Dienstag, 9. Juli 2013

Morgenstund hat Gold im Mund – mein Morgen



5.30 Felicitas wird unruhig und braucht ihre Morgenmilch, danach schläft sie wieder ein. 6.15. Mein geliebter Ehemann rumort in der Küche und macht sich für die Arbeit fertig. 6.45 Wecker klingelt. Ich versuche so leise wie möglich aufzustehen. Wenn das Bett knarrt, wacht mein Goldtöchterchen auf. Zwar habe ich mich von der Vorstellung, gemütlich einen Kaffee zu trinken und zu lesen, wie ich es EINST getan habe, verabschiedet, aber vielleicht könnte ich mich in Ruhe anziehen oder die Kindergarten-Brotzeit für die Jungs machen. Nein, könnte ich nicht. Heulheulheul. Ich hole Felicitas, die von ihren nächtlichen Aktivitäten total geschafft ist, aus dem Bett. Naja, vielleicht könnte ich ja in Ruhe pieseln. Statt Kaffee. Heulheulheul. Nein, könnte ich nicht. Ich versuche, mit Baby im Arm, die Jungs zu wecken, die in einem koma-artigen Zustand im Bett liegen. Wenn ich Glück habe, kann ich einen wachkriegen, den ich dann auf den anderen hetze. Das so entstehende Knäuel aus sich prügelnden Buben muss ich dann nur noch zum Frühstückstisch lotsen. Frühstück schaffen sie allein mit etwas Gemaule, Felicitas kleckert herum und wirft einige Cerealien auf den Boden, bevor sie sich im Hochstuhl aufrichtet und atemberaubende Kletterkunststücke versucht. Hilfe! Also wieder mit Baby im Arm herumflitzen bzw. Brotzeit für den Kindergarten für die beiden Jungs machen. Zwischendrin wickle ich Felicitas noch und ziehe sie an.
Seit ich Mario mal nur in der Unterhose in den Kiga habe gehen lassen, ist zum Glück aufgrund der erheblichen Traumatisierung anscheinend auch dem folgenden Nachwuchs klar, dass man sich anziehen muss. Fragt sich nur was. Gerne werden im Hochsommer dicke Socken und gefütterte Hosen zum Fashion-Favoriten erklärt (im Winter: kurze Hosen und Sandalen). Timmy spielt beleidigte Leberwurst und kann nur unter großen Mühen wieder aus seinem Versteck hervorgelockt werden. Ich selbst versuche das, was ich anhabe, irgendwie zu einem normalen Outfit zu vervollständigen, während ich das brüllende Baby ablenke (Telefon geben, 1000 Meter Klorolle abrollen lassen usw.). Jetzt müssen nur noch alle Zähne putzen. Und ihre Schuhe anziehen. Timmy nimmt Marios Schuhe, die ihm ca. 4 Nummern zu groß sind. „Dürfen wir Fahrrad fahren?“ Diese Frage hasse ich. Fahrrad. Warum erlaube ich sowas überhaupt? Braucht man für 300 Meter Fußweg ein Fahrrad? Ja, braucht man anscheinend. 2 Helme werden in unserem Chaos lokalisiert und auf kleine Köpfe gesetzt. Timmy hat es geschafft, seinen Fahrradhelm zu verlieren, und wir benutzen einen Ersatzhelm. Sobald ich die Wohnungstüre öffne, zischt Felicitas wie wild nach draußen, torkelt an der steilen Treppe vorbei und verschwindet irgendwo im Off. Die Jungs fangen sie wieder ein und ich setze sie trotz wilder Proteste in den Buggy und schnalle sie an. Wir fahren mit dem Fahrstuhl nach unten. Die Jungs sehen irgendwie unbekleidet aus, irgendwas fehlt. „Wo habt Ihr Eure Brotzeit?“ „Vergessen!“ Kommando zurück, Rucksäcke mit Brotzeit holen, raus. Dann unten Buggy mit weinender Felicitas parken und Fahrräder aufsperren. Jetzt muss ich nur noch kurz wüste Drohungen aussprechen. „Kein Wettrennen, verstanden! Sonst kommen die Fahrräder weg!“ Denn sonst liegt Timmy gleich wieder heulend im Graben und ich kann ihn einsammeln. Fahrwegkomplikationen wie vorübergehendes Verschwinden eines Kindes, plötzliche Bockanfälle, Unzufriedenheit mit dem Gefährt etc. sind zum Glück selten. Vor dem Kiga wieder schnell die Fahrräder parken und absperren helfen, Kindertraube von Fans von Felicitas abwehren und den Kinderwagen hineinziehen, möglichst mit allen Jungs im Gefolge. Timmy düst sofort in seine Gruppe ab, Mario braucht immer Spezialbehandlung, d.h. ich begleite ihn zu seiner Gruppe, hätschle ein bisschen. Dann muss ich Felicitas abschnallen, die Treppen hoch zu Timmys Gruppe, schauen ob Timmy wirklich dort ist, während Felicitas versucht, sich zur Treppe zu schleichen und herunterzustürzen. Einige Brotzeitboxen und Tupperschüsseln, die Timmy in den vergangenen Tagen herumliegen ließ, sammle ich noch ein. Dann wieder mit Felicitas die Treppe herunter und puuuh, raus! Wenn mir das noch nicht reicht, gehe ich danach mit ihr einkaufen, was sie total hasst und verachtet und daher die ganze Zeit plärrt. Aber egal, denn sie findet es zu jeder Tageszeit fad. Also, falls jemand glaubt, am Morgen gestresst zu sein…