Montag, 6. April 2015

Väter und Söhne oder: Das Mädchenzimmer

Der reale Papa heutiger Zeit: von Ehefrau wird er gerne „mein 3./4. (oder beliebige andere Zahl einsetzen) Kind“ genannt. (Klar, ursprünglich haben wir mit ganz anderen Vorstellungen angefangen …).
Selbst in intaktesten Familien- und Eheverhältnissen träumt frau doch hin und wieder… alle zwei Wochen ein kinderfreies Wochenende… herumgammeln, ausgehen, ausschlafen, wie schön wäre das denn?
Welcher Kindergarten, welcher Sport, welcher Kinderarzt? Mama recherchiert, forscht, befragt andere Mütter, schläft mindestens drei Nächte nicht. Mann gefragt: Mach Du mal (Hauptsache, das Kind ist verräumt!).
Ach ja, noch ein Wort zum „großen Erfolg des Elterngelds für Väter“. Viele Väter nehmen ja auch zwei Monate Elternzeit. Juhei! Ein unglaublicher Erfolg der Familienpolitik, jubeln die Politiker aller Parteien unisono. Realitätscheck: Ungefähr 95% (geschätzt) nehmen diesen gleichzeitig mit der Mutter – um dann Marathontraining zu absolvieren, Boote zu bauen, Briefmarkensammlung zu vervollständigen, etc. pp. Es wäre durchaus interessant zu wissen, wie viele Väter ALLEIN Elternzeit nehmen – eine Zahl dazu ist mir nicht bekannt. Gefunden: Expertise „Vaterschaft und Elternzeit“ (im Auftrag des Bundesministeriums für Familie und Sonstige Unnütze Existenzen alias Senioren, Frauen und Jugend), die sich nicht zu dumm ist, an 60 Tagen begleiteter Fern-Kinderbegutachtung einen gelehrten Aufsatz mit drei Milliarden aufgeblasener Fremdwörter über die wichtige Rolle der Väter aufzuhängen, den ich leider deswegen auch nicht lesen will. Vielleicht tue ich dem Ganzen unrecht, aber das mach ich jetzt halt einfach mal.
Ja doch, die Männer fehlen. Sie fehlen in der Kinderkrippe, sie fehlen im Kindergarten, sie fehlen in der Schule. Wenn dort lustige Kurse angeboten werden à la „Wir gestalten den Schulgarten“ oder „Wir fertigen liebevolle Prinzessinnen-Gemälde für das Gebäude an“ statt „Kickboxen extrem“, „Knallharte Helikopter selbstgebaut“, oder „Male den Kampfcomic Deines Lebens“, dann braucht man sich nicht wundern, dass die Jungs nicht darauf einsteigen. Allerdings ist das absolut die falsche Frage. Ich kann nicht verlangen, dass Männer auch gleichberechtigt mit 50% einsteigen, wenn selbst die leidensfähigen Frauen diesen Job nicht mehr machen wollen/können. Mittlerweile bin ich über die Sportkurse ganz froh: Da treten noch echte Männer auf! Und heiliger Strohsack, das hört sich ja an wie ein Schwerverbrecher-Bootcamp – bei dem möchte ich ja nicht „entspannende Körperwahrnehmungs-Gymnastik für unsere Problemzonen“ machen! Aber für meine Söhne – sehr gut! Endlich spricht mal jemand eine Sprache, die sie verstehen! Und: Sie sind überglücklich und hochmotiviert dabei!
Aber sind wir nicht alle gleich? Gleichberechtigung und so? Nein, sind wir nicht. Wir sind nicht gleich und wir sind nicht gleichberechtigt. Man kann sich natürlich fragen, woran das liegt, dass sich Jungs so wenig für rosa Spitzen-Handtäschchen und Barbie-Pantoletten interessieren, ist aber im derzeitigen gesellschaftlichen Umfeld so (naja, sobald man sie jemandem wegnehmen kann, der dann heult, ist das natürlich anders!).
