Jede(r) kennt den Mythos aus dem Bekanntenkreis: Das Baby, das mit drei
Monaten durchschläft. Das Kleinkind, das von 8 bis 8 schläft und
zusätzlich einen dreistündigen Mittagsschlaf hält. Das Kindergartenkind,
das sich mittags hinlegen muss, um dann ab 19 Uhr friedlich zu
schlummern, während Mama und Papa
gemeinsam Quality-Time haben. Das Schulkind, das um 19.30 Uhr erschöpft
von der täglichen Hausaufgaben-Fron zusammenbricht.
Ich: 3
Versuche, 3 Mal mit Pauken und Trompeten gescheitert. So begann es. Sohn
Nr. 1: Schlief quasi nie. Habe vage Erinnerungen an Visionen, über dem
Bett, in dem ich nie schlief, vor lauter Schlafmangel und Erschöpfung zu
schweben. Baby schrie im 30-Minuten-Takt. Zum Kinderarzt gegangen: Baby
schläft nicht. Ist es etwa krank? Nein, das gehört so.
Nach
eineinhalb Jahren machte ich einen Versuch mit dem bekannten
Superratgeber: Jedes Kind kann schlafen lernen (Baby schreien lassen,
immer wieder reingehen, beruhigen, weggehen, beruhigen etc.). Ergebnis:
Baby schrie von nun an nicht mehr im 30-Minuten-Takt, sondern
ununterbrochen. Buch weggeschmissen, Baby ins Mamabett geholt, Baby
schlief.
In der Kinderkrippe wurde das Baby 1 dann an – angeblich -
pädagogisch wertvollen Mittagsschlaf gewöhnt (bzw. Mittagspause der
Erzieherinnen). Ergebnis: Schlief ab jetzt erst um Mitternacht. Da Baby 2
zu diesem Zeitpunkt gerade auf die Welt gekommen war, war das ein
bisschen ungünstig, da es gerade dann aufwachte, wenn Kind 1 endlich
schlief. Böse Streitgespräche deswegen mit Krippenleiterin. Kind 1
verbrachte ab jetzt die Mittagspause im Büro der Leiterin und sah Bücher
an. Schlafenszeit sank (!) auf 22 Uhr.
Endlich Kindergarten.
Sofort Mittagsschlaf streichen lassen. Kind 1, damals 3 Jahre alt,
schlief eine Woche lang um 20 Uhr ein. Juhu! Dann war die Woche vorbei.
Ist nie wieder vorgekommen.
Das Schlafverhalten von Timmy (Baby 2) war anfangs vortrefflich. Da ich
das Phänomen „schlafendes Baby“ nicht wirklich kannte, wandte ich mich
alarmiert an die Hebamme. Was ist da los? Ist das Baby etwa krank? –
Nein, das gehört so. Ach so!
Bei Baby 3 war ich dann auch auf
nächtlichen Schlaf eingestellt. Nun ja. Nur dreimal Wecken pro Nacht ist
für ein Neugeborenes ganz gut – aber das sollte sich ja irgendwann
bessern (fragt sich nur wann – weiß ich leider auch nicht). Und: Kind 1
(nie müde) hält müdes Kind 2 vom Schlafen ab, bis es wieder putzmunter
ist und sie liebevoll verknäult zur abendlichen Prügelei antreten. Bald
erschallt lautes Geheule. Kind 3, mit zwei Jahren mittlerweile alt
genug, um daran Freude zu finden, denkt im Traum nicht mehr daran, auch
mal zu einer normalen Kleinkind-Zeit einzuschlafen.
Schlafenszeit
von 22 Uhr und später wird von uns als intolerabel eingestuft. Wir sind
genervt. Haben wir nicht alles versucht? Seit sieben Jahren beknackte
Schlafrituale. Vorlesen bis zum Abwinken (meinerseits natürlich). Lange
hypnotische Gespräche darüber, welche Körperteile bereits müde seien
(eigentlich nur die von Mama und Papa). Kinder dürfen nach Kiga/Schule
nicht nach Hause, sondern werden sofort abgefangen und zum Spielplatz
gebracht. Müde? Nein. Fernsehverbot verhängt. Riesenbelohnungen in
Aussicht gestellt. Unter bösen Drohungen ins Zimmer verbannt. Ohne
Erfolg. Ich frage ich mich: Warum sind eigentlich alle gegen ein wenig
harte Kinderarbeit? Bergwerk? T-Shirts nähen? An der Nacht-Tanke
kassieren? Was ist daran eigentlich so schlimm?
Doch, es gibt sie ab
und zu, die Lichtblicke. Anscheinend übermannte meinen Ältesten in der
Schule endlich die nötige Bettschwere – seien wir ehrlich, wir können
das verstehen: warmes Zimmer, pädagogisch wertvolles Gebrabbel im
Hintergrund, wer soll da nicht müde werden? Aber so ging das ja nicht.
Kind sollte munter sein, um zu lernen. Kind war sogar einsichtig und
versuchte, um 20 Uhr ins Bett zu gehen. Wir betonen „versuchte“. Wir
kennen es bereits, es klappte eine Woche lang.
Und wenn die Tage
immer länger werden, legen die Guten immer noch eins drauf und stehen
dafür ein wenig früher auf, juchei! Summer feeling! Von Juni bis August
würde ich am liebsten in ein in einer dunklen Erdhöhle gelegenes
Sanatorium ziehen.
Alle handelsüblichen Tricks und Tipps unterhalb
von Valium sind durchprobiert. Wir geben nicht auf. Diesmal haben wir
uns was wieder etwas Neues ausgedacht: Wir haben uns mit der FIFA in
Verbindung gesetzt und erreicht, dass das WM-Spiel Deutschland gegen
Ghana am Samstag um 21.oo Uhr stattfindet (ums Kleingeld würde sich dann
Uli Hoeneß kümmern). Der Plan war so: Wenn keiner die Kinder ins Bett
pfeift, werden sie Fußball schauen, und am Sonntag, also bevor am Montag
die Schule wieder losgeht, müde sein und früher ins Bett gehen. Nett,
oder? Teil 1 klappte super: Wir schleppten uns vor den Fernseher, die
drei Zwerge grölten begeistert „Mario Götze“ und verlangten nach
Getränken und Chips. Selbst Felicitas mutierte zum Fußballgroupie und
jubelte laut „Gol!“ „Tooool!“. So ein kleiner Teil von mir hatte
gehofft, dass wenigstens einer während des laaangen Spiels und den
laaangen Kommentaren einnickt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie
stirbt. Unter großen Protesten aus drei Kehlen –„hey, das ist noch
nicht vorbei!!! Da kommt noch was!“ - schalten wir mit letzter Kraft um
23.oo Uhr den Fernseher aus.
Am nächsten Tag zeitiges Wecken,
Outdoortraining, nachmittags eine zwölf Kilometer weite Radtour mit
anschließendem Spielplatzaufenthalt. … Tja, was soll ich sagen: Wo war
noch mal mein Erdloch?