Donnerstag, 10. Juli 2014

Schöner Wohnen mit Kindern

Früher hat man sich ja viele Gedanken gemacht: Form und Material der Möbel, Feng-Shui-Ausrichtung, dass das gute Karma nicht den Toilettendeckel schrammt und sich in die falsche Richtung verirrt, Magnetfelder und Wasseradern, die den empfindlichen Schlaf des Kinderlosen stören könnten, psychologische Auswirkung der Farbkompositionen etc. pp.
Mit Kindern verändern sich die Wunschvorstellungen ein wenig. Kurz zusammenfasst: Ideal wäre eine schallisolierte Großraum-Gummizelle. Die optimale Farbgestaltung bewegt sich changierend zwischen Sand – Popel – Schoko mit unterschiedlich großen roten, gelben, grünen und blauen Punkten, um sämtliche Eventualitäten abzufedern. Schwebeschränke fahren die kostenbare Habe von Mama und Papa in unerreichbare Höhen. Ein besonders hübsches Detail ist der Wisch- und Staubsaugroboter, der automatisch hinter jedem Kind herfährt, und der kleine Schaufelbagger, der, wie der Hersteller stolz verspricht, stündlich bis zu 150 kg Spielsachen zusammenkehrt und in eine große garagenähnliche Box schiebt. Pünktlich um 20 Uhr springt die Programmierung um, und der Bagger fährt seine große Spezialzange aus, um die lieben Kleinen sanft, aber unerbittlich ins Bad zu bugsieren. Über einen Lautsprecher hören sie die Ansage, gesprochen von Mama: „Jetzt aber sofort Zähneputzen! Und beim Pieseln bitte hinsetzen!“ (während Mama entspannt in ihrem GEHEIMZIMMER einen Liebesfilm mit dem frühen Antonio Banderas betrachtet). Besonders goldiges Detail: Der Fußboden des Bades ist mit Fliesen ausgestattet, auf denen täuschend echt das Muster von Socken, Unterhosen und Haaren nachgebildet ist. Sollten allerdings die Originale oder gar wässrige Strukturen in Zusammenhang mit der Toilette den Boden berühren, geht sofort ein gellender Alarm los: „Mario, Timmy, Felicitas, wenn Ihr die Sauerei nicht sofort beseitigt, habt Ihr Fernsehverbot FÜR IMMER!“ Direkt nach dem computergesteuerten Scannen der Zähne auf Plaque-Reste gibt es nur noch eine Richtung: in die Schlafbox, aus der es kein Entkommen gibt! Nach Wahl dürfen die Kinder noch ein Mathematik- oder Deutsch-Lernhörbuch genießen.
Ach, habe ich den Essplatz schon erwähnt? Der Kühlschrank ist fest verriegelt und nur per Fingerabdruck von Mama oder Papa zu öffnen. Ansonsten steht das ernährungsphysiologisch perfekte Mahl für jeden bereit: Dreckige Nudeln mit Kotze (Dinkelnudeln mit Gemüsebolognese) zum Beispiel!!! Du meckerst? Dann wähle bitte per Auswahlbutton das Alternativmenü: „Das heutige Alternativmenü ist GAR NICHTS. Vielen Dank für Ihren Besuch! Wir freuen uns, Sie morgen wieder in unserem Restaurant begrüßen zu dürfen. Bitte begeben Sie sich jetzt direkt zur Zahnputz-Station!“ Aber das Tollste kommt ja erst noch! Das Klamottenmanagement-System. Da dies mit den heutigen technischen Mitteln leider noch nicht automatisch möglich ist, bekommen hierzu Mütter mit mehreren Kindern jeweils einen kinderlosen Karriere-Abgeordneten zugeteilt, der dies turnusmäßig eine Woche lang erledigen muss. Also jeden Tag drei Unterhöschen wechseln (Heeeyyy, die stinkt ja noch gar nicht so arg!), drei Paar Socken (Bei Felicitas bitte dreißig Wiederholungen einplanen, da sie sie immer wieder auszieht), drei Hosen wechseln (wo ist nochmal die eine von zwanzig Hose, die noch keine Löcher hat? Bitte sehen Sie die fünf Wäschekörbe, die Sie noch nicht einsortiert haben durch – ach ja, auf dem Bettlaken ist ein bisschen Pipi, gleich abziehen und mitnehmen), drei T-Shirts („Heute gab es Tomatensoße“), alle waschen, aufhängen, abhängen, einräumen, nicht mehr passende aussortieren, Winter- gegen Sommerklamotten austauschen, in den Keller bringen etc. pp. – ja, da bluten die Schreibtisch-Fingerchen, gell. Aber zum Weinen geht der Kandidat ja dann in den Wäscheraum, wo er die Spezialflecken mit Gallseife traktiert. Dort liegt auch ein IKEA-Heft aus, in dem ein weißes, angeblich kinderkompatibles Sofa angepriesen wird, das es mit einem unglaublich praktischen waschbaren Überzug ausgerüstet ist. Und Freundchen, wenn Du nicht brav weiterwäscht, dann kaufen wir uns das auch noch!