Wann
werde ich richtig neidisch? Wenn wir zum Beispiel wie heute einen Ausflug mit
den Kindern machen. Gleich am Parkplatz sehe ich eine Familie, die
professionell ausgerüstet aus ihrem Kofferraum eine schöne große Schüssel mit
selbst gemachtem Nudelsalat und weitere sinnvolle Accessoires auspackt. Bei uns
war das so: Die Kinder haben ausgeschlafen, d.h. sind statt um 7.00 Uhr erst um
7.13 Uhr aufgestanden, woraufhin um 7.14 Timmy Felicitas' Milchbecher aus der Hand
riss und unter großem verschüttungstechnischem Aktionsradius damit weglief. Felicitas weint und haut Timmy. Timmy haut Felicitas und Felicitas weint wieder; Mario haut
jetzt Timmy, weil er Felicitas gehauen hat... Also, ich kürze die 120 weiteren
Scharmützel jetzt etwas ab, jedenfalls entschied ich um 9.14 Uhr, dass wir
jetzt sofort (sofort heißt bei uns sofort 45 Minuten später) losfahren, in
einen Wildpark unseres Vertrauens! Hopphopp! 2 Gurken, 4 Flaschen Wasser, 3
Äpfel in den Kinderwagen geschmissen und noch Stullen geschmiert (mit Butter.
Mein Mann: Ärrggh… wer soll das denn essen, wo ist die Wurst dazu?). Auf dem
Parkplatz eben die Dame mit dem herrlichen Nudelsalat. Woher weiß ich
eigentlich, dass in der Schüssel Nudelsalat war? Ja, ihr lieber Sohnemann hat
ihn nämlich mal fix auf den Parkplatz gekippt, und er sah sehr lecker aus! Mein
Mann sagt auf Spanisch: „Wusste ich gleich, dass das passiert! Also nein, wie
kann man nur so doof sein und EINEM ZWEIJÄHRIGEN KIND diese Riesenschüssel
geben?“ Charmant lächelnd zu der Dame auf Deutsch: „Haha, na, hat der liebe
Kleine nicht aufgepasst. Na, Du kleiner Schelm…Aber bei uns ist heute Morgen
das Gleiche passiert.“ Ja, das stimmt, irgendjemand hat Mario die Müslidose
gegeben, haha, na, welcher kleine Schelm hat denn da nicht aufgepasst... Mein
Mann fragt mich: „Warum haben wir eigentlich keinen Nudelsalat dabei?“
Aber
bald kommt der endgültige Todesstoß: die Profiliga! Ein Ehepaar mit vier (!)
Kindern, 2 Kindern im Alter von ca. 3 und 4 Jahren und kleinen Zwillingen im
Buggy. Und die sehen auch noch total entspannt aus. Die Kinder traben artig
hinterher, die kleinen nuckeln an ihren Fläschchen. Sie haben
selbstverständlich noch einen Leiterwagen mit Proviant dabei, Picknickdecke,
Thermoskanne mit Käffchen für die Eltern, Apfelschorle, Wasserpullen, leckeres
Essen…. Mein Mann und ich streiten währenddessen mit hochroten Kopf darüber,
wer erziehungstechnisch der uncoolere von uns beiden ist, während sich unsere undisziplinierten
Kinder in alle Winde zerstreuen. Wir bellen ihre Namen – alle anderen
unterhalten sich nett mit ihren Freunden – und müssen schließlich eineinhalb
Stunden vor irgendwelchen Spielgeräten in der prallen Sonne ausharren, während
ein lauschiger Waldspaziergang an den Wildgehegen vorbei lockt. Nach 90 Minuten
zähen Ringens gewinne ich den Wettbewerb zur uncoolsten Sau des Monats und brülle
herum, dass sie jetzt alle endlich anzutreten hätten! Wenn ich meine Birne
jetzt noch eine Minute in die Sonne halten muss, drehe ich durch! ….
Interessiert natürlich keinen.
Tja.
Eine gute Stunde später stehen wir trotzdem vor einem angeblichen Feuchtbiotop
im Wald. Ich muss mich kritisch fragen, ob sich meine Situation wirklich
verbessert hat. Meine Tochter ist halbnackt, schlammbeschmiert und barfuß, mein
mittlerer Sohn will sich auf der Suche nach Fröschen mit improvisierten
Fanginstrumenten in das Biotop stürzen, und ich habe – von Felicitas' Sandalen wohl
– Wildtierkacke an den Händen und im Gesicht. Die Profiliga spaziert entspannt
an uns vorbei. Was ist nur mit uns los?
Am
Schluss können wir endlich Terrain gutmachen. Dank meines geliebten Ehemannes!
Am Horizont ziehen ein paar Wolken auf. Mein Mann drängt zum Aufbruch. Ich will
eigentlich auch gehen, aber jetzt müsste man natürlich alle drei Kinder erst
mal wiederfinden, idealerweise alle auf einmal…. (ich sehe Felicitas gerade drei
Meter über dem Erdboden auf einem Riesen-Trampolin herumfliegen, Timmy ist
verschwunden und Mario ist als Daumenkino auf einem extrem schnellen Drehdings
zu erahnen). Außerdem muss ich nach zwei Stunden Ausharren definitiv aufs Klo! Was
hat der eigentlich wieder für eine Hektik? Ich kenne meinen Mann und wundere
mich auch über alle Maßen, dass er meinen Toilettengang nicht nutzt, um sich
mit einer Riesenportion „normalen Essens“ statt meiner Butterstullen zu
versorgen und gemütlich ins Freie zu setzen. Als wir schließlich ungefähr 300
Meter von unserem Auto entfernt sind und ich mit Timmy auf der Suche nach
schrecklichen Krabbeltieren herumtrödle – bisher ist kein Tropfen gefallen –, ruft
er plötzlich: Renn!!! Timmy und ich sprinten los, und gerade als wir im Auto
sitzen, bricht die Hölle los. Innerhalb von Sekunden öffnen sich sämtliche
Himmelsschleusen. Jetzt sind alle Nudelsalate nass. Und wir sind wieder wer:
Profiliga halt! Danke, mein Schatz!