Sommer! Sonne! Herrlich... Wir sind bei meinen Eltern und
werden jetzt gleich ins Freibad abdüsen. Dazu sind wir eigentlich gezwungen,
denn bei unserem ersten Besuch hatte ich dort mein Handy verloren. Vermutlich
als ich gerade hysterisch am Eingang herumtobte, als Timmy auf der anderen Seite
des Schlagbaums mit meinem Geldbeutel und daraus entnommenen Scheinchen herumwedelte
und sich weigerte diese wieder herauszugeben. Aber der Bademeister hatte mein
prähistorisches Instrument zur fernmündlichen Mitteilung, das anscheinend
niemand haben wollte, sichergestellt und so kamen wir bei unseren
Ortungsversuchen auf die Fährte. Damit war das Tagesprogramm klar.
Dass mein ältester Sohn mittlerweile schwimmen kann, senkt
die Panikskala um 33,3333 % - und bei
Panikskala 66,6666 % befindet sich die kinderreiche Familie im
meditationsähnlichen Wellnessmodus. Wir stellen nur fest, dass ein schwarz-weiß
gestreifter Badeanzug an einem sehr kleinen und sehr selbständigen Mädchen
nicht die ideale Bekleidung ist (siehe Zebras, die ja einer Theorie zufolge
ihre schönen Streifen zur Tarnung einsetzen – das hatte ich früher nicht ganz
kapiert, aber jetzt schon! Aus 5 Meter Entfernung ist sie quasi unsichtbar! Ich
empfehle ausdrücklich einfarbige NEON-Kleidung).
Timmy wünscht erst mal den Verzehr von großen Mengen
Wassermelone. Damit ist das Programm für meinen Mann auch schon sichergestellt:
zum Auto gehen und vergessenes Taschenmesser zum Schneiden der Melone holen
(falls jemand einen Tipp hat zum Thema „wie zerteile ich mit Hilfe eines
gefalteten Handtuchs und 30er
Sonnenmilch eine Melone in schöne Scheiben“ – nur raus damit!).
Mario wünscht gar nichts, sondern nur, drei Stunden
unbehelligt an der Wasserrutsche zu verbringen. Also, das einzige Problem ist
eigentlich ihn wieder rauszukriegen, als wir nach einigen Stunden das Bad
wieder verlassen wollen. So, ich könnte jetzt, nachdem ich alle Melonenreste,
Handtücher und Badeklamotten wieder eingepackt habe, jetzt weitere fröhliche
Stunden schwitzend am Beckenrand verbringen und versuchen, meinen Sohn da
wieder rauszulocken. Aber Leute, man
muss auch einfach seine Grenzen kennen. „Timmy, hol bitte Mario.“
Bademeister Timmy ortet Mario, wie ich aus der Ferne sehe,
und kurze Zeit später klettert Mario aus dem Wasser und beide kommen
einträchtig herbeigelaufen. WIE ZUR HÖLLE hat er das so schnell geschafft?
Keine Ahnung. Es gibt einfach Dinge zwischen Himmel und Erde …
Nachher werden die Kinder von meinen Eltern zur Bespaßung
zum Erdbeerpflücken abtransportiert (und sie pflücken auch wirklich große
Mengen, falls Ihr das wissen wollt). Mein Mann kann mit dem Problem „Freizeit“
nicht umgehen und macht sich an handwerkliche Vervollkommnung des Hauses meiner
Eltern. Hernach quengelt er, dass er jetzt in den Biergarten müsse. Wann
ENDLICH die Kinder zurückkämen? (WIE BITTE? Also, ich habe Zeit…) Schon hängt
er am Handy… kurze Zeit darauf erzittert der Seismograph…
Auf den Schreck schenke ich mir erst mal eine Apfelschorle
ein und noch etwas Wasser drauf. Ist das heiß! Ich fasse dürstend nach dem
Glas, da hat eine kleinere Hand sich schon darum geschlungen.
„Darf ich?“
„Aber klar. Das ist der Kinder-Bravheits-Trank. Trink nur!“
Mario setzt das Glas entsetzt wieder ab. „Der WAS?“
„Der Kinder-Bravheits-Trank. Da werden alle Kinder brav. Und
zwar FÜR IMMER und UNWIDERRUFLICH. Trink, trink, wir wollen gleich los.“
Mario riecht daran. „Und da werde ich dann brav?“
„Ja.“
„Will ich nicht.“
„Na komm schon!“
Er riecht vorsichtig dran. „Ist das nicht Apfelschorle?“
„Probiere es aus, mein Sohn, probiere nur unbesorgt.“
Tatsächlich lässt sich mein Sohn erst nach langem Zureden
dazu überreden, von dem schauerlichen Getränk zu probieren. Gewusst wie, was?