Einen zusätzlichen Schub erhält die Geschichte durch die extreme Uniformierung der Geschlechter – Mädchen in Rosa-/Rot-/Pink-/Lilatönen zu kleiden, Jungs in allen möglichen Tarnfarben, vermutlich befeuert durch den Wunsch der Industrie, Eltern, die sowohl Jungs als auch Mädchen haben, möglichst alles doppelt zu verkaufen. Unterhosen, Socken, Fahrräder, Shampoo - selbst Legobausteine gibt es in rosa Schächtelchen. Selbstverständlich begrüße ich die absolut megageile Perspektive, statt auf 1000 sogar auf 2000 herumliegende Legobausteine treten zu dürfen (die wohlgemerkt von meinen SÖHNEN herumgeschmissen werden). Schreibe ich mir gleich auf meinen nächsten Weihnachts-Wunschzettel. Der absolute Knaller allerdings war für mich das „Kids-Menü“ in einem großen Freizeitpark, zu dem es eine Spielfigur dazu gab. „Junge oder Mädchen?“, wurde ich gefragt. Äh… was ist denn das??? Na, das muss ich sehen, ich nehme beides. Also, das „Mädchen“ war ein (anscheinend männlicher) Violinspieler und der „Junge“ ein Ritter mit Schwert. Ich bin mir allerdings sicher, dass Felicitas
 ihren Geschwistern genauso gern den Kopf abschneiden will wie die anderen…. Tja, schade, aber hau ihnen halt eins mit der Klampfe auf den Schädel, geht doch auch.
Bedingt durch die Tatsache, dass ich als Erstes zwei Söhne hatte, ist mir die komplette Rosa-Beplüschung unserer Wohnung erspart geblieben (dafür habe ich ja den Lärm und den Dreck … äh genauer betrachtet finde ich rosa Plüsch eigentlich ganz klasse, der schluckt vielleicht auch ein paar Dezibel), und auch kleine Fluchten aus der radikalisierten Geschlechtertrennung sind immerhin möglich. Ich erinnere mich sehr gerne an die wilde Keilerei, die sich am letzten Muttertag für mehrere Stunden um ein Paar vererbte neonpinke Plastikclogs Größe 30 entbrannte - mit drei beteiligten Kindern, von denen kein einziges aktuell Größe 30 trägt, aber egal! Diese Clogs sind Dauertrend. Anscheinend sind die irgendwie cool (Es ist mir bekannt, dass ich keinerlei Kompetenz auf dem Gebiet des Coolseins besitze, daher hinterfrage ich dieses für mich mysteriöse Phänomen auch nicht). Unvergessen ist auch die künstlerische Installation „Barbie auf Baseballkappe“ (Klebearbeit), angefertigt von meinem Ältesten.
Aber vielleicht ist die Geschlechtertrennung genau das Richtige. Dachte ich mir eines genervten Tages und ernannte ein Zimmer kurzerhand zum „Mädchenzimmer“ (also für mich und Felicitas). Grundregeln: Hier ist Rülpsen und Furzen streng verboten, man darf nur mit gewaschenen Händen und geputzten Zähnen hinein. Selbstverständlich putzen sich alle Jungs hier die Zähne, reihten sich artig in die Schlange ein und wollten auf unseren Prinzessinnenbetten nächtigen. „Wir furzen nicht. Die ganze Nacht! Wir versprechen es!“ Nächster Versuch: „Mama, es gibt eigentlich keine Mädchenzimmer.“ „Doch, das gibt es. Geht raus zum Furzen.“ „Es gibt keine Mädchenzimmer, genauso wenig wie Mädchenfarben.“ Merke: Wenn die Jungs was wollen, was uns Mädels gehört, klappt das auch ganz schnell mit der Gleichberechtigung, gell…
PS: Hatte vergessen zu erwähnen, dass auch Schwertkämpfe im Mädchenzimmer verboten sind.
PPS: Ebenso Kickboxen.
PPPS: Würgen auch!
PPPPS: ….
Schnarch… pups…. Schnarch….

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