum Schwimmkurs angemeldet!“ Sohn 1 mault sofort und erklärt kategorisch, dass er für derartige Angebote nicht offen sei. Sohn 2 ist freundlicherweise total euphorisch. Ich erkläre Sohn 1, dass er da hinmüsse, komme, was da wolle (Brodel! Sei doch froh, dass Du da hindarfst!!!).
Vorbereitungen: Ich fühle mich sofort um Jahrzehnte jünger, als ich erfahre, dass beim Kurs „Badekappen“ strengste Pflicht seien. BADEKAPPEN!!! Das Wort gehört fast nicht mehr in meinen aktiven Wortschatz! Wo kriege ich solche Fossilien bloß her? Museum??? Tagesexkursion zu einem exotischen Fachgeschäft für Extremsportler? Oh Mann, zum Glück gibt’s Ebay!
Nach dem ersten Mal Schwimmen hat sich die Ausgangslage umgekehrt: Der einstmals schwer maulende Sohn 1 ist total euphorisch, der Sohn 2 total panisch/ängstlich/entsetzt/keine Ahnung, was er hat. Die hochmotivierte Teilnehmerin Felicitas muss brüsk in ihre Schranken gewiesen werden, bitte noch zwei Jahre auf der Bank sitzen! Ich meine, schön, dass mein sonst – wahrscheinlich wegen der frühen Kinderversuche mit ihm – von Kursen eher abgeneigter Sohn 1 endlich den besten Kurs seines Lebens gefunden hat! Und ich verfeinere die Kunst des „mit Engelszungen Redens“ bezüglich Sohn 2. Mir wachsen bald Toffifees aus den Ohren!
Der Schwimmkurs ist zum Glück bald vorbei, doch das nächste Unheil droht bereits am Horizont: Sohn 2 will in den Fußballverein, was Sohn 1 strikt ablehnt. Oh mein Gott!

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