War aber nur Spaß, ich will eigentlich los in den Biergarten. Um die Nerven der
Großeltern zu schonen, werden wir die Kinder mitnehmen. Also, alle bis auf Timmy. Timmy will von „Biergarten“ nichts wissen, auch wenn es da Pommes und
gesundheitsschädigende Süßgetränke gibt. Wir finden eigentlich, dass Oma und
Opa genug mitgemacht haben und eine Pause verdient haben, aber jetzt ist es
halt eine „Pause mit Kind“, da Timmy unbedingt zu Hause bleiben will. Vielleicht
ist er müde oder auf Diät. Nun gut.
Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Bereits 30
Sekunden nach Aufbruch malen sich die beiden Restkinder aus, wie schön es sein
wird, Timmy unter die Nase zu reiben, welche Köstlichkeiten sie OHNE ihn
verzehrt haben und wie absolut mörderisch sie ihn anschließend damit triezen
werden! Geschwisterliebe ist was Tolles. Vor allem so wandlungsfähig.
Also, los geht’s. Der Biergarten ist nach unser aller
Geschmack. Es gibt herbe und süße Kaltgetränke und einen Riesenteller Pommes
für alle. Perfekt! Alle stürzen sich darauf. Wunschgemäß verabsentieren sich
die beiden Restkinder auf den Spielplatz und es herrscht Harmonie pur. Man muss
praktisch nur das Zwischenkind herausnehmen und schon erhält man den optimalen
Altersabstand von 5 Jahren, der jegliche Streitigkeiten (naja, fast) im Keim
erstickt.
Mein ältester Sohn ist ja außerhalb der Familie durchaus am
geregelten Leben interessiert, daher wünscht er Informationen, ob Papa nach
Konsum eines Bieres noch fahrtüchtig sei. Oder soll Mama fahren?
„Ach Mario, ist doch egal, dann fährst halt Du.“ (Wir sind
mitnichten betrunken, aber anscheinend durch die Vintage-Erfahrung „Biergarten“
ohne
„Wir-sind-wieder-mal-im-Mittelpunkt-des-Geschehens-und-warten-auf-die-Supernanny“
etwas AUSGELASSEN).
Mario ist wider Erwarten entsetzt. „Ich? Ich weiß nicht, ob
ich mit dem Lenkrad zurechtkomme.“
„Ach, das schaffst Du schon.“
Mario hat Zweifel und verzieht sich nachdenklich wieder mit Felicitas auf den Spielplatz. Als Felicitas wiederkommt und nach Strohhalmen verlangt,
gehen beide Hand in Hand los und kommen mit dem gewünschten Utensil zurück.
Süß, oder? Tja, als es dann Zeit ist zu gehen, hat sich Mario tatsächlich ein
Herz gefasst und würde uns nach Hause chauffieren. Ich weise ihn vorsorglich
darauf hin, dass seine Füße wohl nicht zu den Pedalen reichen, die aber nicht
ganz unwichtig sind. „Dann setze ich mich auf Papas Schoß!“
Na, der Junge weiß sich zu helfen, oder? Aber wir ziehen es
mal vor, dass eine Person mit gültigem Führerschein fährt.
Zuhause angekommen empfängt uns Timmy im Pyjama – tja, wir
sind offensichtlich ein paar Minuten zu früh gekommen – und er fängt angesichts
der grausamen Schilderung seiner Geschwister, die in epischer Breite von den
genossenen Herrlichkeiten berichten (einschließlich Strohhalm), an bitterlich
zu weinen. Wir fragen Timmy, warum er nicht mit wollte. Anscheinend war er der
Meinung, im BIERgarten dazu gezwungen zu sein, BIER zu konsumieren. Ich sende
ein paar Giftblicke an Mario und Felicitas, die aber an ihrem
Pommes-und-Limo-sogar-mit-STROHHALM-Schutzschild kraftlos abprallen und
verspreche den baldigen Besuch eines LIMOgartens. Wäre ganz schön, wenn alle
Erntehelfer, Bademeister, Zebras und Hobby-Autofahrer jetzt freiwillig schlafen
gehen würden, aber man kann halt nicht alles haben, oder?
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