Zu einem gelungenen, harmonischen Urlaub gehören ja einige
bekannte Elemente. Schöne Landschaften, Meer, Sonne … Gerne flaniert der
Tourist ja auch durch eine berühmte Metropole der Wahl und lässt das zauberhafte
Flair auf sich wirken. Ja, es war sich einer der beeindruckendsten Impressionen
dieses Urlaubs, wie wir stundenlang als Karawane mit drei Kindern, einem Buggy,
zwei Koffern, drei Rucksäcken und drei Autokindersitzen durch Barcelona
gelatscht sind. Es ist uns leider nicht gelungen, einen der Taschendiebe, vor
denen in Reiseführern eindringlich gewarnt wird, dazu zu bewegen, wenigstens
einen Autositz oder vielleicht den Rucksack mit dem Nintendo und den beiden
rosa Barbieautos, um die so erbittert gestritten wurde, an sich zu nehmen.
Aber egal! Frohgemut stürzten wir uns auf das Vergnügen, die
landestypische Küche zu genießen. Äh, Igitt, was sind denn das für ekelhafte
Tiere? Sepia? Langusten? Spuckspei! Zum Glück gibt es Alternativen. Eines der
absoluten Highlights stellte für unsere Kinder der Besuch eines der sicher
grauenvollsten Schnellrestaurants (Ihr wisst schon, das Zeug, das alle Kinder
lieben) der Welt dar: Riesenkrawall, Warteschlange 8-spurig. Ich warte mit Felicitas und Timmy in einer Art Höllenkatakombe, während mein Mann und Mario das
sog. Essen holen und sich die halbstündige Wartezeit im „Schnellrestaurant“
damit vertreiben, dem Geturtel zweier junger Männer zu lauschen. Felicitas nutzt
die Zeit geschickt, um sich umzuziehen und ihre Frisur nachzustriegeln.
Immerhin hört man in dem Höllenlärm der Katakombe das Gestreite der Kinder fast
nicht. Gelegentlich schicke ich Timmy als Späher zur Warteschlange, weil er dann
davon absieht, seine Schwester an den nachgestriegelten Haaren zu ziehen, und
ich wissen will, ob mein Mann und mein Sohn entführt worden sind. (Wer da jetzt
auch unbedingt hinwill: Plaça de Catalunya in Barcelona).
Wie sind wir da eigentlich gelandet? Sind wir wahnsinnig?
Ja, ich denke schon. Gut, den zweistündigen Flug meisterten wir mit links. Ist
kein Problem, mit schreienden, prügelnden und heulenden Kindern. Da habe ich
wirklich den heißen Eltern-Tipp zum Thema „Flugreise mit Kindern leicht
gemacht“: Man muss nur als ALLERERSTES eine mindestens 18-stündige Flugreise
absolviert haben. Danach kann einen einfach absolut nichts mehr schocken. Wir
stehen auf dem Weg zum Flughafen im Stau? Egal. Felicitas muss SOFORT pieseln? Egal
(Oh ja, Windeln für diesen Notfall hätte ich noch einpacken wollen). Felicitas will
sich im Flieger nicht anschnallen und heult dafür besonders laut? Egal. Sind ja
nur zwei Stunden. (Wir sitzen übrigens direkt hinter der 1. Klasse, haha, das
nur zum Thema „Fehlinvestition“.)
Es war, wie erwartet, auch kein Problem, dass wir erst um 19
Uhr losflogen (bei 5 Personen gab das eine Ersparnis von 50 Euro pro Mann, ergo
250 Euro), da unsere Kinder ja bekanntermaßen Nachteulen sind, und problemlos
bis 24 Uhr durchhalten. Mein Ältester maulte nur ein wenig über die viel zu
kurze Flugzeit, da ihm dann seiner Meinung zu wenig Zeit zum ungestörten
Nintendo-Spielen blieb (Familienregel: bei Flugreisen unbegrenzter
Bildschirmkonsum). Kleiner Trost war die anschließende einstündige Busfahrt
durch das nächtliche Spanien. Die nutzte er, um auch gleichzeitig SMS-en zu schreiben,
u.a. an Uroma, die somit die erste SMS ihres Lebens bekam.
Aber eigentlich
verbringen wir die meiste Zeit in einem – vor dem Einfall der Barbaren –
ruhigen Badeort. Der Spanier an sich ist ja gemütstechnisch doch etwas anders
gestrickt als der in Punkto Kinder hypersensible Deutsche und daher hatten
spanische Freunde von uns tatsächlich den Wunsch geäußert, ihren Urlaub mit uns
zu verbringen. Ob sie es bereut haben, wissen wir nicht. Äh, nein, sie haben
den Kontakt mit uns nicht abgebrochen, wundert mich ehrlich gesagt auch. Auf
jeden Fall hatte sich die Schlafenszeit unserer Kinder praktisch sofort um
mehrere Stunden nach hinten katapultiert, das Gestreite war infernalisch und
auch Bemühungen unsererseits, sie durch mehrstündige badetechnische Aktivitäten
zu ermüden, waren natürlich zum Scheitern verurteilt.
