Spontanbeschluss von Timmy: Mama braucht heute wieder
Training! „Äh Timmy, nach dem Essen soll man eigentlich ein wenig warten…“, sage
ich mit der Gabel in der Hand. 60 Sekunden später: „Wann kommst Du endlich?“
Nun gut, da mein Leben anscheinend immer nach dem „Jetzt
oder nie“-Prinzip läuft, renne ich halt mit voller Plauze. Versuche immerhin, möglichst
viel Zeit beim Umziehen herauszuschinden. Bis wir Felicitas abgehängt haben, dauert
es auch noch. „Mama, ich gebe Dir noch einen Kuss. VOR der Haustür.“ Ok,
Küsschen. Dann: „Mama, noch eine Frage …“ Das geht dann meist eine Weile über
Themen der aktuellen Philosophie, oder sie rennt einfach so davon. Aufgrund
schlechter Erfahrungen hat Timmy bereits darauf geachtet, dass ich den
Fahrradschlüssel zu seinem Fahrrad immer in den Schlüsselkasten hänge, so dass
es da keine weiteren Verzögerungsmöglichkeiten mit Suche nach dem Schüssel gibt.
Denn er will mich jetzt vom Fahrrad aus triezen.
Ich stelle mir vor, wir drehen eine kurze Runde, ist ja auch
recht schwül heute … Timmy tritt bereits eifrig in die Pedale:„Wir fahren zum
WASSERLABOR!“ Wasserlabor? Das so genannte Wasserlabor ist im Tempo Mama-Rennen
EINFACHE STRECKE 25 Minuten entfernt! Es handelt sich dabei um einen ungeheuer
einsamen Waldweg, der sich bei Regen in eine morastige Schlammhölle verwandelt.
Ein Traum, mit dem Fahrrad da durchzusausen! Lohnt sich auf jeden Fall!
"Timmy, der Regen ist vorbei, das Wasserlabor ist
wahrscheinlich schon weg.“ Trampel-Trampel. „Macht nichts!“, erschallt es fröhlich.
Kurz schöpfe ich Hoffnung, als Timmy auf einen abzweigenden
Waldweg zeigt, der NICHT zum Wasserlabor führt und den er anscheinend auch ganz
gut findet. „Wenn Du willst, gehen wir dort lang!“
„Nein, ich will
keinen neuen Weg!“ Das Wasserlabor ist immerhin so aufregend, dass Timmy den
etwas trickreichen Weg jederzeit ohne Probleme findet.
Nur ungern verzichte auf die Komplettreinigung unserer
Montur samt Fahrrad, aber leider … Das Wasserlabor ist jetzt ungefähr nur 35 cm
lang und 2 cm tief. Wir geben alles, aber es läuft nicht so wie gewünscht, auf
diesen Schock war Timmy als reifes Vorschulkind allerdings vorbereitet. Auch
dass ich eine Super-Attacke bergauf ablehne, wird gefasst, wenn auch tadelnd
aufgenommen. Ich darf aber auf dem Gymnastikplatz eine Pause machen (wenn ich
Bauchmuskelübungen mache, da mein Bauch ja so voll war), während er
Spezialrunden fährt.
Im Gegenzug muss ich unsere Runde allerdings verlängern (!)
und eine belebte Straße einschlagen, auf der wir sicherlich drei Millionen
Bekannte treffen. Die zwischen Mitleid und Bewunderung schwankenden Grinser für
die schweißüberströmte Joggerin sind ja immer schon Gold wert, aber heute ist
Jackpot-Tag, wir treffen Timmys Erzieherin, die mich trotz meines leicht
derangierten Looks auch noch erkennt (das ist nicht immer gesichert, wenn ich
ohne eine Kindermenge um mich unterwegs bin). Und dann noch eine unserer
Nachbarinnen, die sich bei den Kindern einen Grusel-Respekts-Status erarbeitet
hat, da sie den Fernseher in den Keller gebracht hat. Haha, das könnte Euch
auch blühen, meine LIEBEN!!!! Und zwar sehr BALD!
Ich komme mit hängender Zunge nach Hause. Halligalli!
Diskussion, ob Mario und Felicitas in Timmys Abwesenheit fernsehen durften oder
nicht (wurde nicht restlos geklärt, da alle Beteiligten die Aussage
verweigerten). Ob ich alleine duschen darf oder nicht, wird leider nicht
diskutiert, denn Felicitas und Timmy sind schon vor mir in der Wanne.
Danach undefinierbares Kampfgeschehen. Sämtliche Decken
befinden sich plötzlich aus unerfindlichen Gründen im Wohnzimmer. Papa ist
sauer und droht den Fernseher in den Keller zu bringen (haha). Ok, wir lesen
jetzt mal zur Beruhigung Bücher. Etwas überhitzte Diskussion, wessen
Büchervorschlag der Beste ist. Dann Geheule, weil wir ein Buch über MENSCHEN
angesehen haben, in dem Menschen mit komischen Halsringen gezeigt wurden.
Lachende Menschen. Timmy weint sehr laut darüber. Was sind denn das für
Halsringe? Und wie gehen die wieder auf? Was, Tätowierungen bleiben für immer
und das macht man mit Nadeln? Heul! (Bitte, lieber Gott, lass ihn das im
Gedächtnis behalten!)
So meine Lieben, Schluss damit. Jetzt kommen Geschichten aus
meiner Jugend. Ich rede mal über Haustiere. Tiere sind doch immer nett, oder?
Irgendwie mündet das aber in einer ethischen Diskussion, ob ein Hund schuldig
ist, vor ca. 25 Jahren einen Vogelkäfig umgeworfen zu haben, was die
anschließende Flucht der Wellensittiche zur Folge hatte. Felicitas fasst das Ganze
korrekt zusammen: „Die Vögel sind weg!“ Richtig. Und zwar schon sehr lange. (Weiterer
Exkurs über kulinarische Kostbarkeiten Lateinamerikas und die „am meisten
vermissten“ dortigen Fernsehsendungen, dessen Ursprung ich irgendwie nicht mehr
unter Kontrolle hatte.)
Um 21.50 schläft wie immer – niemand. Weil ich immer so
thrillende Geschichten erzähle. Oder weil… keine Ahnung. Es ist halt so wie
jeden Tag.
Wir müssen morgen wieder laufen, am bestem zum Wasserlabor.
Und zwar dreifach. Vielleicht ist ja dann mal jemand müde. Außer mir, meine
ich.
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