Ja, ich fragte mich auch: Wann wird das mal ein bisschen
besser? Erfahrungswerte: Ein 6- und ein 8-Jähriger können sich mit deutlich
mehr Schmackes prügeln als beispielsweise ein 3- und ein 5-Jähriger. Und auch
viel ausdauernder. Ein 6-Jähriger, der eine aktuelle Lebenskrise wegen des
anstehenden Schulbeginns schiebt, hat Wutanfälle, die es in sich haben, und die
ein 8-Jähriger noch nach Kräften verstärkt.
Beispiel: Zur Mitte des Urlaubs beraumten wir eine
Tages-Stadttour im Bus nach Barcelona an. 9 Stunden Heavy-Sightseeing mit
diversen Aufenthalten zum Herumflanieren, u.a dem Genuss der landestypischen Hamburger-und-Pommes-Küche,
über die ich oben schon geschrieben habe. Wir Erwachsenen hüpfen etwas müde aus
dem Bus, die Kinder haber natürlich
POWER. Timmy und Mario prügeln sich – an die Lärmschleppe hinter uns haben wir
uns mittlerweile gewöhnt, allerdings dreht die Sirene auf dem Heimweg vom Bus
in unser Domizil mit der Zeit wirklich unerträglich auf und wir kommen jetzt
auch gar nicht mehr voran. Timmy brüllt und brüllt und brüllt und umfängt einen
Mülleimer mit beiden Armen, während DER ANDERE feixend um ihn herumläuft. Er
lässt sich auf keinen Fall beruhigen. Was tun? Den ANDEREN einfangen und ihn am
Feixen hindern, dann die Wir-sind-jetzt-ganz-coole-Eltern-und-wissen-wie-wir-mit-der-Situation-umgehen-Maske
aufsetzen (der Puls rast) und abwarten, Passanten, die besorgt auf den
Brüllheini blicken, beruhigen (ja, das machen wir auch noch, während wir Señor
Feix ablenken und die kleine Señora Ich-bin-dann-mal-weg vom Weggehen hindern –
und natürlich beruhigende Worte an Señor Schrei-vor-Pech richten). Der Schweiß
rinnt. Irgendwann nach einer halben Stunde Brüll-bis-zum-Anschlag stellt sich
heraus, dass Timmy bereit ist, sich im Buggy abtransportieren zu lassen. Wir
sind fix und foxi. Naja, wir müssen ja jetzt, nach einem Tag Stadtbesichtigung,
nur noch mehrere Stunden am Pool verbringen, und dann sind wir ja schon bereit
für die lange Nacht der wachen Kinder (Rekord: ca 1.00, aber das haben wir
Erwachsenen nicht mehr genau mitgekriegt). Müssen die nicht irgendwann
schlafen? Antwort: Nein. Nicht, dass wir das in den vergangen 8 Jahren
mitgekriegt hätten.
Morgens erwache ich … mein Mann bringt mir liebevoll einen
extrastarken Espresso ans Bett… äh nein, das war ein Traum. Aber mein Mann ist
trotzdem da, aber es riecht hier nicht nach Koffeinhaltigem: „Eines der Kinder
hat aufs Sofa gepieselt!“, erklärt er streng. Auch das noch! Wir ziehen alles
Waschbare ab, bürsten herum, waschen, fönen, reiben (ich schleiche mich kurz in
die Küche, ich brauche KAFFEE!)… wider Erwarten kriegen wir es hin. Die Kinder
leugnen das Pieselvergehen natürlich hartnäckig und entwenden dafür heimlich
Fantadosen (was unten rausläuft, muss ja schließlich wieder rein, newa).
Klar, meine Bücher, meine Häkelsachen sind wie immer
unbenutzt im Koffer, aber immerhin habe ich irgendwann die „Yes we can/Jetzt
ist es auch schon wurscht“ Skala erreicht. Egal, was los ist. Vielleicht war
der Zeitpunkt derjenige, als mir mein Mann per Zufall eröffnete, dass er die
Planung verpeilt hätte (Detailfragen von deutsch-zwanghaften Kontrollfreaks
lehnte er jederzeit dezidiert ab). Äh, wir sind übrigens zwei Tage obdachlos. Ok,
mein Kontrollzentrum rastet kurz aus (3 Kinder, 2 Koffer, 3 Autositze, 3
Rucksäcke, Hauptsaison, etc. pp., halt der Kontrollzwang, der mich so ereilt).
Mein Mann lacht und ruft die, wie sich herausstellen wird, wirklich
liebenswürdige Cousine seiner Cousine in Barcelona an, die wir also demnächst
besuchen werden.
Absolut herrlich auch: Der Spanier an sich. Problemstellung:
Mein Mann will eine Wurst für seine Schwiegermutter als Mitbringsel kaufen und
schon berät ihn der halbe Supermarkt, welche in dieser diffizilen familiären
Angelegenheit die am besten geeignete wäre. Am Ausgang noch mal Erfolgsgespräch
über den gelungenen Einkauf. Oder in einer touristenüberlaufenen Stadt nach dem
Weg fragen: Erst mal Austausch der Lebensgeschichte, freundliche Erläuterung
des Weges inklusive „Ich wohne da vorne, klingeln Sie einfach, wenn Sie noch
was wissen wollen.“ Der freundliche und liebenswürdige Umgangston ist eine
Wohltat.
Und ein kulinarisches Highlight gibt es auch noch: Um die
Kinder zu ärgern, habe ich einen „Wurm“ (Garnele) gegessen.
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